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Romeo für immer, Band 02

Romeo für immer, Band 02

Titel: Romeo für immer, Band 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jay
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eingenommen? Das klingt nach einem Stoff für eine Daily Soap. Andererseits lässt sich wirklich nicht bestreiten, dass der Dylan, den ich umarme, ein ganz anderer ist als der, den ich bis Dienstagabend gekannt habe.
    »Ich verstehe nicht, was du meinst«, gebe ich zu. »Aber ich möchte es gern verstehen. Du kannst es mir erzählen … egal, was es ist.«
    »Du würdest mir nicht glauben. Jetzt nicht mehr«, antwortet er. »Du hast ja noch nie von der Geschichte gehört. Möglicherweise gibt es sie nicht einmal.«
    »Du hast mir gestern erzählt, dass die Schreie, die ich höre, durch Magie hervorgerufen werden. Obwohl das völlig bescheuert klingt, bin ich heute Morgen zu dir in den Wagen gestiegen. Und ich stehe immer noch hier bei dir und ich … « Angespannt lecke ich mir über die Lippen. Immer noch fürchte ich mich davor auszusprechen, was ich für ihn fühle. »Ich möchte dir gern helfen. Vertrau mir doch.«
    Er sieht mir lange in die Augen. Ich merke, wie seine Abwehr bröckelt und sein Schutzwall in sich zusammenfällt. Und dann kann ich ihm in die Seele blicken. Die Mauer ist verschwunden. Endlich werde ich die Wahrheit erfahren.
    »Es war einmal ein Junge namens Romeo. Er lebte vor langer, langer Zeit in Verona, einer Stadt in Italien«, beginnt er. Sein Tonfall sagt mir, dass diese Geschichte kein Märchen ist. Sie geht ihm sehr nah, das Sprechen fällt ihm schwer. »Romeo war sechzehn und voller Zorn auf seinen Vater, die Welt und auf Gott. Aber er war im christlichen Glauben erzogen worden, deshalb hätte er diesen Zorn niemals zugegeben, nicht einmal vor sich selbst.
    Er entstammte einer wohlhabenden Familie und hatte sehr viel freie Zeit, seinen Zorn zu pflegen. Und wenn Romeo einmal nicht zornig war, dann war er unglücklich verliebt. Er sah sich selbst als tragischen Liebhaber.« Er lacht, während er das Regal mit Shakespeares Werken betrachtet. »Er verliebte sich alle zwei Wochen in ein anderes Mädchen. Aber immer wieder endete seine Liebe tragisch. Kein einziges Mädchen war so vollkommen, wie er es sich erhofft hatte. Bis schließlich eine kam, die ihn völlig für sich einnahm. Sie kam aus einer sehr strengen Familie.«
    »Wie hieß sie?«, frage ich neugierig.
    »Rosaline«, antwortet er.
    »Romeo und Rosaline verstanden sich gut. Sie führten stundenlange Gespräche und unternahmen lange Spaziergänge, immer in Begleitung von Rosalines Amme, einer schwer atmenden Riesin mit einem eitrigen Geschwür am Bein. Sie roch nach Essig und erstickte jeden Gedanken an Romantik im Keim.«
    Er rümpft die Nase, doch sein Grinsen verschwindet so schnell, wie es gekommen ist.
    »Eines Tages überzeugte Romeo seine Rosaline, sich heimlich mit ihm hinter den Ställen ihres Elternhauses zu treffen. Doch statt ihn zu küssen, wie er es sich erhofft hatte, verkündete Rosaline ihm, dass sie geschworen habe, keusch zu bleiben und ins Kloster zu gehen. Sie bat ihn, sie nie wieder aufzusuchen, und verbot ihm, sie auch nur ein einziges Mal zu küssen.«
    »Und was hat der Junge dann gemacht?« Ich ahne, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist.
    Er und sein Cousin Benvolio gingen aus. Die beiden betranken sich fürchterlich und besuchten ein Fest, das vom Todfeind seines Vaters gegeben wurde. Da es ein Kostümball war, konnten sie sich unerkannt unter die Gäste mischen. Die beiden tranken den Wein ihres Todfeindes, aßen von seinen Speisen und tanzten mit den Frauen des Hauses. Als die Uhr zehn schlug, erschien plötzlich ein strahlend schönes Mädchen auf der Treppe. Romeo verliebte sich auf der Stelle in sie. Das Mädchen war schön wie die Sonne. Romeo war wie geblendet von ihr.«
    Er hat den Blick in die Ferne gerichtet. Als würde er dort das Mädchen sehen und seine Schönheit bewundern. Ein Teil von mir – der kindliche Teil, der glaubt, dass es Feen, Einhörner und Zauberei gibt, so wie man glaubt, dass es Bomben und das Internet gibt – weiß, dass diese Geschichte wahr ist. Es ist Dylans Wahrheit. Oder …
    Oder die Wahrheit eines Jungen namens Romeo.
    »Sie hieß Julia«, sagt er. »Sie war die Tochter von Romeos Todfeind, doch das spielte für ihn keine Rolle. Das Zusammensein mit ihr war wunderbar. Sie war so gut, süß und leidenschaftlich, und sie liebte ihn wie keine andere zuvor. Er hätte glücklich sein müssen.« Die Worte sprudeln jetzt nur so aus ihm heraus. »Aber das war er nicht. Und deshalb beging er den größten Fehler seines Lebens. Er verriet sie. Er tat es in bester

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