Romeo für immer, Band 02
achtzehn. Du bist volljährig.«
»Er sagt, solange ich noch zur Schule gehe, spielt das keine Rolle. Sein Anwalt behauptet, meine Eltern können mich zwingen, unter ihrem Dach zu leben, bis ich meinen Highschoolabschluss in der Tasche habe. Oder bis ich auf dem zweiten Bildungsweg die Hochschulreife erlangt habe, wozu ich natürlich bisher keine Zeit hatte.«
»Vielleicht ändern sie ja ihre Meinung, wenn du noch einmal mit ihnen redest?«
»Wann hätten meine Eltern mir jemals zugehört?«
Sie hat recht. Gemmas Wünsche haben ihre Mutter und ihren Vater nie interessiert. »Mit ihnen zu reden ist völlig sinnlos. Wir wären auch niemals zurückgekommen, wenn wir nicht dringend Geld bräuchten. Mikes Ersparnisse neigen sich langsam dem Ende zu. Wir brauchen Geld, um uns über Wasser zu halten, bis wir in Seattle Arbeit gefunden haben. Ich habe tausend Dollar und meinen ganzen Schmuck in einem Kästchen hinter meinem Schrank versteckt. Wenn wir den Schmuck versetzen, kämen wir vorerst über die Runden. Ich weiß nur nicht, wie ich an die Sachen herankommen soll.«
»Wir müssen sehr vorsichtig sein«, sagt Mike. »Ich hätte eigentlich nicht zulassen dürfen, dass Gemma aus dem Auto steigt und in den Laden geht. Aber weil kaum Autos auf dem Parkplatz standen, dachte ich … «
»Außerdem ist die Frau an der Kasse fast blind und so gut wie taub«, sagt Gemma. »Ich hätte auch nicht gedacht, dass jemand aus meinem Bekanntenkreis in diesen Laden geht.«
»So ein Secondhandladen hat eben sein ganz eigenes Flair, das darf man nicht unterschätzen«, scherze ich. Mike grinst, Gemma antwortet mit einem verächtlichen Grunzen. »Also, wenn ich euch richtig verstehe, soll ich für euch die Sachen aus Gemmas Zimmer holen.« Allein der Gedanke, dass ich ohne Gemma zu den Sloops gehen soll, verursacht mir Herzrasen. Ihre Mutter ist ein ziemlicher Snob und furchtbar hochnäsig. Und vor Gemmas Vater habe ich große Angst. Seine Augen sind irgendwie seelenlos. »Und wie soll ich das anstellen?«
»Erzähl ihnen, dass du etwas in meinem Zimmer vergessen hast, als du das letzte Mal bei uns warst. Am besten versuchst du es gleich nach der Schule, bevor mein Dad von der Arbeit kommt. Meine Mom ist dann gerade erst von den Weinproben zurückgekommen und wird sicher schon ein paar Gläser Chardonnay intus haben. Wenn sie angeheitert ist, wird sie nicht die Treppe hinaufsteigen wollen. Sie wird dich alleine hochschicken. Versteck das Kästchen in deinem Rucksack und lege ein paar T-Shirts und Pyjamas darüber. Sie wird wohl kaum den Rucksack kontrollieren. Außerdem hat sie keine Ahnung, wie meine Sachen aussehen. Du könntest im Falle eines Falles einfach behaupten, dass es deine sind. Dann verabschiedest du dich, wünschst ihr noch alles Gute und viel Erfolg bei der Suche nach mir, und schon bist du wieder draußen.«
Ich lasse mir die Sache kurz durch den Kopf gehen. Dann nicke ich. »Okay.«
»Okay?«, fragt sie überrascht.
»Ich mache es. Wie wäre es mit Samstag? Dein Vater arbeitet dann bis nachmittags um drei im Weinkeller. Ich könnte … «
»Kannst du nicht schon morgen? Bitte!«, fleht Gemma. Ich zögere. Morgen könnte mein letzter Tag mit Romeo sein. »Es wird sicher nicht länger als eine halbe Stunde dauern«, setzt Gemma nach. »Du greifst dir das Kästchen und bringst es uns ins Motel. Danach machen wir uns sofort auf den Weg, und du bist uns los.«
Mir ist klar, dass sie aus der Stadt verschwinden muss, bevor jemand sie erkennt und ihren Eltern Bescheid sagt. »Also gut«, stimme ich zu. Eigentlich dürfte die Sache nicht allzu lange dauern. Ich kann ja Romeo fragen, ob er mich fährt. »Dann versuche ich es morgen gleich nach der Schule.«
»Wirklich?«
»Na klar, was hast du denn gedacht?«
»Also … « Sie neigt den Kopf. »Ehrlich gesagt hatte ich damit gerechnet, dass es länger dauern würde, dich dazu zu überreden.«
»Nein.« Ich werfe einen Blick zurück über die Schulter. Romeo steht am Ausgang und wartet auf mich, den Anzug und das Kleid hat er über seinen Arm drapiert. Ich habe weder Zeit noch Lust, mich länger überreden zu lassen. Ich will mich endlich um mein eigenes Leben kümmern. »Es klingt machbar. Ich erledige das, wir treffen uns dann morgen Nachmittag um vier in eurem Motel.«
Gemma umarmt mich erleichtert. »Danke, Ree, du rettest uns das Leben!«
»Vielen Dank, Ariel«, sagt Mike. »Wir wohnen in Zimmer dreiundfünfzig, auf der Rückseite des Motels.« Er scheint sich
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