Romana Exklusiv Band 240
fragte sie sich, ob sie vielleicht zu viel versprochen hatte. Was wollte sie machen, wenn von Jilly jede Spur fehlte? Milly hatte schon alle Brücken hinter sich abgebrochen. Sie hatte Manda angerufen und erklärt, sie würde nicht mehr kommen, weil sie einen anderen Job gefunden hätte. Dann hatte sie dem Vermieter drei Monatsmieten im Voraus überwiesen, damit sie die wenigen Sachen, die sie besaß, und die Möbel noch in der Wohnung lassen konnte.
Morgen würde sie mit diesem einschüchternd wirkenden Fremden, der sie für eine Betrügerin hielt und sie mit Argusaugen beobachtete, so als befürchtete er, sie würde mit dem Familienschmuck verschwinden, nach Italien fliegen.
Irgendwie hatte sie das Gefühl, über ihre Zukunft nicht mehr selbst bestimmen zu können. Und das machte sie ganz mutlos.
3. KAPITEL
Ängstlich beobachtete Milly die große Eingangstür des exklusiven Hotels auf dem Land, in dem der Fremde offenbar übernachtet hatte. Wenigstens wusste sie jetzt, wie er hieß. Als der Chauffeur pünktlich um sechs erschienen war, hatte er erklärt: „Ms Lee, Signor Saracino hat mich gebeten, Sie abzuholen.“
Jetzt war der Mann in dem Hotel verschwunden und würde jeden Moment mit diesem Signor Saracino herauskommen und sie beide zum Flughafen fahren. Milly verkrampfte sich der Magen. Am liebsten wäre sie aus dem Wagen gesprungen und schnell wie der Blitz über die Einfahrt zurück auf die Straße gelaufen. Aber sie musste an ihre Schwester denken, die sie unbedingt finden und vor dem Zorn dieses Mannes beschützen wollte. Offenbar war er zu allem entschlossen und nicht bereit, nachzugeben.
Schließlich erblickte sie ihn und drehte sich rasch um. Er wirkte so stark, hart und rücksichtslos, dass ihr das Herz vor Angst bis zum Hals schlug. Ihre Hände, die sie nervös im Schoß rang, wurden feucht, und sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Würde sie die Sache auch wirklich durchstehen?
Sie musste es Jilly zuliebe schaffen, eine andere Wahl hatte sie nicht. Falls dieser Mann erfuhr, dass er auf eine Täuschung hereingefallen war, würde er noch zorniger werden und vielleicht ganz andere Maßnahmen gegenüber Jilly ergreifen.
Signor Saracino warf ihr nur einen flüchtigen Blick zu, während der Chauffeur das Gepäck im Kofferraum verstaute, und stieg zu ihrer Erleichterung vorn ein. Wahrscheinlich wollte er nicht neben ihr sitzen, weil er befürchtete, sich zu beschmutzen oder zu infizieren. Milly betrachtete es als gutes Omen.
Je mehr Abstand er wahrte, desto sicherer war sie vor Entdeckung. Gesellschafterin für jemanden zu spielen würde ihr nicht schwerfallen. Natürlich erwartete man, dass sie sich auskannte und genau wusste, was sie tun musste. Doch das Problem ließ sich bestimmt lösen.
Glücklicherweise fiel bei der Passkontrolle am Flughafen niemandem auf, dass der Vorname in ihrem Pass nicht mit dem auf dem Ticket übereinstimmte. Auch das hielt Milly für ein gutes Omen.
Nachdem sie eingecheckt hatten, sah der Mann sie aufmerksam an. In seinen dunklen Augen blitzte es spöttisch auf, als er sie von oben bis unten musterte. Wieder verkrampfte sich ihr der Magen. Sie zwang sich, seinen kühlen Blick unerschrocken zu erwidern, und sagte sich, es sei völlig unmöglich, dass er merkte, die falsche Frau mitgenommen zu haben.
Jillys cremefarbenes Leinenkostüm mit dem kniefreien Rock wirkte sehr elegant. Und da er Milly am Abend zuvor sogar in ihrem eigenen bescheidenen Outfit für ihre Schwester gehalten hatte, würde er jetzt erst recht keinen Verdacht schöpfen. Darüber, dass sie das Haar kürzer trug als Jilly und kaum Make-up benutzte, machte er sich offenbar keine Gedanken.
Dennoch zitterte sie beinah vor Angst, als er scharf erklärte: „Wenigstens haben Sie aufgehört, sich zu verkleiden. Das war sowieso sinnlos. Wahrscheinlich sind Sie jetzt wütend darüber, dass ich Sie aufgespürt habe und von Ihnen verlange, weiterhin die Gesellschafterin meiner Großmutter zu spielen, unentgeltlich natürlich.“ Er zuckte so gleichgültig die Schultern, als wäre ihm egal, ob sie wütend war oder nicht. Hart fügte er hinzu: „Sie werden ihr erzählen, Sie hätten plötzlich wegen einer dringenden Familienangelegenheit nach Hause fliegen müssen. Ist das klar?“
Ihr sank der Mut, und sie nickte nur. Erst jetzt begriff sie, dass man ihr kein Gehalt zahlen würde. Ihre Kreditkarte wollte sie auch nicht benutzen, denn nachdem sie die Miete für drei Monate im Voraus bezahlt hatte,
Weitere Kostenlose Bücher