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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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und schnell schob er sich das Visier seines Helms vors Gesicht, als könnte Nakata ihn aus dieser Entfernung inmitten all dieser Männer erkennen.
    Kumagai bemerkte die plötzliche Bewegung des Jungen und grinste, als er von Bennosukes Gesicht nur noch den Schlitz sah, der zwischen dem Helm und der matten, geschwungenen Eisenmaske frei blieb.
    «Du solltest die Maske wieder abnehmen, Musashi», sagte er. «In der Schlacht wird es höllisch stinken. Genieß die frische Luft, solange du noch kannst.»
    Der Junge hörte ihn kaum. Er starrte zu den Samurai der Nakata hinüber, bis sich ihre Wege wieder trennten und sie im nebligen Wald verschwanden.
    Er wusste nicht, warum ihm das so zusetzte. Es war zu erwarten gewesen, dass die Nakata hier sein würden. Sämtliche Fürsten waren hier. Doch dass er sie tatsächlich zu Gesicht bekommen würde, auf den Gedanken war er bis dahin nicht gekommen. Das Burgunderrot, so gedämpft es auch durch den Nebel drang, weckte etwas in ihm. Vorherrschend war natürlich das Gefühl der Scham, doch darunter war noch etwas anderes – etwas Hartes.
    Sie marschierten weiter, und bald lichtete sich der Wald, endete ganz, und sie gelangten auf einen breiten, sanften Hang. Kumagai hob die Hand, und seine Männer fächerten aus und schritten nun in Zehnerreihen einher. Sie trafen auf einen Trupp Bogenschützen, der keine Abschirmeinheit vor sich hatte, und daher bauten sie sich in loser Aufstellung davor auf, die Speere bereit.
    Es dauerte einige Zeit, bis die Tausenden anderen Soldaten aus dem Wald hervortraten und ihre Plätze fanden, aber allmählich war es so weit, und Stille senkte sich herab. Es ging kein Wind, und die Banner, die sie in Händen oder auf dem Rücken trugen, regten sich nicht. Bennosuke bemerkte, dass sich der Nebel lichtete, aber vielleicht sorgte auch die Sonne, die nun hinter den Hängen verborgen aufging, für eine bessere Sicht.
    Hinter ihm standen die Krieger aufgereiht, ihre Gesichter so grau wie der Nebel, aber die interessierten ihn nicht. Ein Tritonshorn wurde geblasen, und dann trat aus dem Wald hervor, was ihn interessierte: die Fürsten.
    Es war eine ganze Schar von ihnen und ihren Leibwächtern, alle hoch zu Ross. Sie boten in gewisser Weise einen schönen Anblick, dem Sonnenschein besser angestanden hätte als der trüb-feuchte Ausblick, der sich ihnen bot. Die Rüstungen, die sie trugen, waren vieltausendfach bewunderte Meisterwerke der Handwerkskunst, geschmückt und bedeckt mit Jacken und Umhängen aus feinster Seide, die wiederum über und über mit Stickereien verziert waren. Über den Zierden der Helme, die dem Halbmond oder Hirschgeweihen nachgebildet oder mit leuchtend weißem Pferdehaar behangen waren, drängten sich die rechtwinkligen Banner, die mit den Clan-Insignien und tausend Jahre alten Gebeten versehen waren.
    Ukita befand sich an der Spitze, saß in ganzer Pracht auf einem thronartigen Sattel, und hinter ihm ragten gleich einem Pfauenrad fünf Banner auf, die von seiner Abstammung kündeten. Die anderen Fürsten hatten sich um ihn herum formiert: Akaza, ganz in Schwarz, Uemura, der einen dunkelgrünen Farbton zu tragen schien, was aber in dem schwachen Licht nicht eindeutig zu erkennen war, Shinmen in seinem vertrauten Hellblau – und am Rand: die Nakata.
    Bennosuke hatte nur noch Augen für sie, und etwas, das lange in ihm geschlummert hatte, war mit einem Mal wieder hellwach und verlangte zu wissen, ob auch Hayato dabei war. Doch die Fürsten trugen volle Rüstung, waren weit entfernt und von Nebel und Leibwächtern verborgen. Die burgunderroten Männer waren gar nicht auseinanderzuhalten, geschweige denn, dass man erkannt hätte, ob einem von ihnen ein Arm fehlte. Der Junge spähte weiter hinüber, während Ukita seinerseits den Blick über seine Streitkräfte schweifen ließ und dann eine Handvoll Adjutanten aussandte, die die Linien abreiten und sicherstellen sollten, dass alles seine Ordnung hatte.
    Die Reiter kehrten bald zurück und meldeten Einsatzbereitschaft. Mit schwungvoller Geste zog Ukita einen großen Kriegsfächer hervor, der aus an Bambusleisten genagelten Eisenplatten bestand und geöffnet so groß war wie sein Oberkörper. Es handelte sich um ein wunderschönes Utensil, kunstvoll mit einem Kranichschwarm bemalt, der in den Strahlen der aufgehenden Sonne über den Himmel zog. Es war ein Schmuckstück, mit dem er Tausende befehligte, ein prachtvoller, tyrannischer Fetisch, und langsam hob Ukita den Fächer über den Kopf

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