Romeo für immer, Band 02
schiebe die Flasche zwischen meine Knie und verstecke sie unter der Tischdecke, als Ziegenbärtchen auch schon zurückkommt. Glücklicherweise sagt Ariel keinen Ton, während ich meine Brieftasche hervorhole und unser Essen bezahle.
»Es war alles wunderbar. Bitte behalten Sie den Rest.« Ich reiche dem Kellner den schwarzen Lederumschlag und lege Ariel meinen Arm um die Schulter. »Wollen wir?«
»Nein«, flüstert sie, als Ziegenbärtchen Richtung Küche verschwindet. »Was soll denn das, was hast du vor?«
»Ich besorge uns etwas zu trinken und bewahre gleichzeitig einen Unbekannten davor, morgen abgestandenen Wein trinken zu müssen. Der schmeckt bestimmt scheußlich, wenn er die ganze Nacht offen dagestanden hat.«
»Du stiehlst Wein!«
»Ich beschlagnahme ihn.«
»Aber wir dürfen noch keinen Alkohol trinken.«
»Deshalb muss ich ihn ja auch beschlagnahmen , weil ich ihn nicht kaufen darf. Eine kurzsichtige Gesetzgebung, die uns verbietet, Alkohol zu trinken, zwingt mich dazu«, erkläre ich. » Ich bin unschuldig.«
Sie verzieht ironisch das Gesicht. »Als unschuldig würde ich dich nicht gerade bezeichnen.«
»Als was denn sonst? Moment, warte … « Ich halte die Hand hoch. »Das musst du nicht jetzt beantworten. Erst wenn du ein Glas Wein getrunken hast und mich wieder nett findest.«
Sie macht ein undefinierbares Geräusch, halb Knurren, halb Kichern.
»Im Ernst.« Sie lehnt sich über den Tisch und sieht besorgt zur Küchentür, hinter der Ziegenbärtchen verschwunden ist. »Wenn du erwischt wirst, rufen sie womöglich die Polizei.«
»Das ist ja gerade das Spannende, es wäre sonst nur halb so interessant.« Ich zwinkere ihr zu und lasse die Weinflasche unter meinem Hemd verschwinden. »Du gehst vor und ich folge dir, damit die Empfangsdame nichts merkt.«
»Du bist total verrückt.«
»Du doch auch. Wir sind ein tolles Team.«
Ariel verdreht die Augen, aber als wir vom Tisch aufstehen, geht sie vor. Wir schaffen es durch das Restaurant, an der Empfangsdame vorbei – die uns einen guten Abend wünscht – hinaus in die kühle Frühlingsnacht, ohne erwischt zu werden. Auf dem Weg zum Auto stößt Ariel mir ihren schmalen Ellbogen in die Rippen. Ihre Augen funkeln.
»Was ist?«
»Wir haben es geschafft!«
»Na klar.«
»Das war … Es hat Spaß gemacht«, grinst sie und strahlt dabei eine gewisse Boshaftigkeit aus. Ich muss lachen.
»Ja, mir hat es auch Spaß gemacht.«
Sie wirft einen Blick zurück. »Ich habe noch nie etwas gestohlen«, flüstert sie.
»Das hast du auch nach wie vor nicht«, antworte ich. »Aber du solltest es unbedingt einmal probieren. Es ist irgendwie berauschend, und das ganz ohne Drogen.«
»Du übst einen schlechten Einfluss auf mich aus«, bemerkt sie mit einem leisen, wohligen Schnurren in der Stimme, das unterschwellige Zustimmung ausdrückt.
»Ich würde dir sofort versprechen, brav und anständig zu sein … wenn ich nur glauben könnte, dass du dir das wirklich von mir wünschst.«
Ihr Lächeln welkt dahin. »Was soll das nun wieder heißen?«
»Kleiner Scherz«, antworte ich. Diesmal bin ich wohl mit der Neckerei meiner empfindsamen silberblonden Prinzessin zu weit gegangen. »Das war nur ein kleiner Scherz.«
»Er war aber überhaupt nicht komisch.«
»Entschuldige.« Ich verziehe mein Gesicht und versuche, wie ein Mensch auszusehen, der ehrlich betrübt ist und zu tiefen Gefühlen fähig. »Es tut mir wirklich leid. Glaub mir bitte.«
»Na gut.« Sie akzeptiert meine Entschuldigung, aber es dauert eine Weile, bis sie wieder etwas lockerer wird. Ich hole sie auf dem Gehweg ein und gehe neben ihr her. In Zukunft muss ich behutsamer sein.
»Es ist eine schöne Nacht«, bemerke ich vorsichtig. Vom Hotel gegenüber weht leise Klaviermusik zu uns herüber, ansonsten ist es ein ruhiger Frühlingsabend. Still und wunderbar. Ich atme tief ein. Der blumige Duft des Frühlings, der Geruch von verbranntem Holz und noch mindestens ein Dutzend anderer Gerüche, die ich nicht zuordnen kann, liegen in der Luft. »Einfach wunderschön.«
»Finde ich auch«, erwidert Ariel. Sie hat immer noch einen vorsichtigen Unterton in ihrer Stimme. »Ich liebe den Frühling.«
»Ich liebe das Leben.« Ich greife nach ihrer Hand, aber sie zieht sie weg.
Dann bleibt sie plötzlich stehen und atmet tief durch. »Also gut. Na schön. Es tut mir leid, okay?«
»Was denn?«
»Na ja, du weißt schon, was.«
»Ich bin derjenige, dem es leidtun sollte.« Ich entkorke die
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