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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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einmal vergesse ich die Beleidigung, die Ihr soeben in der Gegenwart meiner Gemahlin geäußert habt. Darüber hinaus schätze ich Euch so sehr, dass ich Folgendes billigen werde: Munisai Shinmen verübt Seppuku, und sein Sohn Bennosuke lässt sich den Kopf scheren, entsagt dem Stand der Samurai und wird Mönch. Damit ist auch der Junge bestraft. Akzeptiert Ihr das?»
    Fürst Nakata schüttelte den Kopf und ließ sich nun zum ersten Mal seine Verärgerung ansehen. Doch ehe er etwas sagen konnte, kam Hayato ihm zuvor.
    «Das ist eine höchst gütige und gerechte Entscheidung, Hoheit», schmeichelte der junge Fürst. «Der Nakata-Clan unterwirft sich selbstverständlich dankbar Eurem Willen. Darüber hinaus bekunden wir unsere Bewunderung für die Ritterlichkeit Munisai Shinmens. Von seinem Opfer wird man sicherlich noch in hundert Jahren sprechen.»
    Das Kompliment war so hohl, dass es aus Hayatos Mund wie eine Drohung klang. Munisai sah ihn argwöhnisch an. Hayato war ein guter Schauspieler – seine Miene wirkte aufrichtig. Doch auch Ukita gewahrte die Gottesanbeterin unter den Schmetterlingsflügeln, und als der große Fürst nun wieder das Wort ergriff, sah er dabei einzig und allein Hayato an.
    «Dann ist es also entschieden. Ich verfüge hiermit, dass Munisai Shinmen Seppuku verüben soll, um für das Verbrechen seines Sohnes Bennosuke zu büßen, der wiederum sein Leben als Mönch fristen wird. Ich gebe ferner kund, dass, sollte von diesem Beschluss auch nur in geringster Weise abgewichen werden, ich dies als unverzeihliche persönliche Beleidigung auffassen und den Verantwortlichen fürderhin zu meinen Feinden zählen werde.
    Zu diesem Behufe ernenne ich Fürst Shinmen, der in dieser Streitsache seine Unparteilichkeit und Treue beiden Seiten gegenüber erklärt hat, zum Richter, der dafür Sorge zu tragen hat, dass alles meinen Wünschen gemäß geschieht. Nehmt Ihr diese Berufung an, Fürst Shinmen?»
    «Selbstverständlich, Hoheit», sagte Shinmen und verneigte sich förmlich.
    Munisai lächelte innerlich, als er sah, wie es Nakata auch diesmal nicht gelang, Shinmens Blick zu erhaschen. Jetzt würde es, wenn Munisai erst einmal tot war, keine weitere Rache mehr geben. Das Ritual würde von ehrlichen Händen ausgeführt, Händen, die er selbst ausgebildet hatte. Dagegen konnte Nakata nichts mehr unternehmen.
    Er hatte ihn geschlagen – und zwar auf ehrliche Weise.
    «Gut», sagte Ukita. «So sei es. Nun lasst uns darauf trinken, und damit soll das böse Blut der Vergangenheit angehören, auf dass unsere drei Clans aufs Neue vereint seien und stärker denn je. Lasst uns trinken auf Munisai Shinmen und auf das mustergültige Leben, das er geführt hat.»
    Nein, kein mustergültiges Leben, dachte Munisai. Yoshiko würde ihn immer daran gemahnen. Aber durchaus ein mustergültiger Tod.
    Die vier anderen Männer hoben Zinnschälchen mit Sake, Munisai eines mit Wasser, alle prosteten einander zu und tranken. Das Leben war mit einem Mal schön. Munisai würde sterben, und das war gut so.
    * * *
    Bennosuke hatte die Augen so weit aufgerissen, dass sich Munisai darin gespiegelt sah. Der gab sich Mühe, keine Miene zu verziehen, ganz im Gegensatz zu dem Jungen, dessen Gesicht man jede Gefühlsregung ansah: Seine Lippen bewegten sich, er blickte verwirrt, dann wütend, dann traurig, schließlich schüttelte er den Kopf und streifte Munisais Hand von seiner Schulter.
    «Nein», sagte er.
    «Das ist die einzige Möglichkeit.»
    Bennosuke konnte das nicht akzeptieren. Fieberhaft begann er, Fluchtmöglichkeiten und Auswege zu entwerfen, doch Munisai legte ihm kühl dar, warum seine Pläne nicht funktionieren konnten. Sie konnten den Kampf nicht aufnehmen, denn sie würden schließlich doch unterliegen, und dann wären ihre Namen entehrt und würden aus der Geschichte getilgt. Nakata konnte sich nach dem Ritual nicht gegen Bennosuke wenden, da Shinmen weiteres Blutvergießen verhindern würde. Es war nicht Bennosukes Schuld: Nicht er hatte Nakata ursprünglich beleidigt, und nicht wegen ihm war Arima nach Miyamoto gekommen.
    «Nein», sagte Bennosuke noch einmal.
    Etwas anderes fiel ihm nicht mehr ein, nachdem alle Einwände widerlegt waren. Munisai sah zu, wie der Junge sich hinhockte, den Kopf hängen ließ und so verharrte, leicht vor und zurück schaukelnd, die Hände im Nacken verschränkt.
    «Das heißt es, ein Samurai zu sein, Bennosuke. Ich habe es dir schon einmal gesagt: Unser Reich ist der Tod. Du hast bisher nur

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