Romana Extra Band 5 (German Edition)
darauf vorzubereiten, erfordert jahrelanges Training, und man kann sich der Tatsache nicht verschließen, dass das eine sehr ernste Angelegenheit ist. Als Amerikanerin können Sie vielleicht nicht einschätzen, …“
„Oh, Max hat erwähnt, dass Sie nicht viel von amerikanischen Frauen halten.“
Michel wurde fast wütend. „Mademoiselle, Sie haben schon gesagt, dass sie nicht viel für das höfische Protokoll übrig haben. Aber gilt es nicht auch in Ihrem Land als unhöflich, anderen ins Wort zu fallen?“
Sie blinzelte und einen Augenblick lang wirkte sie bestürzt. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich bitte um Entschuldigung. Es fällt mir so schwer, mich zu beherrschen, wenn mir ein Thema so wichtig ist. Sie haben recht.“
Michel war an eine gewisse Unterwürfigkeit gewöhnt, bei fast allen Menschen, denen er begegnete. Im Gegensatz dazu war Maggies aufrichtiges Eingeständnis ihres Fehlers erfrischend. „Sie werden sehr großen Spielraum haben, um für Maximillian das zu erreichen, was wir uns alle wünschen. Allerdings gibt es gewisse Sicherheitsbestimmungen und die Regeln des Protokolls. Das gehört zu unserem Leben. François wird Ihnen alle Fragen dazu beantworten können. Ich möchte einen wöchentlichen Bericht über Maximillians Fortschritte.“
Maggie nickte nachdenklich. „Einverstanden. Nur noch eine Frage, bitte.“
„Ja.“
„Diese Frage stelle ich allen Eltern, mit deren Kindern ich arbeite: Lesen Sie Ihren Kindern vor?“
„Meine verstorbene Frau, Maximillians Mutter, hat ihm manchmal vorgelesen. Und sein Kindermädchen liest ihm zuweilen vor.“
Maggie neigte den Kopf. „Es tut mir leid, dass Sie Ihre Frau verloren haben. Ich bin sicher, Sie sind sehr beschäftigt, aber es würde helfen, wenn Sie dann und wann ein paar Minuten zum Vorlesen erübrigen könnten.“
„Ich verbringe Zeit mit meinem Sohn, aber alles andere muss ich an andere Menschen delegieren. Das ist einer der Gründe, weshalb ich Sie engagiert habe.“
„Aber ich bin eine Frau, und Sie sind ein Mann.“
Es folgte ein Moment voller Stille. Sie wich seinem Blick nicht aus, und plötzlich war der Raum von einer erotischen Spannung erfüllt.
Ihr Blick drückte Überraschung aus, dann Bedauern, und schließlich wandte sie ihn ab. Sie räusperte sich. „Das ist wirklich wichtig.“ Sie schwieg einen Augenblick, bevor sie weiterredete. „Dr. Seuss wird sehr empfohlen für Kinder mit Leseproblemen.“
Michel erinnerte sich vage, als Kind einmal ein Buch von Dr. Seuss gelesen zu haben. „Soll ich ihm etwa ‚Die Katze im Hut‘ vorlesen?“, sagte er mit einem Anflug von Ungeduld. „Mademoiselle, ich muss meinen Sohn lehren, ein Beschützer zu sein, ein Krieger. Ich bringe ihm Fechten bei.“
Sie zögerte einen Augenblick lang. „Euer Hoheit, wie oft haben Sie in Ihrem Leben ein Schwert benutzt, um Konflikte oder andere Probleme zu lösen?“
„Niemals“, gab er zu. „Aber beim Sport entwickelt man Selbstvertrauen.“ Er hob die Hand, als Maggie etwas erwidern wollte. „Ich verstehe, was Sie meinen. Maximillian wird viel öfter Worte benutzen, als sein Schwert einzusetzen.“
Sie nickte langsam und er hatte das merkwürdige Gefühl, als ob zwischen ihnen so etwas wie ein stilles Einverständnis bestünde. Er sah so etwas wie Respekt in ihrem Blick aufflackern und gleichzeitig hatte er das Gefühl, sich einer Herausforderung zu stellen. Diese Hauslehrerin aus Amerika schien besser zu sein, als er erwartet hatte.
2. KAPITEL
Dieser Prinz Michel ist gar nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt habe, dachte Maggie am nächsten Morgen. Wenn er auch noch ein wenig Humor hätte, dann wäre er gar nicht so übel. Sein Blick hatte sie ein wenig nervös gemacht. Er hatte faszinierend blaue Augen, in denen sich Intelligenz und verhaltene Emotionen ausdrückten. Sie hatte den Eindruck gehabt, dass sich hinter der beherrschten Fassade eine interessante Persönlichkeit verbarg. Ob er wohl jemals seinen Schutzwall herabließ? Und ob er dazu überhaupt fähig war?
Maggie hatte das Gefühl, dass er einsam war, und aus irgendeinem Grund machte sie das betroffen. Aber das war natürlich Blödsinn, denn im Gegensatz zu seinem Sohn Max ging Prinz Michel sie überhaupt nichts an.
Dennoch, er hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, was wohl vor allem mit seinem besonders ausgeprägten Ehrgefühl zusammenhing. Er wirkte wie ein Mensch mit starkem Charakter. Und großem Selbstbewusstsein. Er schien perfekt zu sein. Aber
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