Romana Extra Band 6
hieß mit zweitem Namen Riley, genau wie meine Oma.“
„Verstehe.“
Das Mädchen schrieb schon wieder: HANA.
Nimm es nicht persönlich, sagte Hannah sich. Schließlich hatte sie das Spiel selbst vorgeschlagen. Positiv war immerhin, dass Riley endlich mit ihr kommunizierte, wenngleich ihr die Botschaft nicht gefiel.
„Mein Name wird so geschrieben“, erklärte sie und schrieb HANNAH in den Sand.
Interessiert betrachtete die Prinzessin das Wort, und als es vom Meer ausgelöscht war, schrieb sie es erneut, diesmal ein Stück vom Wasser entfernt. „Dein Name sieht von vorn und hinten gleich aus.“
„Das nennt man ein Palindrom.“
„Gibt es noch mehr davon?“
„Ja, viele. Und nicht nur Wörter.“ Sie schrieb REITTIER in den Sand. „Es gibt sogar ganze Sätze.“
„Weißt du einen?“
Als Nächstes schrieb Hannah: EIN ESEL LESE NIE.
„Das ist toll.“ Riley staunte und sah zum Schloss hinüber. Ihr Vater stand auf der Terrasse, das Telefon am Ohr.
Sie nahm Hannah den Stock wieder aus der Hand und schrieb: DAD.
„Prima“, lobte Hannah und zuckte zusammen, als das Kind das Wort mit so viel Nachdruck durchstrich, dass der Stock zerbrach.
Michael beendete das Telefonat in dem Moment, als Hannah und Riley aus dem Wasser kamen. Dass er die Gelegenheit verpasst hatte, mit ihnen zu plantschen, bedauerte er ebenso wie seine Tochter. Doch als die beiden zu den Sonnenliegen gingen fesselte etwas anderes seine ganze Aufmerksamkeit: Hannah. Er vermochte den Blick nicht von den verführerischen Kurven abzuwenden, die ihr schlichter Badeanzug noch betonte.
Von der Terrasse aus sah er zu, wie Hannah seine Tochter abfrottierte und eincremte, um sich danach selbst abzutrocknen: die Schultern, die schlanken Arme, die schmalen Hüften, die endlos langen Beine …
Wie gebannt beobachtete er sie, bis sie schließlich ein T-Shirt über den Kopf zog und in Shorts schlüpfte. Langsam stieß er den Atem aus, den er unwillkürlich angehalten hatte. Den Anblick, wie sie einer Göttin gleich dem Meer entstiegen war, würde er nie vergessen.
Es traf sich gut, dass er für einige Tage verreisen musste.
5. KAPITEL
Riley füllte ein Förmchen mit Sand, als Michael sich neben sie hockte. Traurig sah sie zu ihm auf.
Mit ihren Launen kam er zumeist gut zurecht, aber ihre Enttäuschung schnitt ihm tief ins Herz. Er bemühte sich nach Kräften, ein guter Vater zu sein, wusste aber nicht recht, wie das ging. Wann immer er alles im Griff zu haben glaubte, änderten sich die Spielregeln.
„Es tut mir leid, dass ich das Baden verpasst habe“, entschuldigte er sich und strich ihr über das feuchte Haar. „Dieser Kunde war sehr wichtig für mich.“
„Das sind sie doch alle.“ Riley drehte die Form um und schlug – ein wenig zu fest – mit der Rückseite der Schaufel darauf.
Du hast ja recht, dachte er. Er konzentrierte sich zu sehr auf seine Firma. Dort fühlte er sich als Herr der Lage und fähig, alle Aufgaben kompetent zu erledigen. Seiner Tochter gegenüber fühlte er sich dagegen oft hilflos.
Gespannt blickte er zu Hannah, die es sich auf der nächsten Liege bequem gemacht hatte. Ihrer Miene ließ sich nicht entnehmen, was sie von seinem Annäherungsversuch an seine Tochter hielt. Spontan beschloss er, den beiden erst später von der Dienstreise zu berichten, die er am Montag antreten wollte.
„Was baust du da?“, fragte er Riley stattdessen.
„Wonach sieht es denn aus?“
„Ich denke, es ist eine Sandburg“, antwortete er so gelassen wie möglich.
Als sie nichts erwiderte, erkundigte er sich: „Ist es das Schloss von Aschenputtel oder Dornröschen?“
„Das von Onkel Rowan.“
Natürlich. Weshalb sollte sich ein Kind, das in echten Schlössern ein und aus ging, für Märchenschlösser begeistern?
Wortlos schob Hannah ihm mit dem Fuß ein Förmchen zu, und er ließ den Blick von ihren rosa lackierten Zehennägeln über die schlanke Fessel hinaufwandern bis …
Erneut stupste sie die Form an, energischer diesmal, und er griff danach.
„Ein ganzes Schloss ist viel Arbeit. Darf ich dir helfen?“
Als Riley nur die Schultern zuckte, nahm er sich eine kleine Schaufel und füllte Sand in das Förmchen.
„Du darfst keinen trockenen Sand nehmen“, wies sie ihn ungeduldig zurecht, nahm ihm die Form aus der Hand und schüttete den Inhalt aus. „Er muss feucht sein, sonst stürzt alles sofort wieder ein.“ Dann führte sie ihm vor, wie die Form fachgerecht gefüllt, umgedreht und ausgeklopft
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