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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Ledebour legte in seiner schlagfertigen Polemik das Schwergewicht auf drei Aspekte: Erstens hege die Sozialdemokratie
     nicht die Illusion, die Kriegsgefahr könne durch formale Rüstungsabmachungen, Schiedsgerichtsverträge oder schöne Reden von
     Regierungsvertretern völlig aus der Welt geschafft werden. Denn es blieben ja wirtschaftliche Kräfte und Bestrebungen am Werke,
     »die unter der Hand und offen auf Kriegstreibereien, auf Rüstungen hinarbeiten« 136 . Zweitens drängte er darauf, den wirtschaftspolitischen Prozeß zu forcieren. Er plädierte für kapitalistischen Freihandel,
     für vorgeschrittene Kulturpolitik und republikanische Ideen zur Demokratisierung der Staaten und zwischenstaatlicher Beziehungen.
     Drittens skizzierte er Gedanken über »Vereinigte Staaten von Europa«. Ein solcher Zusammenschluß ließe sich wohl erst im Sozialismus
     verwirklichen, doch die Staatsmänner müßten ihn vorbereiten, »um Europa später in der Weltkonkurrenz nicht vollkommen unter
     den Schlitten kommen zu lassen. […] Das ist natürlich nach Ihrer Auffassung schon ein ebenso entsetzlicher Gedanke wie der
     Gedanke einer deutschen Republik; denn Vereinigte Staaten von Europa werden selbstverständlich nicht aus einzelnen monarchischen
     Kleinstaaten gebildet werden können. Auch das ist eine Entwicklungsnotwendigkeit.« 137
    Als Karl Kautsky in der »Neuen Zeit« über die »Vereinigten Staaten von Europa« schrieb, 138 bemerkte Rosa Luxemburg in einem Brief an Kostja Zetkin herablassend: »Es ist ja ein Jammer, der Mensch lallt nur noch ganz
     unzurechnungsfähig. Diese Kateridee mit den Vereinigten Staaten Europas!« 139 Die Initiative der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion beurteilte sie sachlicher. Es sei zweifellos sehr verdienstvoll
     gewesen, »eine großzügige Debatte über die Frage des Militarismus einzuleiten und die Vertreter der herrschenden Klassen zur
     offenen Sprache zu zwingen«, schrieb sie in ihrem Artikel »Friedensutopien«. Aber »der Welt bei jeder Gelegenheit vorzudemonstrieren,
     daß unsre Partei eine unbedingte Anhängerin des Friedens und glühende Gegnerin militärischer Rüstungen ist, während die Regierung
     die Schuld an dem militärischen Wettrüsten trägt«, genüge nicht. »Unsre Aufgabe besteht […] in erster Linie darin, die Volksmassen
     über das Wesen des Militarismus aufzuklären und den prinzipiellen Unterschied zwischen |380| der Stellung der Sozialdemokratie und derjenigen der bürgerlichen Friedensschwärmer scharf und klar herauszuheben. […] Sich
     selbst und anderen klaren Wein einschenken ist allezeit die beste praktische Politik für die Partei des revolutionären Proletariats
     gewesen. Und dies ist doppelt unsre Aufgabe in der beginnenden Agitation zu den Reichstagswahlen, wenn wir nicht bloß in der
     Breite, sondern auch in die Tiefe an Macht und Einfluß zunehmen wollen.« 140
    Diese Warnung vor aufkommenden Friedensillusionen beruhte auf ihrer Erkenntnis, »daß der Militarismus mit der Kolonialpolitik,
     Zollpolitik, Weltpolitik aufs engste verknüpft ist«. Wollten die heutigen Staaten dem Wettrüsten ernstlich Einhalt gebieten,
     müßten sie beginnen, »handelspolitisch abzurüsten, koloniale Raubzüge ebenso wie die Weltpolitik der Interessensphären in
     allen Weltteilen aufzugeben, mit einem Wort, in der äußeren wie der inneren Politik das direkte Gegenteil von dem zu tun,
     was das Wesen der heutigen Politik eines kapitalistischen Klassenstaats ist« 141 . In ihren theoretischen Verallgemeinerungen verkannte Rosa Luxemburg zum einen die Chance, durch Forderungen nach Rüstungsbeschränkungen
     und Schiedsgerichten die Urheber des Rüstungswettlaufs und kriegerischer Konflikte zu entlarven, und zum anderen die Möglichkeit
     und Notwendigkeit eines Bündnisses mit bürgerlichen Friedensfreunden. Diese weckten nach ihrer Meinung zu große Illusionen
     und besäßen zu wenig Masseneinfluß.
    Andere Linke wie Paul Lensch, Anton Pannekoek und Karl Radek lehnten jedes Zweckbündnis in der Abrüstungsdebatte noch vehementer
     ab. Da die regierungsoffizielle Friedensheuchelei den Rüstungswahnsinn verdeckte und es für viele unvorstellbar war, daß irgend
     jemand einen millionenfachen Völkermord anzetteln würde, hielten die revolutionären Kräfte allein Abgrenzung für geboten.
     Schließlich mußte in der Partei jenen Paroli geboten werden, die verkündeten, die Klassengegensätze milderten sich und durch
     Vernunft und entsprechende

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