Romana Extra Band 5 (German Edition)
Sie mir Bescheid. Ich werde Sie jetzt über Ihre Pflichten informieren.“
Maggie hatte schon wieder ein ungutes Gefühl. Sie hatte noch nie mit autoritärem Gehabe umgehen können. „Ich glaube, ich kenne meine Pflichten. Ich soll mich um Max kümmern, weil er LRS hat und dadurch so entmutigt ist, dass er nicht mehr lernen will.“ Sie nahm ein Sandwich und biss hinein.
François warf ihr einen skeptischen Blick zu. „Woher wissen Sie, dass er entmutigt ist?“
„Weil ich tagtäglich mit solchen Kindern arbeite“, erwiderte sie und fügte im Geiste hinzu: Und weil ich das Gleiche durchgemacht habe. „Diese Kinder strengen sich furchtbar an, um im Unterricht mitzukommen. Aber wenn sie immer wieder Misserfolge haben, verschließen sie sich irgendwann und verlieren die Hoffnung. Mein Job besteht darin, ihnen wieder Mut zu machen.“ Sie schwieg einen Moment lang. „Es muss hart für die königliche Familie gewesen sein, sich einzugestehen, dass Prinz Max nicht perfekt ist.“
Wieder biss sie in ihr Sandwich. François hob das Kinn. „Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie darüber mit niemandem reden dürfen. Sie haben eine Vertraulichkeitsverpflichtung unterschrieben. Das Problem des Prinzen ist eine sehr heikle Angelegenheit.“
Sie machte eine wegwerfende Geste. „Na, das sollte sie aber nicht sein. Einstein hatte eine Lernschwäche, und der war schließlich schlauer als irgendjemand auf diesem Planeten.“
François atmete hörbar ein. Gut, dass es hier keine Fliegen gab. Bestimmt hätte er jetzt eine verschluckt.
„Sie haben über das Problem des Prinzen mit niemandem zu reden außer mit Prinz Michel und mir.“
„Das werde ich auch nicht“, versicherte sie ihm. „Aber ich muss Ihnen sagen, dass ich möglicherweise nicht die richtige Person für diesen Job bin. Ich wusste nicht, dass ich es mit Königen und Prinzen zu tun haben würde, und ich habe nicht besonders viel Geduld für höfisches Protokoll und das ganze sinnlose Getue.“
„Das ist offensichtlich“, erwiderte François und warf einen Blick auf ihre Jeans und ihr T-Shirt.
Jetzt fühlte Maggie sich ein wenig verletzt, wischte dieses Gefühl jedoch beiseite. „Man braucht vor allem Kreativität, um ein Kind mit Lernschwäche wieder fröhlich und lernbegierig werden zu lassen, und genau darauf konzentriere ich mich. Ich habe keine Zeit für so etwas Unnötiges wie ein Protokoll. Mein Ziel ist es, Prinz Max zu helfen, damit er wieder Spaß am Lernen hat. Dafür werde ich alles tun.“ Auch wenn er ein verwöhntes Kerlchen ist, fügte sie im Stillen hinzu.
François’ Blick war fast respektvoll. „Wenn Sie gegessen und sich frisch gemacht haben, werde ich Sie Prinz Maximillian vorstellen.“
Waffenstillstand, dachte Maggie. Vorerst.
Sie aß ihr Sandwich und überlegte, was sie anziehen sollte. Das tat sie sonst nie für ihre Schüler. Sie beschloss, so zu tun, als sei Elternabend, und entschied sich für ein blaues Baumwollkleid und Sandaletten.
François führte sie zum Unterrichtsraum des Prinzen. Dort saß der Junge vor einem Fernseher und sah sich „102 Dalmatiner“ an.
„Euer Hoheit, hier ist Mademoiselle Gillian“, sagte François.
Der Junge stand auf und löste zögernd den Blick vom Bildschirm. Maggie fiel auf, dass der Kleine ziemlich groß für sein Alter war. Er trug einen Anzug, doch sein gestärktes Hemd war zum Teil aus der Hose gerutscht. Sein glattes Haar war gekämmt, aber ein Wirbel in der Kopfmitte schien sich nicht bändigen zu lassen, wie Maggie gerührt feststellte. Sie musste an „Denis the Menace“ denken, ihren perfekten, großen Bruder, in dessen Schatten sie immer gestanden hatte. Umso mehr Verständnis hatte sie für jede Form von Unvollkommenheit.
Als François den Fernseher ausschaltete, sah sie, wie der kleine Prinz misstrauisch zu ihr hochblickte.
„Willkommen auf Marceau, Mademoiselle Gillian“, sagte er teilnahmslos.
„Vielen Dank, Euer Hoheit. Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen. Soll ich Sie mit Max oder Maximillian ansprechen?“
Der kleine Prinz zögerte. „Mit Max“, sagte er schließlich.
„Gut“, erwiderte sie. „Du kannst mich Maggie nennen, oder Miss Gillian.“
Max nickte.
„Ich bin hier, um dir zu helfen, damit du lesen und schreiben lernst.“
Sie sah, wie sich seine Miene sofort verschloss. Merkwürdig, dachte sie. Egal, ob Prinz oder Kind aus armer Familie – dieser Gesichtsausdruck war bei allen Kindern, die zu viele Misserfolge hatten,
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