Romana Extra Band 5 (German Edition)
gleich.
„Ich mag aber nicht lesen und schreiben.“
„Das überrascht mich nicht“, sagte Maggie und ging im Zimmer umher. Die vielen Regale voller ungelesener Bücher!
Max verschränkte die Arme vor der Brust und schaute Maggie misstrauisch an. „Was meinen Sie damit?“
„Ich meine, dass du ganz miese Erfahrungen mit dem Lesen und Schreiben gemacht hast. Du hast es immer und immer wieder versucht. Und jetzt hast du das Gefühl, du bist dumm. Dabei bist du ganz schön schlau.“
„Woher wissen Sie, dass ich nicht dumm bin?“, fragte er trotzig, und es brach ihr fast das Herz. Es war offensichtlich, dass der Junge viel gelitten hatte. Sie selbst hatte als Kind jahrelang geglaubt, dumm zu sein, weil sie nicht lesen konnte.
„Weil es Tests gibt, mit denen man messen kann, wie intelligent ein Mensch ist, und du hast sehr gute Ergebnisse erzielt. Du hattest bis jetzt nur ein Problem mit dem Lesen, aber dabei werde ich dir helfen.“
Max blickte wieder zum Bildschirm. „Ich würde lieber Filme gucken.“
Sie lächelte und beugte sich zu ihm herab. „Filme anschauen kann eine Weile Spaß machen, aber du bist sehr schlau und wirst mit der Zeit andere Dinge tun wollen.“
Er sah sie an, eine Mischung aus Zweifel und Neugierde im Blick. „Sind Sie Amerikanerin?“
„Ja“, erwiderte sie.
„Mein Vater sagt, amerikanische Frauen haben oft kein Verständnis für die Bedeutung königlicher Pflichten.“
„Das kann sein, weil es bei uns in Amerika keine Prinzen und Prinzessinnen gibt.“
„Mein Onkel hat eine amerikanische Frau geheiratet.“
„Wie fandest du sie?“
„Sie war nett. Sie hat mir ihren Computer gezeigt und mir ein Stück Schokolade gegeben.“
Computer und Schokolade. Maggie nahm sich vor, das nicht zu vergessen. „Welche sind deine Lieblingstiere?“
„Hunde“, erwiderte er prompt. „Aber Löwen mag ich auch.“
„Okay“, sagte sie. „Wir fangen morgen an. Gute Nacht.“
„Gute Nacht“, sagte Max, „Mademoiselle Gillian.“
Maggie ging hinaus, und François führte sie einen anderen Flur hinab. „Jetzt werde ich Sie dem Prinzen vorstellen.“
Dreißig Minuten hatte Michel für das Gespräch mit der amerikanischen Hauslehrerin reserviert. Danach würde er sich in seine privaten Gemächer zurückziehen und in völliger Stille ein Glas alten Burgunders genießen. Es war ein verdammt langer Tag gewesen.
Es klopfte an der Tür. „Entrez“, sagte Michel.
„Euer Hoheit, Prinz Michel, darf ich Mademoiselle Maggie Gillian vorstellen.“
Michel nickte. „Danke, François. Sie können gehen. Bitte, Mademoiselle Gillian.“ Er deutete auf den Stuhl, der ihm gegenüberstand.
„Danke, Euer Hoheit“, sagte die Frau und trat hinter François hervor.
Michel blinzelte überrascht. Die Frau, der er am Morgen begegnet war, sah völlig verändert aus. Ihr Haar war zwar immer noch eine ungebändigte rote Mähne, doch ihre Augen strahlten. Sie wirkte intelligent und aufgeweckt, und sie trug jetzt ein Kleid, das ihre weiblichen Kurven – und ein Paar aufregend schöner Beine – zur Geltung brachte. Die Art, wie sie sich bewegte, drückte Selbstsicherheit aus, aber auch eine gewisse Sinnlichkeit. Aus irgendeinem Grund musste er plötzlich an den Knallfrosch denken, den ihm eine der Palastwachen aus der Hand gerissen hatte, als er noch ein Teenager gewesen war, der nur seinen Spaß haben wollte.
Michel konnte sich kaum daran erinnern, wann er das letzte Mal Spaß gehabt hatte. Durch den Tod seines Vaters und die Verantwortung für den Thron, der ihm seit seiner Geburt zustand, war das Leben für ihn fast immer nur ernst gewesen. Spaß, das war etwas, das andere Leute hatten. Er selbst hatte Verantwortung.
„Sie haben also meinen Sohn schon kennengelernt“, sagte er.
Mademoiselle Gillian nickte. „Ja, und ich habe auch die Akte über seinen bisherigen Unterricht und seine Testergebnisse gelesen. Er ist sehr intelligent, aber mutlos. Nicht ungewöhnlich bei Kindern mit Leseschwäche.“
Michel wandte den Blick ab. Er mochte es nicht, wenn dieses Wort in Verbindung mit seinem Sohn erwähnt wurde.
„Maximillian ist kein typischer Siebenjähriger. Sicher haben Sie auch selbst bemerkt, dass er ziemlich intelligent ist. Er wird eines Tages über Marceau herrschen.“
Sie lächelte verständnisvoll. „Viele Eltern sind zunächst sehr bekümmert, wenn sie feststellen, dass ihr Kind eine Lernschwäche hat. Aus der Traum vom perfekten Kind. Das kann sehr schmerzhaft sein. Aber
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