Romana Exklusiv Band 240
Hals. In ihrem Kopf drehte sich alles. Während sie sich die Anschuldigungen anhörte, versuchte sie, die Zusammenhänge zu begreifen. Den Irrtum aufzuklären war wahrscheinlich keine gute Lösung, denn offenbar steckte ihre Zwillingsschwester in ernsthaften Schwierigkeiten. Da der Mann ihr mit einer Anzeige drohte und ihr Betrug und Diebstahl vorwarf, hielt Milly es für besser, ihm nicht zu verraten, dass er nicht Jilly vor sich hatte.
Ehe sie sich zu der ganzen Sache äußerte, musste sie wissen, wie sie Jilly helfen konnte. Sie wünschte, es wäre nur ein böser Traum, doch leider war es Wirklichkeit.
Schließlich ging der Fremde mit großen Schritten und geschmeidigen Bewegungen wieder zur Tür und öffnete sie. Sogleich drang die feuchte und kühle Luft herein. „Morgen früh um sechs werden Sie abgeholt. Wenn Sie wieder versuchen, zu verschwinden, werde ich Sie finden. Darauf können Sie sich verlassen.“ Sein Blick wirkte kühl und hart. „Und falls Sie sich nicht an meine Anweisungen halten, werde ich Sie anzeigen und dafür sorgen, dass Sie verurteilt werden. Natürlich möchte ich es meiner Großmutter ersparen, zu erfahren, dass die Frau, die sie eingestellt und der sie vertraut hat, nur eine schäbige kleine Betrügerin ist. Wenn Sie mich jedoch dazu zwingen, bin ich bereit, ihr die Wahrheit zu sagen.“
2. KAPITEL
„Er kann dich doch nicht zwingen!“, rief Cleo empört aus. Milly wünschte sich verzweifelt, die Freundin hätte recht. Aber sie liebte ihre Zwillingsschwester und konnte es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, Jilly im Stich zu lassen. Als Cleo mit Stoffmustern, Brautmodeheften und einer Flasche Wein gekommen war, hatte Milly immer noch wie betäubt auf der Treppe in dem zugigen Flur gesessen.
Während Cleo den Wein einschenkte, hatte Milly angefangen zu erzählen. „Du bist verrückt, so zu tun, als wärst du Jilly. Ruf ihn an und sag ihm, wer du wirklich bist. Wie heißt er eigentlich, und in welchem Hotel übernachtet er?“
Milly zuckte die Schultern und drehte das Weinglas mit den Fingern hin und her. „Woher soll ich das wissen? Ich konnte ihn doch nicht nach seinem Namen fragen. Dadurch hätte ich mich verraten. Er hält mich für Jilly. Sie war offenbar die Gesellschafterin seiner Großmutter. Außerdem hatte ich keine Gelegenheit, ihn zu fragen, wo er übernachtet. Er hat mich gar nicht zu Wort kommen lassen. Und ich war auch viel zu schockiert. Wie hätte ich da noch einen einzigen klaren Gedanken fassen können? Er hat mir ununterbrochen gedroht …“
„Und genau deshalb musst du ihm die Sache erklären“, warf Cleo ein. „Du hast nichts mit ihm zu tun. Jilly muss selbst geradestehen für alles, was sie getan hat.“
Obwohl Milly sich eingestand, dass Cleo recht hatte, erwiderte sie: „Ich bin ihretwegen sehr beunruhigt. Der Mann ist offenbar sehr zornig. Wenn ich ihm die Wahrheit sage und er die Suche nach Jilly fortsetzen muss, verliert er wahrscheinlich bald die Geduld und schaltet die Polizei ein. Mit ihm ist nicht zu spaßen, befürchte ich. Ich traue ihm zu, dass er sie anzeigt.“ Ihr verkrampfte sich der Magen bei dem Gedanken. „Jilly ist sehr eigensinnig, aber sie war immer ehrlich. Sie ist keine Betrügerin. Vermutlich handelt es sich um ein Missverständnis.“
„Ist es deiner Meinung nach ein Zeichen von Ehrlichkeit, dass sie deine Mutter überredet hat, das Haus mit einer Hypothek zu belasten und das Sparkonto deines verstorbenen Vaters aufzulösen, um diesen verrückten Schönheitssalon zu eröffnen?“, entgegnete Cleo scharf. „Als sie Konkurs gemacht hat, ist sie einfach verschwunden und hat deine Mutter mit dem Schuldenberg alleingelassen, sodass sie das Haus aufgeben und in diesem schäbigen Apartment zur Miete wohnen musste.“
Das hörte sich so an, als wäre Jilly wirklich sehr egoistisch. Millys schöne grüne Augen schienen plötzlich ganz dunkel zu werden. Der Fairness halber fügte sie insgeheim hinzu, dass ihre Mutter mit Jillys Plänen einverstanden gewesen war, denn es hatte ihr die Möglichkeit eröffnet, wieder in der Nähe ihrer Lieblingstochter zu sein. Durch ihre offene, charmante Art bezauberte Jilly alle, und jeder hatte sie gern. Milly hingegen war ruhig und zurückhaltend. Sie hatte nicht so viel Mut und Temperament wie ihre Zwillingsschwester, deshalb war sie zufrieden damit gewesen, im Hintergrund zu stehen.
Als ihr Vater völlig überraschend an einem Herzinfarkt gestorben war, waren sie und Jilly achtzehn
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