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Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Titel: Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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Gedächtnis. Ich wusste ja, dass man sein Gehirn durch Alkohol zugrunderichten konnte, aber dass es so schnell ging…
    »Ich lege mich heute den ganzen Tag an den Strand«, sagte Val.
    »Meine Rede.« Stefano schaute kurz zu mir und dann zu Val und zwinkerte.
    Er wusste es!
    Ich spürte, wie ich wieder rot wurde. Er wusste es wenigstens. Nie wieder, wirklich nie wieder würde ich Alkohol trinken. Na ja, höchstens, wenn ich wusste, dass etwas Unangenehmes passieren würde, etwas, was ich gerade vergessen wollte. Eine Physikarbeit, die ich sowieso verhauen würde, oder ein Wochenende mit dem Saugnapf in einem Bungalowpark oder so.
    »Sicher wenig geschlafen?«, sagte er dann auch noch. »Du siehst ziemlich übel aus.«
    Das brauchte ich gerade noch, um mich weniger schlecht zu fühlen.
    »Kriech doch noch ein bisschen ins Zelt«, schlug Val vor. »In der Sonne liegen, ist einem Kater nicht wirklich zuträglich.«
    Sie hatte recht. Mit meinem hämmernden und schlecht gelaunten Schädel war ich sowieso keine angenehme Gesellschaft.
    »Okay, dann sehe ich euch nachher am Strand.« Ich kroch ins Zelt.
    Erst am helllichten Nachmittag wurde ich wach. Mein Kopf fühlte sich noch schwer an, aber das Hämmern hatte zum Glück aufgehört. Ich ging duschen, klebte ein frisches Pflaster auf die Wunde an meiner Hand, zog meine Badehose an, meine Jeans mit den abgeschnittenen Beinen und meine Flipflops. Das Handtuch legte ich mir um den Hals.
    Die Sonne schien kräftig. Es war angenehm, die rote Baseballkappe von Val aufzusetzen. Ich kaufte mir ein Eibrötchen beim Imbiss und schlenderte dann zum Strand.
    Es war blöd, dass wir nicht verabredet hatten, wo wir uns treffen würden. Ich ging zwischen den Handtüchern durch und sah mich suchend um. Menschenfleisch – dick, dünn, braun, weiß und rot verbrannt. Ein Hund, der aus der Brandung kam und sich trocken schüttelte, ein paar Jungen mit einem Ball. Aber Val und Stefano konnte ich nirgends entdecken.
    Nach zehn Minuten gab ich es auf. Ich suchte mir einen Platz in der Nähe einer Strandbar und betrachtete das Gewimmel um mich herum. Ich bekam dasselbe miese und düstere Gefühl, das mich auch schon mal auf einer Party überkommen kann. Dann, wenn mir auf einmal schmerzlich bewusst wird, dass jeder außer mir mit jemandem spricht oder tanzt oder lacht. Meistens schaue ich mir dann höchst interessiert die CD-Sammlung an, damit es nicht auffällt, dass ich nicht dazugehöre, aber hier war weit und breit keine CD zu entdecken, wodurch meine Stimmung noch weiter unter den Nullpunkt sank. Ich begann, an allerlei unangenehme Sachen zu denken. An den steigenden Meeresspiegel, durch den bald alle unsere Fußballfelder unter Wasser liegen würden. Daran, dass ich vielleicht wahnsinnig guten Sex gehabt hatte, ohne es zu wissen. Daran, dass der Saugnapf möglicherweise meine Mutter heiraten würde. Kurzum, ich brauchte dringend Ablenkung.
    Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und rief Martijn an. Zumindest versuchte ich es, aber ich bekam seine Mailbox an die Strippe. Ich hatte keine Lust, eine Nachricht zu hinterlassen, und unterbrach die Verbindung noch vor dem Piep. Dieser dämliche Sergio de la Rosa mit seinem Experiment. Es war seine Schuld, dass ich mich jetzt hier zu Tode langweilte.
    »He, da bist du ja.« Val stand plötzlich hinter mir. »Wie fühlst du dich?«
    Deutlich besser! »Geht so.«
    »Schwimmen?«
    »Und was ist mit unseren Sachen? Ich will nicht, dass man mir zum zweiten Mal die EC-Karte klaut.«
    »Stefano passt schon drauf auf.« Sie winkte und rief ihren Bruder, der das Speisenangebot auf einem Schild bei der Strandbar studierte. Er reagierte nicht.
    »Taube Nuss.« Sie plumpste neben mir in den Sand. »Er will heute Abend hier essen.«
    Ich spähte auf ihre Beine und Brüste und alles dazwischen. Wie wahnsinnig schön sie doch war! Ich legte meinen Arm um sie.
    Sie gab mir einen Klaps auf die Hand und schob sie dann von sich. »Wir schmusen jetzt aber nicht die ganze Zeit herum, okay? Das ist sonst zu blöd für Stefano.«
    Sie schaute sich kurz um und flüsterte: »Seine Freundin hat ihm kurz vor den Ferien den Laufpass gegeben. Er tut zwar so, als würde es ihm nichts ausmachen, aber ich merke, dass er noch lange nicht darüber hinweg ist.«
    »Okay.« Ich seufzte. »Dann lass uns schwimmen gehen.«

33
    Zeit: drei Tage früher
Ort: Elmodóvar – Spanien
    Die Tage vergingen wie im Flug. Wir reisten von Hotel zu Hotel. Mit dem Bus oder per Anhalter.

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