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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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Bennosuke, dass das Burgunderrot auf dem Schlachtfeld seinen Blick anzog. Es war nur ein Kampfschauplatz von Dutzenden, ein Ring aus Bannern, der unter der Übermacht eines Gegners langsam einwärts rückte. Das letzte Gefecht der Nakata, und aus dieser Entfernung sah es so winzig aus. Kleine Männchen fuchtelten mit winzigen Spielzeugstöckchen, und Standarten flatterten wie die Federn allerkleinster Vögel. Die Adligen befanden sich dort in der Mitte, der alte Fürst und auch Hayato, nahm er an, zusammengedrängt und auswärts blickend, in einer Falle, während der Wall aus Männern zwischen dem Feind und ihnen jeden Moment dünner wurde.
    Bennosuke ertappte sich plötzlich dabei, dass er bedauerte, nicht dort unten zu sein und ihnen eigenhändig den Garaus machen zu können. Er wusste aber auch, dass er mit Verlassen des Schlachtfelds auf jeden Anspruch darauf verzichtet hatte. Das Kind der Vergeltung war nicht mehr – nun war er das Kind der Amaterasu, sagte er sich. Das war die Entscheidung, die er getroffen hatte: Sein Leben nicht mehr der Rache zu weihen, sondern der zu werden, der er zu sein wünschte.
    Dennoch war da dieses ungestillte Verlangen. Er sah mit an, wie die letzten Banner fielen und die Burgunderroten überwältigt wurden und unter einem Heer verschwanden, das Siegesschreie ausstieß, um sich dann gleich anderen Feinden zuzuwenden. Er fragte sich, ob Munisai wohl zusah, wo auch immer sein Geist nun weilte.
    Sein Blick wurde auf etwas anderes gelenkt: Sekigahara war verloren, und wenn selbst Bennosuke es wusste, wussten die feindlichen Fürsten es längst. Nun konnten Heerteile abgezogen und umdirigiert werden. Aus der Mitte des Ost-Heeres löste sich ein mit Bögen bewaffneter Verband leichter Kavallerie. Sie preschten in langer Reihe hinter dem Heer hervor und rasten in vollem Galopp und bereits Pfeile auflegend die Hänge hinauf, den Fahnenflüchtigen hinterher. Es sollte ein totaler Sieg werden, und Tokugawa war sichtlich nicht geneigt, Gnade walten zu lassen.
    Bennosuke war schon außer Atem, aber nun wurde ihm klar, dass er noch viel weiter würde laufen müssen.

Kapitel 19
    A ls die Reiter die Hänge hinaufpreschten, überlegte Bennosuke kurz, sich die Rüstung vom Leib zu reißen. Er musste Ballast loswerden und brauchte mehr Beweglichkeit. Doch dafür blieb keine Zeit. Mit immer noch schepperndem Brustpanzer zwang er sich weiterzulaufen. Fast sofort bekam er Seitenstechen. Er hätte nicht stehen bleiben sollen, um sich umzusehen, das wusste er. Den Körper mit dem Versprechen einer Ruhepause voranzulocken, ließ ihn nur nach weiterer Ruhe flehen, denn das Fleisch war nun einmal schwächer als der Geist.
    Bennosuke erreichte die Hügelkuppe über dem Tal und lief auf der anderen Seite bergab weiter. Er war nicht allein, viele Männer rannten vor ihm. Das diesseitige Tal war weniger dicht bewaldet, und die in Panik geratene Herde lief zwischen den vereinzelten Bäumen und Sträuchern hindurch. Es war ein einziges Chaos: Dutzende, vielleicht gar Hunderte Männer, die blindlings dahinrannten, sich durch Gestrüpp kämpften und hohes Gras niedertrampelten.
    Hinter ihnen ertönte ein Aufschrei, als die ersten der Pfeile niedergingen, die noch hinter der Hügelkuppe blind abgeschossen worden waren. Nur wenige Männer wurden getroffen, doch viele duckten sich und schrien, während die langen Schäfte vom Himmel hagelten und rings um sie her in den Boden sausten. Schneller. Sie alle wussten, dass sie schneller fliehen mussten. Sie sogen Luft ein zwischen zusammengebissenen Zähnen und rannten und rannten.
    Es ging bergab und über weichen Grund – eigentlich ideale Bedingungen. Doch etliche Männer gerieten ins Schwanken, und auch Bennosuke begann die Sicht von den Rändern her zu verschwimmen. Munisais Worte verhöhnten ihn erneut: Wie viele Minuten hatte er gekämpft?
    Auf, wie er hoffte, halber Strecke den Hang hinab blickte sich Bennosuke im Laufen um und sah, dass die Reiter der Tokugawa ihnen auf den Fersen waren. Sie waren zwar noch weit entfernt, wirkten wie winzige Figuren auf einem Panoramagemälde, doch ihre Überlegenheit war nicht zu übersehen. Es war fast so etwas wie ein Spiel für sie: Sie kamen in leichtem Galopp den Hang herab und ließen sich Zeit beim Zielen. Dann schoss ein Pfeil durch die Luft, und ein Mann stürzte zu Boden. Sie kamen näher, wurden größer, füllten die Lücken zwischen den Bäumen aus.
    In der weiten Landschaft vor ihnen ragten kleinere, steile Hügel

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