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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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brannten, schwirrten Wolken von Insekten, während unter ihnen an den Rändern der Wasserflächen Scharen glitzernder Frösche hockten und mit der Zunge nach jedem geflügelten Tierchen schossen, das ihnen zu nahe kam.
    Möglicherweise waren sie in dieser Nacht nicht die einzigen Jäger. Munisai spürte ein Kribbeln auf der Haut – das diesmal nicht nur von seinem verwundeten Arm herrührte –, blieb stehen und spähte in die Dunkelheit. Er verharrte einen Moment lang und ging dann weiter.
    Sein Weg führte bergab, bergauf, dann durch ein heiliges Tor auf das Gelände des Tempels der Amaterasu. Der Schrein selbst war in der Dunkelheit verborgen, in der armseligen Hütte aber, in der Dorinbo wohnte, brannte Licht. Die Ritzen zwischen den billigen Brettern, aus denen die Wände bestanden, sahen in der Nacht aus wie tanzende orangefarbene Linien. Es war die Behausung eines Asketen, und als Munisai anklopfte, musste er aufpassen, die dünne Tür damit nicht zu beschädigen.
    Er wartete keine Reaktion ab, sondern schob die Tür auf und leise hinter sich wieder zu, weitaus behutsamer als bei seinem eigenen Tor. Dorinbo kam aus einem der wenigen Zimmer herbei und sah den Eindringling erstaunt an. Er trug sein schwarzes Mönchsgewand, und seine Augen waren noch nicht vom Schlaf getrübt.
    «Was ist?», fragte er. «Deine Wunde?»
    «So was in der Richtung», erwiderte Munisai und konnte sich ein bitteres Grinsen nicht verkneifen. «Darf ich reinkommen?»
    Dorinbo nickte, immer noch verwirrt, und geleitete seinen Bruder in das schlichte Wohnzimmer. Auf dem Boden lag ein begonnener Brief an irgendeinen fernen Gelehrten, die Tinte noch feucht. Der Mönch legte das Blatt und seine Schreibgeräte beiseite und bat Munisai mit einer Geste, Platz zu nehmen. Steif ließ sich der Samurai im Schneidersitz nieder, während Dorinbo sich zu ihm setzte und ihn erwartungsvoll schweigend ansah.
    «Der Junge», sagte Munisai schließlich.
    «Hast du endlich mit ihm gesprochen?»
    «Ich habe es versucht, aber mir scheint, dass du es nicht getan hast …»
    «Wie meinst du das?»
    «Er hegt offenbar verworrene Vorstellungen, was seine Mutter angeht.»
    «Tatsächlich», sagte Dorinbo und setzte sich unwillkürlich aufrechter hin.
    «Er scheint zu glauben, dass sie in dem Feuer umgekommen ist», fuhr Munisai fort.
    Einen Moment lang schwiegen sie beide. In einer Ecke des Zimmers saß ein kleiner Steinbuddha im Schatten eines sorgfältig gestutzten Bonsais. Er war uralt und so verwittert, dass er kaum mehr als Figur zu erkennen war. In der unförmigen Delle seines Schoßes lag die Bonsaischere. Ihr Stahl war schwarz angelaufen, bis auf die blanke, im Kerzenlicht leuchtende Schneide.
    «Erinnerst du dich an unseren Vater?», fragte der Mönch schließlich. «Weißt du noch, die Spielchen, mit denen er uns abhärten und kleine Samurai aus uns machen wollte?»
    «Ja», antwortete Munisai.
    «Erinnerst du dich an die scharfkantigen Felsen, wenn er uns barfuß in die Berge schickte? Und das Bauchweh, wenn er uns tagelang nichts zu essen gab? Weißt du noch, wie wir uns geprügelt haben, wenn er uns nach diesen langen Tagen um ein einziges Reisbällchen oder ein Stückchen Fisch kämpfen ließ?»
    «Wie du das sagst, klingt es ja, als hätte er uns gequält. Aber das hatte alles schon seinen Sinn», meinte Munisai.
    «Erinnerst du dich, wie kalt das Meer an dem einen Morgen damals war?»
    «Ach», gab Munisai tonlos zurück, «deine ‹Malaise›.»
    «Wir waren stundenlang im Wasser. Den ganzen Winter hab ich gehustet und Blut gespuckt. Wenn die Mönche mit ihrer Heilkunst nicht gewesen wären, zu denen Vater mich geschickt hat, hätte ich das wahrscheinlich nicht überlebt.»
    «In gewisser Weise hast du es auch nicht überlebt», erwiderte Munisai mit kaltem Blick. «Der männliche Teil von dir ist dabei draufgegangen. Sie haben ihre Schwäche in dich eingepflanzt, und was hast du jetzt? Keine Schwerter und einen kahlrasierten Kopf. Und keinen Schneid.»
    «Oh, Schneid hatte ich durchaus noch», erwiderte Dorinbo. «Glaubst du etwa, Vater hat es gut aufgenommen, dass einer seiner Söhne Mönch werden wollte? Dass er dem ruhmreichen Pfad des Kriegers abschwor, dem unsere Ahnen seit Anbeginn der Zeit gefolgt sind? Er hatte eine Peitsche und ein Bambusschwert und einen ganzen Monat Zeit, sich mir zu widmen. Du bist nicht der Einzige, der Narben davongetragen hat.
    Aber ich habe mich nicht beirren lassen. Ich hatte den mir bestimmten Pfad gefunden,

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