Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
Vom Netzwerk:
da über ihnen herumkasperte, und sein Magen krampfte sich weiter zusammen. Er trug diesen Knoten in seinen Eingeweiden, seit er die Ausmaße des Ganzen erblickt hatte, und er war wie ein Tumor gewachsen, seit ihm klar war, wie chaotisch alles ablief und wie unbedeutend er selbst darin war. Es war eine seltsame, egoistische Bangigkeit, aber er konnte sie nicht verleugnen.
    Überwinde das, mahnte er sich, achte gar nicht darauf. Diese Angst war nur allzu menschlich, aber er hatte einen Eid geleistet, Soldat zu sein, und ein Soldat gehorchte.
    Hinter der Kavallerie kam ein Kurier angelaufen, der keinerlei Rüstung trug und hinter den Schlachtrössern sehr klein aussah. Er blieb vor Kumagais Plattform stehen und verneigte sich. Während er nach Luft schnappend die Hände auf die Knie stützte, brachte er mühsam hervor: «Ich bitte um Verzeihung, Herr Kumagai. Befehle … keine Zeit für schriftliche Ausfertigung … richtige Signale nicht möglich …»
    «Du musst dich nicht entschuldigen, das ist mir alles nicht neu», erwiderte Kumagai immer noch grinsend und tippte mit dem Fuß an die Röhre, aus der er die Rakete abgeschossen hatte.
    «Unser höchst ehrenwerter Fürst Ukita kommt persönlich, so groß ist seine Tapferkeit», sagte der Kurier. «Er will, dass Ihr Eure Männer hinabführt und unterhalb des Walds, am Fuß des Hangs, Aufstellung nehmt. Erwartet dort weitere Befehle.»
    «Wir gehen ganz allein hinab?», fragte Kumagai.
    «Nein, nein», antwortete der Kurier und grinste vor Vorfreude. «Wir gehen alle gemeinsam. Ein großer Tag steht bevor, nicht wahr? Unser höchst ehrenwerter Fürst und seine engsten Verbündeten: die Akaza, die Uemura, die Shinmen und die Nakata, Seite an Seite. Tokugawa wird im Blut seiner eigenen Männer ersaufen.»
    Kumagai knurrte eine Bestätigung, und der Kurier eilte zum nächsten Offizier weiter. Irgendwo hatten Trommeln zu dröhnen begonnen, Schläge auf gegerbtes Rindsleder, so weit aufgespannt, wie die ausgebreiteten Arme eines Mannes reichten, und ihr Rhythmus diente Abertausenden Kriegern als Taktgeber, während die Befehle weitergegeben wurden. Ein Heer erwachte zum Leben, und der Boden schien zu erzittern.
    Ja, tatsächlich. Bennosuke hätte nicht mit Sicherheit sagen können, ob es von den Schritten herrührte oder ob ein Name, den er soeben gehört hatte, seine sämtlichen Knochen vibrieren ließ.
    Die Nakata waren hier.

Kapitel 16
    S ie marschierten in Dreierreihen hinab, jeder mit einem Speer bewaffnet. Bennosuke schritt, wie schon seit über einem Jahr, neben Kumagai, denn er war zu seinem wichtigsten Leibwächter aufgestiegen. Seit jenem ersten Zweikampf gegen Goto hatte Kumagai erkannt, über welch besondere Fähigkeiten im Schwertkampf Bennosuke verfügte, und der Anführer musste sich selbstverständlich von den besten Männern beschützen lassen. Ein stummer Hüter, ein Wachhund, dem die Zunge herausgeschnitten war – Bennosuke spielte die Rolle gut.
    Vorwärts, abwärts, sie alle versuchten, ihre Schritte nach den Trommelschlägen zu setzen. Die drangen unablässig, wie ein ferner Herzschlag durch den Nebel, doch der Boden war aufgewühlt und feucht von Tau, und viele Männer strauchelten und rutschten aus und schepperten mit ihren Speerspitzen aneinander. Das Astwerk der Bäume über ihnen bildete eine Art grauen Tunnel, und so zogen sie in die Schlacht, wie ein Aal, der sich schlängelnd in den sandigen Meeresgrund hineinwühlt.
    An einer Stelle offenbarte ihnen der Tunnel einen Samurai, der wie ein in Metall und Lack gekleideter Affe in den Ästen eines Baumes hing und ihnen zubrüllte, während sie vorüberzogen, einen irren Blick in den Augen und ein irres Grinsen auf den Lippen.
    «U! Ki! Ta!», brüllte er und betonte es mit der Faust.
    «Hwa!»
, bellten die Samurai zur Antwort.
    «U! Ki! Ta!»
    «Hwa!»
    «U! Ki! Ta!»
    «Hwa!»
    Das war ein solcher Lärm, dass Bennosukes Helm davon zu vibrieren schien. Das Brummen drang ihm in den Schädel und ließ seine Haut kribbeln. Immer mächtiger schwoll das Getöse an, während immer mehr Männer auf dem ganzen Hang sich den Rufen anschlossen. Dutzende Tunnel, Dutzende Kolonnen von Männern und Pferden, grimmig entschlossen, verängstigt oder euphorisch.
    Eine dieser Kolonnen tauchte nun kurz an ihrer Seite auf, es waren Samurai, die schräg zu Kumagais Männern vorrückten. Man konnte es zwar im Nebel nur undeutlich erkennen, aber sie waren burgunderrot gewandet. Bennosukes Herz setzte einen Schlag aus,

Weitere Kostenlose Bücher