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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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Lendenschurz.
    Bennosuke kämpfte gegen das Erröten an und zwang sich, Munisai in die Augen zu sehen. Sekunden verstrichen, in denen sein Herz pochte. Irgendetwas drohte, sich Bahn zu brechen, aber es blieb bei dem vagen Gefühl. Was immer es war, Munisai ließ es nicht zu und wandte sich ab. In seinen Augen lag ein seltsamer Ausdruck, aber es war keine Ablehnung. Das erstaunte Bennosuke. Sein Selbstvertrauen wuchs zaghaft.
    «Übst du oft mit Tasumi?», fragte Munisai, der ihm nun den Rücken zuwandte und auf das Dorf hinausschaute.
    «Ja», antwortete Bennosuke.
    «Gut. Du trägst einen edlen Namen. Es ist deine Pflicht, dich seiner würdig zu erweisen.»
    Bennosuke wusste nicht recht, was sein Vater meinte, und fragte sich, ob er auf die Probe gestellt wurde. Er überlegte, was ein Samurai antworten würde. Nach kurzem Zögern fragte er: «Geht es unserem Herrn Fürst Shinmen gut?»
    «Unser Herr erfreut sich bester Gesundheit», erwiderte Munisai, erstaunt über die Reife, die in dieser Frage zum Ausdruck kam.
    Gerade an diesem Morgen hatte er ein Schreiben von Shinmen erhalten. Als er die lackierte Briefröhre öffnete, erwartete er bestenfalls einen Verweis dafür, dass er seinen Posten verlassen hatte, und schlimmstenfalls den Befehl, zurückzukehren und die Konsequenzen auf sich zu nehmen. Doch auf dem kleinen Zettel stand lediglich:
    Widmet Euch weiter Euren Pflichten bei der Verwaltung Eures Guts in Miyamoto. Hier steht alles zum Besten.
    Die Miene des Samurai verfinsterte sich einen Moment, während er darüber nachdachte, was in seiner Abwesenheit dort wohl vor sich ging. Unwillkürlich ging ihm die Farbe Burgunderrot durch den Sinn, aber er schob diese Gedanken beiseite. Eine höfliche Unterhaltung mit dem Jungen, dem ins Gesicht geschrieben stand, was er verkörperte, war schon schwierig genug. Krampfhaft überlegte er, was er sagen sollte, doch schließlich fiel ihm nichts anderes ein als: «Übst du so eifrig, weil du ein Samurai werden willst?»
    «Ja», sagte Bennosuke.
    «Dann sag mir: Was bedeutet es für dich, ein Samurai zu sein?»
    «Man gewinnt Schlachten und Duelle und erntet Ruhm und Ehre», erwiderte Bennosuke, diesmal ohne nachzudenken. Er versuchte seiner Stimme den energischen Klang tiefster Überzeugung zu verleihen, doch Munisai entlockte er damit nur ein verächtliches Schnauben, das entfernt an ein Lachen erinnerte.
    «Du meine Güte», sagte der Samurai, «du bist aber wirklich von der Welt abgeschottet aufgewachsen, was?»
    «Was denn dann?», gab der Junge zurück, hitziger, als ihm selbst lieb war. Sein Tonfall schien Munisai jedoch nicht zu ärgern.
    «Ein Mann, der überlegt, ob er etwas essen sollte oder nicht, sollte nichts essen. Ein Mann, der sich die Frage stellt, ob er leben oder sterben sollte, sollte sterben», sagte Munisai. «Treffender habe ich es nie formuliert gehört.»
    «Das verstehe ich nicht.»
    «Ein Kind kann das auch nicht verstehen.»
    In seiner Stimme lag nichts Hartes, dennoch blickte Bennosuke zu Boden, unsicher, ob er gescholten wurde. Lehre mich, hätte er gern gesagt, doch ihm war klar, dass es lächerlich geklungen hätte. Stattdessen stand er einfach nur da und wartete darauf, dass sein Vater weitersprach. Der aber sagte nichts, und so verharrten sie schweigend.
    «Na, dann komm», sagte Munisai schließlich. Es war besser, sich in die Sicherheit dessen zurückzuziehen, was er beherrschte, und so ging er zu den Holzschwertern, die an der Wand hingen. «Zeig mir, was du gelernt hast.»
    Bennosuke zögerte, da er sah, dass Munisai nur mit einer Hand über die Waffen strich. «Aber dein Arm, Vater. Ist es nicht …»
    «Nenn mich nicht ‹Vater›», entfuhr es Munisai, und er schien über die Schärfe seines Tons ebenso erstaunt wie der Junge. Doch er fasste sich und fuhr fort: «Du bist zu alt, um so zu reden. Und mein Arm geht dich nichts an. Der einhändige Kampf mit dem Kurzschwert ist zwar nicht meine Lieblingsdisziplin, aber ich beherrsche ihn durchaus.»
    Das war nicht gelogen. Mit einem Holzschwert in der unversehrten Hand, das halb so lang war wie Bennosukes, schlug er den beidhändig kämpfenden Jungen mühelos. Munisais Hiebe kamen zunächst schnell und präzise, er parierte die Attacken des Jungen und ging dann selbst zum Angriff über. Nach und nach lockte der Samurai den Jungen aus der Reserve, forderte ihn, stellte ihn auf die Probe, und jedes Mal, wenn Bennosuke den Hauch einer Siegeschance witterte, erwies sie sich als

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