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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Bericht des Sekretariats des Internationalen Sozialistischen Büros, Vorbereitung des
     Internationalen Sozialistenkongresses in Wien und Fragen der Einheit der SDAPR. Von deutscher Seite nahmen Hugo Haase, Friedrich
     Ebert, Hermann Molkenbuhr und Karl Kautsky teil.
    Zur Wiederherstellung der Einheit der SDAPR wurden zwei Pläne unterbreitet: Karl Kautsky schlug vor, die Differenzen zu klären
     in einer »gemeinsamen Aussprache« mit sämtlichen Fraktionen der Arbeiterbewegung innerhalb des russischen Reiches, Russisch-Polen
     einbegriffen, die sich als Sozialdemokraten bezeichnen und das Programm der Sozialdemokratie Rußlands anerkennen.
    Rosa Luxemburg empfahl, eine »sozialdemokratische Einigungskonferenz« zur Wiederherstellung der organisatorischen Einheit
     einzuberufen. Kautskys Vorschlag wurde angenommen. Von Migräne geplagt, informierte sie am Abend sogleich Leo Jogiches von
     der kompletten Niederlage. Wie sie am Tag darauf schrieb, bestand die »Schlappe« darin, »daß K. K. in dem Antrag der Exekutive
     die Verständigung mit allen in Rußland und in Polen empfiehlt,
› die sich als Sozialdem[okraten] betrachten‹
(!), und in der Begründung ausdrücklich hinzufügt, daß er darunter sowohl die russischen Liquidatoren als auch die PPS-Linke
     versteht«. Sie sei als einzige aufgetreten, »um die einstige Einheit des ausgearbeiteten Programms und Statuts der Partei
     zu verteidigen«, denn Lenin hatte sich durch den »Quatschkopf« M. M. Litwinow vertreten lassen, und Plechanow fehlte, weil
     er aus Protest gegen die Spaltung der sozialdemokratischen Fraktion in der IV. Duma als Delegierter des Internationalen Sozialistischen
     Büros demissionierte.
    Karl Kautsky hatte Rosa Luxemburg entgegnet,
» die alte Partei ist tot, und wir können sie nicht mehr wiederherstellen, man muß eine neue schaffen
«. Seiner Kontrahentin blieb nur, um Formulierungen zu ringen – mit mäßigem Erfolg: »Er hat |439| aber auf mein Verlangen nur so viel nachgegeben, daß man die Stelle,
alle, die sich als Sozialdemokraten betrachten
, ersetzte durch
› alle, die das Parteiprogramm anerkennen‹
(verstanden als das bestehende Programm der alten Partei). Daraufhin hat jedoch einer von der Linken [der PPS] (Lapiński)
     gleich ein Amendement eingebracht:
› oder ein mit diesem gleichbedeutenden Programm‹
(wörtlich erinnere ich mich nicht mehr genau), was K. K. sofort akzeptierte und was wieder den lebhaften Beifall der Russen
     fand. Mein Amendement hingegen wurde von Vandervelde in der Form akzeptiert, daß sich die Exekutive selbstverständlich vor
     allem mit den russischen und polnischen Vertretern der russischen Sozialdemokratie verständigen wird. […] Die Situation ist
     also so, daß die Leninisten und Plechanow faktisch im Büro
ausgeschaltet
sind, und die Liquidatoren und die [PPS-]Linke
machen sich breit
. Was daraus wird, ist schwer zu sagen. Mit Gewalt können sie uns selbstverständlich mit niemandem vereinigen, aber die Situation
     wird dumm sein.« 15 Lenin attackierte Rosa Luxemburg heftig.
    Weihnachten verbrachte Rosa Luxemburg in Stuttgart bei den Zetkins. Ihr fehlte Muße, wollte sie doch im bevorstehenden Prozeß
     ihre gewachsene Angriffslust und Argumentationsstärke zum zentralen Thema »Militarismus und Antimilitarismus« demonstrieren
     und beweisen, wie groß der Kreis ihrer Anhänger war, trotz der Versuche maßgeblicher Funktionäre der deutschen Sozialdemokratie,
     sie zu verleumden und zu isolieren.

Ein Sozialdemokrat flieht nicht
    Am 20. Februar 1914 fand vor der 1. Strafkammer des Landgerichts in Frankfurt (Main) die Hauptverhandlung im Prozeß gegen
     Rosa Luxemburg statt. Sie war der Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und gegen Anordnungen der Obrigkeit angeklagt.
    Rosa Luxemburg setzte gleich zu Beginn die Richter in Erstaunen, als sie auf die Frage des Vorsitzenden, ob sie die ihr zur
     Last gelegten Worte geäußert habe, antwortete: »Ja, ich |440| habe diese Worte gesprochen, bestreite aber, daß sie den Sinn und die Tendenz hatten, die ihnen von der Anklage unterlegt
     werden, und behalte mir es vor, am Schluß der Verhandlung meine Auffassung im Zusammenhang darzulegen.« 16 Henrici, Redakteur der »Frankfurter Warte«, konnte in der Verhandlung lediglich den in der Ausgabe dieses Blattes vom 27.
     September 1913 zitierten Satz wiederholen – ein recht dürftiger Beweis, zumal Polizeiwachtmeister Sperzel, der die Versammlung
     überwacht hatte, bezeugte, daß er

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