Romana Extra Band 6
von ihm einnehmen lässt, bist du erledigt.
Nachdem sie noch einige Belanglosigkeiten ausgetauscht hatten, meinte Dev: „Du möchtest jetzt sicher in deine Suite gebracht werden, Varo. Du hast eine weite Reise hinter dir. Ava bringt dich gern nach oben. Hoffentlich gefallen dir die Zimmer, die wir für dich vorbereitet haben. Nach dem Essen machen wir mit dem Jeep eine kleine Besichtigungstour … zum Kennenlernen, wenn du so willst. Wir besitzen – grob gerechnet – etwa zweihunderttausend Hektar Land. Da werden wir heute nicht weit kommen.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein“, erwiderte Varo so begeistert, dass sich die Geschwister fast geschmeichelt fühlten.
„Das Gepäck ist bestimmt schon in Ihrem Zimmer“, meinte Ava, der es immer schwerer fiel, sich Varos magnetischer Anziehung zu entziehen. „Der Hausdiener wird es durch den Hintereingang hinaufgebracht haben.“
„Das nenne ich prompte Erledigung.“ Varo kam einen Schritt näher. Trotz der langen Reise zeigte er keine Spur von Ermüdung. Seine Energie schien unerschöpflich zu sein. „Bitte gehen Sie voran, Ava. Ich bin ganz Auge und Ohr.“
Darüber musste Dev lachen. „Du musst mich entschuldigen, Varo!“, rief er seinem Gast nach. „Ich habe noch einiges zu erledigen. Wir sehen uns dann später.“
„Hasta luego!“ , antwortete dieser und winkte lässig zurück.
Ava hatte sich eingebildet, auf dem Weg nach oben ihre Überlegenheit zurückzugewinnen, aber das Gegenteil war der Fall. Ihre Abwehrkräfte schienen bei dem Typ zu versagen. Seine Energie schien sich auf sie zu übertragen, denn sie fühlte sich wie neu belebt, als hätte sie einen schnelleren Gang eingelegt. Sie war schon anderen bedeutenden Männern begegnet – nicht zuletzt ihrem Großvater, der keine Rücksicht gekannt hatte. Varo de Montalvo besaß offenbar die gleiche Skrupellosigkeit, und es war kein Trost, dass er sie gerade dadurch aus ihrer Reserve lockte.
Bald wirst du ihm hilflos ausgeliefert sein.
Wie konnte ein Mann das in so kurzer Zeit bewirken? Es war, als hätte sie eine plötzliche Erleuchtung gehabt, als hätte ein Blitz eingeschlagen und sie geblendet. Lag es daran, dass sie keine Südländer kannte? Oder daran, dass Varo sie durch seine Blicke herausforderte? In jedem Fall stellte er eine Kraft dar, mit der sie nicht gerechnet hatte und die jede Gegenwehr ausschloss.
Der Gedanke ärgerte sie. War sie vielleicht zu schüchtern oder sexuell gehemmt? Luke hatte ihr von Anfang an vorgehalten, sie sei frigide. Und jetzt musste sie fürchten, Varos Zauber zu erliegen, falls sie nicht höllisch aufpasste! Varo war nicht Luke. Er unterschied sich gewaltig von ihm und war ihr doch irgendwie vertraut. Ein Fremder, der ihr nicht fremd war? In jedem Fall einer, der seine Macht über andere Menschen genau kannte.
Die Gästesuite lag im rechten Flügel und war von den Hausangestellten sorgfältig vorbereitet worden. Bis zu Gregory Langdons Tod hatte Sarina Norton, Mels Mutter, das Personal beaufsichtigt. Dafür – und noch für andere Dienste – war sie im Testament mehr als großzügig bedacht worden. Niemand wagte es, daran zu rühren …
Die Tür zur Suite stand offen, und Varo forderte Ava mit einer Handbewegung auf, voranzugehen. Die kleinste Geste von ihm wirkte so stark auf sie, dass der Boden unter ihr zu schwanken schien. Wie sollte sie seiner Anziehung widerstehen, wenn Dev nach Sydney flog, um seine Braut und mehrere Verwandte abzuholen? Es war zweifellos eine Herausforderung. Dabei hatte sie schon früh gelernt, Gäste zu unterhalten.
Wie alle Zimmer auf Kooraki zeichnete sich auch dieses durch besondere Größe und Höhe aus. Das ungewöhnlich breite Bett war mit grauer Seide bespannt, von der sich die blütenweißen Bezüge strahlend abhoben. Über dem Kopfende hing ein Landschaftsgemälde in dunklem Holzrahmen – das Werk eines angloaustralischen Künstlers aus der Kolonialzeit.
Auf den wertvollen alten Mahagonitruhen rechts und links vom Bett standen zwei Lampen mit Pergamentschirmen, die an die Farbe der Tapeten angepasst waren. Ein englischer Sekretär aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert sowie ein Aktenschrank und ein Lehnstuhl füllten eine Ecke des Zimmers aus.
Ein weiteres Prunkstück war das vergoldete, mit schwarzem Samt bezogene Louis-seize-Sofa, zu dem zwei Fußschemel gehörten. Alles in allem konnte man es nicht bequemer haben, zumal noch ein Ankleideraum mit anschließendem Bad vorhanden war.
Varo hatte eine
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