Romana Extra Band 5 (German Edition)
zwölften Stock. Er hatte große Fenster, die eine fantastische Sicht auf die Umgebung boten. Eins der gegenüberliegenden Gebäude fiel durch eine besonders schöne Fassade auf. Die würde Grant gefallen, dachte Sophie und verdrängte den Gedanken an ihn sofort wieder.
Durch die Glastür konnte sie Allen und zwei andere Mitglieder des Vorstands erkennen. Bestimmt hätten sie sich nicht zu dritt versammelt, wenn es nicht um etwas Wichtiges gegangen wäre. Nachdem sie ihre Hände, die feucht geworden waren, schnell an dem Rock ihres Kleides abgewischt hatte, klopfte sie an die Tür. Allen winkte sie herein.
„Nehmen Sie Platz, Sophie“, forderte Allen sie auf.
Sie setzte sich neben Raymond Twamley, von dem es hieß, dass er die Firma verlassen würde. Der ältere Mann nickte ihr freundlich zu.
„Ich möchte gleich zur Sache kommen“, begann Allen das Gespräch. „Sie sind jetzt seit vielen Jahren ein hochgeschätztes Mitglied unseres Teams. Ich habe mich selbst von Ihrem unermüdlichen Einsatz überzeugen können. Durch Ihren fortwährenden Einsatz haben Sie mich immer wieder entlastet.“
Kommt jetzt der Moment, auf den ich schon so lange warte? schoss es Sophie durch den Kopf, während sie die Hände ineinander verschränkte. „Ich arbeite ja auch gern ich mit Ihnen!“
„Ja, das ist offensichtlich. Aus diesem Grund haben wir Sie heute auch hierhergebeten. Wie Sie wissen, wird Raymond uns am Ende des Jahres verlassen. Deshalb muss das Management neu strukturiert werden.“
Sophie hielt den Atem an, und für einen Augenblick musste sie an Grant denken, doch dann verdrängte sie ihn schnell.
„Nach sorgfältiger Überlegung“, fuhr Allen fort, „sind wir einhellig zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie nach Raymonds Ausscheiden den Posten als Geschäftsführerin erhalten sollen.“
Sie atmete aus. Endlich! Zweiundzwanzig Jahre, während der sie auch am Wochenende gearbeitet hatte, hatten sich endlich ausgezahlt. Damit konnte sie ihre unrühmliche Vergangenheit endlich begraben. Jetzt war sie eine von ihnen.
Warum freute sie sich dann nicht?
„Vielen Dank, Allen“, erwiderte sie und lächelte höflich. „Ihre Wertschätzung bedeutet mir sehr viel.“
Er nickte. „Enttäuschen Sie uns nicht.“
„Das werde ich nicht.“
„Gut. Dann lassen Sie uns gleich zu einem Punkt der Tagesordnung kommen. Sie müssen noch heute Abend nach Boston fliegen.“ Er fuhr fort, ihr genaue Instruktionen zu geben, und mit einem Mal war Sophies Terminkalender so voll, dass sie gar nicht wusste, wo ihr der Kopf stand.
Am Nachmittag fuhr sie nach Hause, um zu packen, denn die Sekretärin hatte für sie einen Flug um neunzehn Uhr vom Logan Airport gebucht. Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte, entdeckte sie plötzlich einen braunen Umschlag, der gegen die Tür gelehnt war. Mit klopfendem Herzen hob sie ihn auf und ging damit in die Wohnung.
Doch als sie ihn aufriss, fand sie darin nur eine Liste mit Namen und Telefonnummern von Innenausstattern. Sie enthielt kein persönliches Wort.
Sophies Freude über ihre Beförderung verschwand augenblicklich. Achtlos ließ sie die Aufstellung einfach zu Boden fallen.
12. KAPITEL
Einen Monat später stieg Sophie vor ihrer Wohnung aus dem Taxi. Sie war jetzt wochenlang zwischen Boston und New York hin- und hergeflogen. Dabei sah sie, wie es ihr inzwischen schon zur Gewohnheit geworden war, zu Grants Fenster empor. Doch auch diesmal brannte dort kein Licht.
Soweit sie wusste, war er nach ihrem letzten Treffen nur ein paarmal an den Wochenenden kurz zu Hause gewesen. Sophie hatte zwar einmal Schritte im Treppenhaus gehört, doch als sie die Tür geöffnet hatte – um nach ihrer Post zu schauen, wie sie sich einredete –, hatte sie nur noch einen Blick auf Grants Rücken erhascht. Am liebsten hätte sie ihn gerufen, doch dann beherrschte sie sich im letzten Moment. Schließlich sah er ja, dass sie da war.
Sie bezahlte jetzt den Fahrer, schnappte sich ihren kleinen Rollkoffer und zog ihn todmüde hinter sich her ins Haus. Nachdem sie die Tür aufgeschlossen hatte, ließ sie ihr Gepäck im Wohnzimmer stehen und ging zuerst die Post durch. Komisch, sie konnte sich gar nicht mehr richtig darüber freuen, zu Hause zu sein. Natürlich war sie immer noch stolz darauf, eine Eigentumswohnung zu besitzen, aber irgendetwas fehlte dort.
Vielleicht sollte ich doch endlich die Küche renovieren lassen, überlegte sie. Grants Entwürfe lagen noch immer auf dem Esstisch neben seiner
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