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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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und die Reiter in die Mitte der Arena drängten, in Myriaden Farbtupfer auf. Seine Stute wieherte und trat aus, als sie von anderen Pferden gestoßen wurde.
    «Ukita!», schrie eine unsichtbare Reiterstimme von irgendwoher. «Ukita! Fresst Scheiße!»
    «Holt den Mistkerl aus dem Sattel, wer auch immer es ist», knurrte ein Samurai vor Bennosuke und wandte einen Moment lang den Blick vom Ball ab, um zu erkennen, wer da geschrien hatte.
    Oben auf der Plattform nahm der Werfer jetzt die Schleuder in beide Hände und drehte sich mit ihr im Kreis. Männer richteten sich im Sattel auf, und ihre Pferde verfielen vollends in Galopp. Es wurde immer enger um sie her, und Bennosukes Steigbügel berührten die Flanken anderer Pferde und die Füße anderer Männer. Ukitas Samurai drängten sich um ihn und schirmten ihn ab. Vor ihnen erscholl ein Schrei, entschwand nach unten, und dann rasten ihre Pferde über irgendetwas hinweg.
    Der Werfer setzte die ganze Kraft seines breiten Rückens ein und beugte die Schultern vor. Es war eine reife Leistung, dass sich ein so großer Mann auf so kleiner Fläche im Kreis drehen konnte und dabei nicht das Gleichgewicht verlor. Der Ball befand sich nun fast auf seiner Augenhöhe. Jetzt begann der ungehemmte Galopp, und der Lärm der Hufe glich dem eines gischtweiß dahintosenden Stroms.
    Mit einem Schrei drehte sich der Werfer ein letztes Mal und ließ den Ball los. Er flog hoch empor, gleich einer wild gewordenen verfinsterten Sonne, und Hunderte behandschuhte Hände streckten sich danach in die Höhe, wie zu einem heidnischen Gebet. Ein großes Getöse erhob sich – von den Reitern, den Zuschauern und der Tribüne her. Dann fiel der Ball in der Mitte der Reiter herab und war von Bennosuke aus nicht mehr zu sehen, aber er spürte und hörte nun, wie das Gedränge schlagartig in Raserei überging.
    «Weiterreiten! Noch nicht!», schrie Kumagai, der in den Steigbügeln stand und etwas zu erspähen versuchte. Bennosuke jedoch verwendete jeden Blick, den er erübrigen konnte, darauf zu sehen, wie nah sie den Nakata waren. Die burgunderroten Männer mussten sich mitten im Gedränge befinden, denn sie bewegten sich kaum von der Stelle. Die Spitzen ihrer Banner wurden zu einem Polarstern, nach dem der Junge immer wieder seinen Kurs orientierte.
    «Ukita! Tod den Ukita!», ertönte plötzlich von vorn ein Schrei. Ein entgegenkommender Reiter tauchte urplötzlich aus dem Gedränge auf, sein Pferd mit panischem Blick und Schaum vorm Maul, das Gesicht des Reiters zornverzerrt.
    Der Reiter drängte sich zwischen sie, reckte die Arme und versuchte so, einen von ihnen aus dem Sattel zu reißen, egal wen, solange er Ukitas Farben trug. Bennosuke erstarrte und konnte nur fassungslos zusehen, wie der Mann ihn vor die Brust stieß und gleich darauf im Gedränge hinter ihm verschwand. Der Junge fiel schräg nach hinten, die Zügel flogen ihm aus den Händen. Eine Sekunde lang hing er mit rudernden Armen in der Luft, und dann spürte er, wie sein Fuß aus dem Steigbügel glitt. Er begann ins Gestampfe der Hufe hinabzurutschen.
    Doch ehe sein Fuß gänzlich über die Flanke des Pferdes nach oben rutschte, den Halt verlor und es um ihn geschehen gewesen wäre, packte ihn jemand beim Knöchel, und dann beugte sich ein anderer Ukita-Mann hinab und riss ihn am Kragen seiner Rüstung wieder hoch. Gemeinsam richteten die beiden Männer Bennosuke wieder auf, ohne dabei aus dem Tritt zu geraten. Dankbar ergriff der Junge erneut die Zügel und klammerte sich an das Pferd unter ihm wie ein Ertrinkender an ein Stück Treibholz.
    «Alles in Ordnung mit dir?», schrie einer der Männer, und der Junge nickte – mehr brachte er nicht zustande.
    «Hat einer gesehen, wer das war?», schrie ein anderer.
    «Haltet Ausschau nach ihm! Wenn er das nächste Mal kommt, kriegen wir ihn!»
    Bennosuke beachtete das nicht mehr, konzentrierte sich nur noch auf sein Gleichgewicht. Er geriet zusehends in Panik, denn es war ihm unmöglich, wieder die Balance zu finden, und die ganze Zeit drohte sich sein Banner irgendwo zu verhaken und ihn aus dem Sattel zu reißen. Die stundenlangen Reitübungen der vergangenen beiden Wochen schienen für die Katz gewesen zu sein. Bennosuke hielt sich eisern fest. Dann sah er, dass Kumagai plötzlich in die Mitte der Arena wies.
    «Da! Jetzt! Los!», schrie er und riss sein Pferd herum.
    Er hatte eine Lücke in den Kreisen der äußeren Reiter entdeckt, die ins Auge des Wirbelsturms führte, und er und seine

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