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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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und Pferde hin und her manövriert wurden.
    Ukita sah sich das alles mit gleichgültiger Miene an und richtete seinen Blick dann auf die Masse seiner Speerkämpfer, Bogenschützen und Arkebusiere unten im Tal. Er sah Männer, die sich aus ihren Kampfverbänden lösten und ihre Waffen fortwarfen. Wie schnell jetzt alles ging: Erst schienen es nur eine Handvoll zu sein, dann waren es ein Dutzend, dann fünfzig, sechzig, und dann sah der große Fürst, wie sich ganze Formationen seiner Männer aufzulösen begannen wie vom Wind auseinandergetriebenes Laub.
    Einige loyale Truppenteile harrten aus und versuchten, sich weiterhin gegen den Feind zu stemmen, und andere, die hinter den Kampflinien stationiert waren, stürmten herbei und füllten die Lücken, so gut es ging, wobei sie die Fahnenflüchtigen, so sie ihrer habhaft wurden, an Ort und Stelle töteten. Doch das waren nur rare Blüten inmitten wogenden Unkrauts. Wenn man es insgesamt ins Auge fasste, sah man, dass sich eine verheerende Niederlage abzuzeichnen begann.
    Ukita wusste, was zu tun war. Siebzehntausend Mann hatte er auf dieses Schlachtfeld geführt, und nun hatten diese Männer die Ehre, sich in siebzehntausend Märtyrer seiner Sache zu verwandeln. Manch anderer konnte von dieser Zahl von Soldaten nur träumen, für ihn aber war es lediglich ein Drittel seiner Streitkräfte. Töricht die Fürsten, die hier alles aufs Spiel gesetzt hatten.
    Der große Fürst gab ein Signal, dann wendeten er und seine Reiter und verschwanden leise und unbemerkt im Wald. Hinter ihnen drängten die Tokugawa und Kobayakawa weiter voran, schwenkten mit ihrer Flanke einwärts, kesselten den Gegner ein.
    * * *
    Kazuteru drehte sich im Sattel hin und her, das Schwert in der Hand, das Pferd unter ihm nervös, und versuchte, die Ruhe zu bewahren. Die Dinge waren außer Kontrolle geraten, und es war schwierig, seinen Herrn zu beschirmen, wenn nicht mehr klar war, wo die Front der Schlacht eigentlich verlief. Er – ebenso wie alle anderen – hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging, doch er hatte die ganze Zeit das vage Gefühl, dass sich um sie her ein Verhängnis zusammenbraute.
    «Stellung halten! Haltet das Banner hoch! Sammeln! Sammeln!», schrie jemand.
    «Wir müssen hier weg! Der Fürst muss in Sicherheit gebracht werden!», schrie ein anderer, ein Leibwächter, und jetzt schrien alle durcheinander, Panik im Blick.
    Wo war Fürst Ukita, wo waren seine Generäle, wo die Nakata, die Uemura, die Akaza? Die Schar der Adligen war wie ein zersplitterter Edelstein auseinandergestoben, als sich die Schlacht gewendet hatte, und mit ihnen war die Hoffnung verschwunden, in dieses Chaos wieder so etwas wie Ordnung hineinbringen zu können. Alles war zusammengebrochen, sie alle waren verschwunden, und jetzt sah er, dass auch gemeine Soldaten die Flucht ergriffen. Was sollten sie jetzt tun?
    Kazuteru wandte sich Fürst Shinmen zu. Er war als Einziger noch ganz ruhig, hielt die Zügel straff und sah dem, was sich vor ihm abspielte, mit stoischer Miene zu. Hatte er etwa einen Plan, oder war er einfach nur wie benommen angesichts dessen, wie der Tag verlaufen war? Der Fürst bemerkte Kazuterus Blick und sah zu ihm hinüber. In seinen Augen lag eine seltsame, grimmige Ruhe.
    Dies erinnerte Kazuteru an Munisais Gesichtsausdruck, als er den Dolch vor sich gehalten hatte, um ihn sich gleich darauf in den Bauch zu rammen.
    Es war ein schlimmes Bild, das er da vor Augen hatte, eine scheußliche Erinnerung an diese grausame Welt. Viel lieber hätte sich Kazuteru an das reizende Lächeln seiner Mutter erinnert oder an die Würde, mit der sein vor langer Zeit schon verstorbener Vater seine Schwertübungen vollzogen hatte, oder an die wunderschönen Hände von Fusako, wie sie bei ihren heimlichen Spaziergängen in den Wäldern am Rande von Uji so weich und klein in seinen gelegen hatten. Diese Bilder aber vermochte er nicht heraufzubeschwören. Sie gehörten nicht hierher.
    Hinter ihnen schwoll Getöse an, sodass alle herumfuhren und eine Reiterformation auf sich zustürmen sahen, die jetzt erst in den Kampf einzugreifen schien, so sauber und unverbraucht wirkte sie. Die Reiter trugen die Farben von Kobayakawa. Die Verräter wollten sich eine Trophäe sichern: das Haupt eines Fürsten.
    Kazuteru konnte schon die Gesichter der vorderen Reiter sehen, eine Mischung aus Kampffreude und Zorn darin. Aus den Augen des vordersten Manns sprach wildes Entzücken. Er hatte ein bärtiges Narbengesicht und hielt

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