Romana Extra Band 5 (German Edition)
nötig. Ärgerlich legte Grant die Gabel auf den Teller zurück. „Es ist nicht zu fassen! Ihr müsst beide verrückt sein!“
Wirklich?
„Wenn ich tatsächlich so viel Angst hätte, wie ihr sagt – warum habe ich dann den Job bei St. Pierre angenommen?“
„Keine Ahnung“, stellte Mike fest. „Warum denn?“
Um Sophie aus dem Weg zu gehen. Plötzlich erkannte Grant die Zusammenhänge, und es traf ihn wie ein Schlag. Tatsächlich, es stimmte: Er war vor ihr davongelaufen. „Ich habe immer gedacht, es würde dich freuen, dass ich den Job bekommen habe.“
„Das tut es auch. Ich bin nur überrascht, dass du dich plötzlich so anders verhältst. Schließlich gehst du seit zwei Jahren jeder Arbeit aus dem Weg, die dir Geld und Erfolg und damit auch Ansehen einbringen könnte.“
Diesmal war Grant derjenige, der auf seinen Teller starrte. „Was soll ich dazu sagen? Ich habe mich entschieden, einen Schritt vorwärts zu machen. Du hast doch immer gesagt, ich sollte aufhören, mir Vorwürfe wegen Nates Zusammenbruch zu machen.“
„Und? Hast du damit aufgehört?“
Nein, nicht wirklich. Insgeheim hatte Grant immer noch Angst, dass er wieder der karrieresüchtige Mann von damals werden könnte. Würde er ihn denn nie loswerden? Vielleicht erst dann, wenn es in seinem Leben etwas gab, was wichtiger war als die Arbeit. Sophie, zum Beispiel.
„Hör zu“, sagte sein älterer Bruder, „ich bin absolut dafür, dass du dich von dieser Schuld befreist, allerdings unter der Voraussetzung, dass du nicht vor einer anderen schmerzlichen Wahrheit davonläufst.“
Grant zog die Augenbrauen hoch. „Entschuldige, aber du klingst wie einer dieser Hobbypsychologen aus dem Fernsehen.“
Mike zuckte die Schultern. „Ich wünsche mir nur, dass du glücklich bist, kleiner Bruder. Das warst du schon sehr lange nicht mehr, soweit ich es beurteilen kann. Es liegt natürlich nahe, Nate dafür verantwortlich zu machen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das vorher anders war.“
Ja, ich war viel zu beschäftigt, um glücklich zu sein, dachte Grant. Dann hatte Nate diesen Herzanfall bekommen, und er hatte sich dafür die Schuld gegeben. Das hatte ihm Angst gemacht.
Erst als er Sophie kennengelernt hatte, verstand er, was es hieß, wirklich glücklich zu sein. Die Woche mit ihr war die schönste seines bisherigen Lebens gewesen.
Doch leider war dieser Zug inzwischen abgefahren, und das hatte er sich selbst zuzuschreiben.
„Du solltest mit ihr sprechen“, schlug Mike in diesem Moment vor.
„Mit Sophie?“
„Nein, mit der Kellnerin. Unsinn, natürlich mit Sophie. Es ist doch klar, dass du immer noch in sie verliebt bist. Möglicherweise vermisst sie dich ja auch, oder?“
Grant schüttelte den Kopf. „Nein, sie hat ihre Entscheidung getroffen.“
„Bist du sicher? Vergiss nicht, aus lauter Angst verhalten sich Leute manchmal ausgesprochen seltsam. Manche laufen vor der Arbeit davon, andere vergraben sich darin. Und manche wissen gar nicht, wie viel reicher und bunter ihr Leben sein könnte.“
Zum ersten Mal hörte Grant so etwas wie Bedauern aus der Stimme seines Bruders heraus. Vielleicht war ihm das Credo der Templetons ja doch nicht so gut bekommen, wie er angenommen hatte. Konnte es sein, dass er, Grant, Sophies Zeichen tatsächlich falsch gedeutet hatte?
„Du wirst es nie herausfinden, wenn du es nicht versuchst“, fügte Mike noch hinzu.
Erstaunlich – sein älterer Bruder war anscheinend doch zu einigen bedeutsamen Erkenntnissen gelangt. „Hm, vielleicht bist du ja gar nicht so hart, wie du immer tust.“
Wenn er seinen Bruder unterschätzt hatte, war es dann nicht möglich, dass ihm das Gleiche mit Sophie passiert war?
„Außerdem“, fuhr Mike fort, nachdem er die Kellnerin um die Rechnung gebeten hatte, „seit wann holt sich ein Templeton nicht das, was er haben will?“
Grant lehnte sich zurück. Verdammt, Mike hatte recht. Die Zeit war gekommen, wo er nicht mehr vor etwas davonlaufen, sondern darauf zugehen sollte.
„Sie müssen ihn sich schnappen, sonst ist er weg.“
Immer wieder gingen Sophie die Worte der Standbesitzerin vom Flohmarkt durch den Kopf, bis ihr dann plötzlich ein Licht aufging.
„Jetzt hab ich’s kapiert! Mit Grant verhält es sich genauso wie mit dem Mantel!“, sagte sie laut.
Sie hatte sich etwas Besonderes entgehen lassen, indem sie fälschlicherweise angenommen hatte, dass es wichtig war, auf Kurs zu bleiben. Nur was war die Quintessenz aus dieser
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