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Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)

Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition)

Titel: Romantische Nächte im Zoo: Betrachtungen und Geschichten aus einem komischen Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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Fernsehens. Heute verkörpern Harald Schmidt und Stefan Raab diesen Gegensatz.
    Ein goldener Bildschirm. Eine goldene Kamera. Gestorben 1979.
    Wedel liegt hinter Blankenese und ist ein bisschen weniger edel. Ein typischer Ferrnsehstar-Friedhof, in unauffälliger Umgebung, Eigenheime, Sportplätze, alles unspektakulär, ohne große Denkmäler oder nennenswerte historische Bedeutung. Auffällig viele Bäume. Auf dem Grabstein: Frankenfelds Unterschrift, in Metall gegossen. Das wirkt geschmacklich ein bisschen fragwürdig, ähnlich wie seine karierten Jacketts früher.
    »Er ist unser einziger echter Prominenter«, sagt der Friedhofsangestellte. Wieso der einzige echte? »Tja, es liegen hier einige Kiezgrößen. Aus St. Pauli. Das sind immer sehr aufwendige Beerdigungen mit viel Publikum.« Pause. »Wir sind schon froh, dass wir den Herrn Frankenfeld hier haben dürfen. Fällt Ihnen etwas auf an Wedel?«
    »Schön grün hier.«
    »Ja. Herr Frankenfeld hat in Wedel ungefähr 10 000 Bäume setzen lassen. Im Sommer, wenn es heiß ist, denken die Leute manchmal an ihn. Wegen des Schattens, wissen Sie.«

Die drei Friseure
    Bei Udo. Am Telefon nimmt eine Frau den Terminwunsch entgegen, genauer gesagt, eine echte Berlinerin. »Zu wem wollnse denn?« Ich war noch nie da. Ich will es einfach mal ausprobieren. »Ick traare Sie denn mal bei dem Jean an.« Sie spricht es »Dschang« aus.
    Udo Walz selbst frisiert nur Frauen, außer, der Mann ist Bundeskanzler oder etwas in dieser Richtung. Udo Walz konnte deshalb eine eidesstattliche Erklärung abgeben, des Inhalts, dass Gerhard Schröder seine Haare nicht färbe. Als Udo Walz seinen 60. Geburtstag feierte, mit 300 Gästen, von denen die meisten im weitesten Sinn prominent waren, wurde auch ein handgeschriebener Glückwunschbrief des Kanzlers verlesen. »Wenigstens«, sagte einer der Gäste zu seiner Tischdame, »ist Schröder nicht selber da.« Es geht in dieser gesellschaftlichen Zone manchmal recht maliziös zu.
    Der Aufstieg von Udo Walz zu einer der scheinbar oder auch nur anscheinend wichtigsten Figuren der Hauptstadtsociety wird allmählich auch dieser Society selber unheimlich. Zufall ist es jedenfalls nicht. Udo Walz hat, das beweisen frühe Fotos des ganz jungen Udo mit Hildegard Knef und Marlene Dietrich, von Anfang an mit großer Zielstrebigkeit die Nähe prominenter Menschen gesucht, ein Bub aus Waiblingen, Vater Lastwagenfahrer, Mutter Fabrikarbeiterin, den es in das Westberlin der 70er Jahre zieht.
    Er arbeitet viel. Das sagen alle. Er ist diskret. Und wenn eine Kamera in der Nähe ist, reißt er ganz weit den Mund auf, so, als ob er einen heranfliegenden Pingpongball mit dem Mund auffangen möchte. Das ist das typische Udo-Walz-Lächeln.
    Der Friseursalon Udo Walz liegt zu dieser Zeit in der Uhlandstraße 181, dort, wo Westberlin gerade noch einen halbwegs präsentablen Eindruck macht. Ein paar Meter weiter spürt man schon den Niedergang, an der Mazurka-Bar oder der verlassenen Pizzeria Capri oder beim benachbarten Salon »Ratz-Fatz«, Herrenschnitt 11  Euro  90. Walz hat mehrere Salons, auch auf Mallorca. Dieser hier ist weitläufig und ein bisschen verwinkelt, nicht sonderlich edel, das Mobiliar sieht nach Ikea aus. Am Eingang steht ein Büchertisch, Publikationen von und über Udo. Und da ist er auch selber. Aufgeknöpftes Hemd, darunter das Unterhemd. Schleppender Schritt. Gewaltiger Bauch. Ein Teil davon ist zur Besichtigung offiziell freigegeben, weil das Unterhemd relativ kurz ist. Udo müsste dringend mehr Sport treiben. Er hält ein Handy ans Ohr. Bald darauf zündet er sich eine Zigarette an.
    So, mit Handy und Zigarette und im zu kurzen Unterhemd, läuft er im Salon auf und ab und bespricht recht laut einen Termin mit einem Drehteam, der Sender wird nicht ganz klar. Ein junger Mann mit viel Gel im Haar zupft Udo hin und wieder Fussel vom Kragen, während dieser auf und ab geht. Im Hintergrund läuft ein Fernseher.
    Einer seiner Freunde sagt: »Was die Promis an Udo Walz mögen, ist, dass er ein so normaler Typ ist. Die wollen einfach mal unter normalen Leuten sein.«
    Einer der Friseure bringt Wasser im Plastikbecher. Dann wäscht er die Haare, die Brille muss man dabei in der Hand halten, ein Tischchen zum Ablegen gibt es nicht. Die Friseuresind alle ziemlich junge, hübsche Burschen. Der Hübscheste wedelt, ohne erkennbaren Grund, mit einem riesigen Fächer.
    Die Kunden sind alle ältere Damen. Das liegt vielleicht an der Tageszeit, früher

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