Romana Exklusiv Band 240
sich in den Geschäften verhalten würde. An diesem Tag trug er ein langärmliges hellblaues Hemd und eine gut sitzende Hose, dazu schwarze Socken und schwarze Halbschuhe. Beim Aussteigen hatte er einen maßgeschneiderten hellen Sportmantel vom Rücksitz des Wagens genommen.
Gegen Mittag hatten sie den gesamten Laden durchstöbert, und Liz hatte viel über Cam erfahren. Weder zog er wie ihr Vater jede Menge Kreditkarten heraus, noch flirtete er mit den Verkäuferinnen. Im Gegenteil, sie bewunderten ihn. Anders als Duncan fühlte er sich in seiner Umgebung wohl und hatte selbst in der Modeabteilung kein Problem damit, Geschenke für seine weiblichen Bekannten auszusuchen. Er fragte auch nicht um Rat, sondern wählte Dinge aus, die Liz selbst gern geschenkt bekommen hätte.
Um halb zwei verstauten sie ihre Einkäufe im Wagen und schlenderten dann über die Promenade. Die meisten Bänke waren mit plaudernden Menschen besetzt, viele Menschen flanierten. In einem Pavillon spielte eine uniformierte Kapelle leichte Unterhaltungsmusik.
„Bist du müde? Wir sollten eine Pause einlegen“, schlug Cam vor. „Wir haben einen Tisch für zwei, also ist noch Zeit für ein Glas Wein in einem der Cafés, wenn wir einen freien Platz finden.“
„Ich bin nicht müde. Es hat Spaß gemacht.“
Zwei elegant gekleidete Frauen musterten ihn von oben bis unten und warfen sich Blicke zu, die so viel bedeuteten wie: „Den würde ich nicht von der Bettkante stoßen“. Dies erinnerte Liz wieder daran, dass er einen freundschaftlichen Umgang mit ihr pflegte und sie nicht der Frauentyp war, der ihn normalerweise begleitete.
„Schnell … da drüben sind zwei Plätze frei.“ Er umfasste ihren Arm und zog sie ins nächste Café.
„Wo lebt deine Mum, Liz?“, erkundigte er sich, nachdem der Ober ihre Bestellung entgegengenommen hatte. Sie nannte einen Londoner Vorort. „Da war ich noch nie.“
„Du hast nicht viel verpasst. Es ist der Inbegriff von Langeweile.“
„Für einen Journalisten ist es nirgends langweilig. Die Vorstädte sind voll von interessanten Geschichten.“
„Nicht die Straße, in der meine Mutter lebt“, entgegnete sie trocken. „Anständigkeit ist dort die Parole.“
Cam sah sie durchdringend an. „Aber was ist mit der Tochter deiner Mutter, die nach Spanien abgehauen ist? Das wäre doch bestimmt eine gute Geschichte, oder?“
Der Ober kehrte mit zwei Gläsern Champagner und einem Teller tapas zurück.
„Oder?“, beharrte Cam.
„Ich denke, dass ein guter Journalist aus allem eine Geschichte machen kann. Allerdings hättest selbst du in diesem Fall Schwierigkeiten. Nach Spanien zu gehen ist nicht besonders aufregend. Tausende von Menschen tun das jedes Jahr.“
„Ja, aber die meisten Auswanderer sind Rentner. In deinem Alter ist es wesentlich abenteuerlicher.“ Er hob sein Glas. „Lass uns auf die neuen Lebensabschnitte trinken.“
„Auf die neuen Lebensabschnitte“, wiederholte sie.
Als sie einen Schluck Champagner getrunken hatte, spürte sie, dass dies einer der Momente im Leben war, an die sie sich auch im Alter noch erinnern würde. Der Sonnenschein, die Palmwedel, die sich leicht im Seewind wiegten, das lebhafte spanische Stimmengewirr um sie her, der gut aussehende Mann, mit dem sie am Tisch saß – all dies würde in ihrer Erinnerung auch in einem halben Jahrhundert noch lebendig sein, wenn sie so lange leben sollte.
„Magst du boquerónes ?“, fragte Cam und bot ihr eingelegte Anchovis an, die zum besseren Verzehr zusammengerollt und auf Zahnstocher gespießt waren.
„Sehr gern.“ Liz nahm eine. „Ich mag auch albóndigas .“ Sie deutete auf die kleinen Hackbällchen in Tomatensoße. „Im Vergleich zu den spanischen Snacks sind Chips und Erdnüsse doch ziemlich langweilig.“
Auf dem Weg zum Restaurant zog er eine hellgelbe Krawatte aus der Jackentasche. „Die sollte ich besser umbinden. In den Staaten kann man zwar ohne Krawatte gehen, solange man ein Jackett anhat. Hier ist man noch ein bisschen förmlicher, von den Touristenhochburgen mal abgesehen.“
Geschickt band er sich die Krawatte um. Der Anblick seiner schlanken Finger, die den Knoten zurechtrückten, erregte Liz. Champagner sollte ein Aphrodisiakum sein, aber ein Glas konnte sie doch nicht so nervös machen?
Nur wenige Gäste hatten vor ihnen das Restaurant betreten. Als der Oberkellner sie durch den Raum führte, kamen sie an einem Tisch mit spanischen Geschäftsleuten vorbei. Die Männer musterten Liz
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