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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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einzuberufen.« 210
    Mitte August 1911 sandte Rosa Luxemburg, die wegen ihres geplanten Umzugs im menschenleeren Berlin geblieben war, Luise Kautsky
     wieder einen langen Brief in die Ferien. Sie werde von den Gruppen bedrängt, Erklärungen abzugeben, dabei wisse sie »unschuldiges
     Lamm« selbst nichts. Immerhin fühlte sie sich jetzt berufen, von der »geplanten Konferenz ›mit allen Richtungen‹« abzuraten.
     Dort »würden ja selbstverständlich nur die Handvoll ausländische Kampfhähne um das Ohr und die Seele der deutschen Depositäre
     wettschreien, und von diesen Hähnen irgendeine Einigung zu erhoffen ist purer Wahn. […] Der einzige Weg, die Einigkeit zu
     retten, ist – eine allgemeine aus Rußland beschickte Konferenz zustande zu bringen, denn die Leute in Rußland wollen alle
     den Frieden und die Einigkeit, und sie sind die einzige Macht, die die ausländischen Kampfhähne zur Räson bringen wird.« Trotzki
     prahle »in ›streng vertraulichen‹ Briefen, nun sei er der große Mann, der alles ins richtige Gleis bringen wird, die mit ihm
     zusammenhaltenden Menschewiks haben Mut geschöpft und boykottieren die vorbereitete allgemeine Parteikonferenz, und die Bolschewiks
     mit den Polen wurden durch diesen Klatsch stark desorientiert.« 211
    Um den Vorwurf des »Ungesetzlichen« der Pariser Konferenz stichhaltiger widerlegen zu können, fertigte Rosa Luxemburg einen
     mehrseitigen Auszug aus dem 2. Flugblatt der Organisationskommission vom 1. August 1911 an. Darin wurden Ursachen der schweren
     Krise der SDAPR genannt: die |403| faktische Nichtexistenz eines ZK seit 1 ½ Jahren, lose Verbindungen zwischen den lokalen Organisationen in Rußland, Verschärfung
     der Fraktionskämpfe. Auf normalem Instanzenwege könne man nicht aus der Sackgasse herausfinden, wer gegen eine allgemeine
     Parteikonferenz auftrete, wolle Chaos und Zerfall der Partei verewigen. Offenkundig entsprachen alle Passagen über prinzipielle
     Fragen der Einheit Rosa Luxemburgs Meinung, denn sie finden sich vollständig in ihrem Exzerpt, in dem u.a. steht: »Wer ist
     für die alte konspirative Russische Sozialdemokratie, die alle legalen Möglichkeiten energisch ausnutzt, aber dabei zäh festhält
     an ihrem marxistischen Programm, an ihrer unnachgiebigen Taktik, an ihren revolutionären Losungen? Und wer ist für eine um
     jeden Preis legale Partei, die der Legalität um jeden Preis ihr Programm, ihre Taktik und die stolzen Traditionen der russischen
     Sozialdemokratie zum Opfer bringt? Die große erdrückende Mehrheit der Partei wird sich schließlich auf das Erstere einigen.
     Keine vorübergehenden Differenzen werden uns daran hindern, uns alle zusammenzuschließen gegen diejenigen, die unsere alte
     Partei zerstören wollen.« 212
    Rosa Luxemburg berief sich auf jüngste Erfahrungen in der russischen wie deutschen Partei, wenn sie im August 1911 ihre Freundin
     Henriette Roland Holst eindringlich vor dem Austritt aus der holländischen Sozialdemokratie warnte. »Du weißt ja, ich war
     stark dagegen, als Du damals [1909] in der Partei bliebst, als die anderen gingen. Ich war und bin der Meinung, Ihr solltet
     alle zusammenstehen – drin oder draußen; eine Zersplitterung der Marxisten (nicht zu verwechseln mit Meinungsverschiedenheiten)
     ist fatal. Aber jetzt, wo Du aus der Partei heraus willst, möchte ich Dich mit aller Macht dran hindern. […] Das darfst Du
     nicht, das darf keiner von uns! Wir dürfen nicht außerhalb der Organisation, außer Kontakt mit den Massen stehen. Die schlechteste
     Arbeiterpartei ist besser wie keine. Und die Zeiten können sich ja ändern. In ein paar Jahren kann eine stürmische Periode
     in Holl[and] oder in ganz Europa den opportunistischen Mist wegfegen. Aber auf diese Zeiten darf man nicht draußen warten,
     man muß den Kampf, mag er noch so steril scheinen, weiter führen – bis zum Äußersten. Du bist fertig, tot für die polit[ische]
     Bewegung, wenn |404| Du abseits stehst. Tu das nicht! Du hast auch gegen die Internationale Verpflichtungen.« 213
    1991 hat Feliks Tych ein 37seitiges Manuskript Rosa Luxemburgs identifiziert, entziffert und veröffentlicht, das 1911 im Briefwechsel
     mit Leo Jogiches auch als »Credo« erwähnt wird. Der wahrscheinlich vom September bis Anfang Oktober auf persönlichen Wunsch
     von Jogiches für den Hauptvorstand der SDKPiL verfaßte Text sollte helfen, die Spaltung der russischen Sozialdemokratie zu
     verhindern. Am 11. Oktober wurde er Adolf

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