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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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agitatorisches und
     pädagogisches Vermögen in vielen Ortsvereinen großes Ansehen erworben hatte, stärkte sich die Tendenz seitens der leitenden
     Parteigremien wie der Redaktionen, ihre kritischkonstruktiven Auffassungen zu entstellen und ihren Einfluß zu begrenzen.
    Mit Genugtuung registrierte sie dagegen, daß ihr Standpunkt Resolutionen sozialdemokratischer Wahlkreisvereine in Stuttgart,
     Mülhausen (Elsaß), Chemnitz, Elberfeld-Barmen und im Herzogtum Gotha prägte. Sie versuchte frühere Parteischüler wie Jacob
     Walcher, der in Stuttgart wirkte, oder Rosi Wolfstein, die noch auf Arbeitssuche war, zu ermutigen. »Nur lustig und heiter
     alles nehmen – es muß schon obenauf kommen, was im Recht ist.« 296
    Dogmatiker haßten und fürchteten die kritische Marxistin, die in der deutschen Sozialdemokratie einen festen Freundeskreis
     besaß, der sich seit 1907 Jahr für Jahr um von ihr begeisterte junge Absolventen der Parteischule vergrößerte, und bei |434| vielen Mitgliedern, die in ihre Versammlungen und Kurse strömten, beliebt war. Es gelang ihren Widersachern nicht, sie zu
     isolieren, aber Rosa Luxemburg wußte: Die Sozialdemokratische Partei von 1913 war nicht mehr die Partei August Bebels, Wilhelm
     Liebknechts und Karl Kautskys von 1898, deren Anziehungskraft sie nicht hatte widerstehen können. Unter Hugo Haase und Friedrich
     Ebert als Vorsitzenden und einer einflußreichen Reichstagsfraktion von 110 Abgeordneten, in der sozialreformerisch orientierte
     Parlamentarier die Mehrheit bildeten, rückte sie bedenklich ab von ihrer Tradition, ihrer Programmatik und konsequenter Gegnerschaft
     zu Kapitalismus und Militarismus. Die Partei bewege sich auf einer schiefen Ebene, auf der es keinen Halt gebe, äußerte Rosa
     Luxemburg auf dem Jenaer Parteitag von 1913. Sie befürchtete: »Wenn der Krieg ausbricht und wir an dieser Tatsache nichts
     mehr ändern können und wenn dann die Frage kommt, ob die Kosten durch indirekte oder direkte Steuern zu decken sind, daß Sie
     dann folgerichtig für die Bewilligung der Kriegskosten eintreten« 297 .

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    |435| VERTEIDIGUNG
1914
    Sie wollen mich also niederhetzen
    Die Rüstungskonzerne, Großbanken und Militärs frohlockten, als die sozialdemokratische Fraktion am 30. Juni 1913 die Deckungsvorlage
     für die neuen Militärausgaben billigte. Immer dreister wurde der deutschen Bevölkerung die Aufrüstung schmackhaft gemacht.
     »Unser europäisches Kleid ist uns allzu eng geworden, mögen die Männer, die unsere Geschicke leiten, Sorge tragen, daß Deutschland
     den Platz an der Sonne erhält, den es beanspruchen darf und muß.« 1 Karl Liebknecht hatte im April 1913 mit Enthüllungen des Profit- und Machtstrebens deutscher Rüstungsmonopole in der Reichstagsdebatte
     über die Militärvorlage international Aufsehen erregt. Furchtlos hatte er ihm bekannt gewordene Praktiken über das geheime
     Zusammenspiel von Rüstungsproduzenten, Regierungsbeamten, Militärs und Kriegsideologen zu verstärktem Rüstungswettlauf und
     verbrecherischen Kriegsvorbereitungen angeprangert. »Das sind dieselben Kreise, die die Zwietracht der Völker zu Gold münzen.«
     »Das sind dieselben Leute, für die Zwietracht zwischen den Völkern säen und schüren, gleichviel aus welchem Grunde, Geld verdienen
     heißt …« 2
    Rosa Luxemburg zeigte die Zustimmung der Reichstagsfraktion, daß in den Reihen der Partei nicht mehr genügend Klarheit über
     die »Tendenzen der heutigen imperialistischen Geschichtsphase« 3 herrschte. Ganz gleich, wer die Kosten zahle, der Militarismus sei und bleibe »der mächtigste Pfeiler der politischen Knechtung
     des Proletariats« 4 ; seine Verknüpfung mit dem »monarchischen Halbabsolutismus, mit dem Verfall des Parlamentarismus, mit der Weltpolitik und
     den imperialistischen Tendenzen« 5 müsse mit aller Konsequenz bekämpft werden. Weil bei dem rasenden Wachstumstempo des Militarismus Verbrauchssteuern und Zölle
     nicht mehr ausreichten, |436| wurden die Heeresausgaben bereits zum Teil durch direkte Steuern gedeckt. Und damit nicht genug, »jede neue Stärkung des Militarismus
     führt unvermeidlich zu weiteren Forderungen des gefräßigen Ungetüms, die neue Militärvorlage verschärft enorm die internationalen
     Gegensätze, steigert das allgemeine Rüstungsfieber, macht also in nächster Zukunft todsicher neue Schröpfungen unvermeidlich« 6 .
    Rosa Luxemburg bekräftigte die sozialdemokratische Forderung nach einem

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