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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Jean Jaurès, Edouard Vaillant, Jules Guesde, Marcel Sembat, Jean
     Longuet aus Frankreich, Angelica Balabanoff, Oddino Morgari aus Italien, Fabra Ribas, Corales aus Spanien, Ilja Rubanowitsch,
     Paul Axelrod aus |460| Rußland, Winter, Otto Braun aus Lettland, Rosa Luxemburg, Walecki aus Polen, Stauning aus Dänemark, Troelstra aus Holland,
     Émile Vandervelde, Edouard Anseele, Louis Bertrand, Camille Huysmans aus Belgien und Carl Moor, Robert Grimm aus der Schweiz. 64 Die meisten kannte sie seit vielen Jahren, mit nicht wenigen von ihnen stand sie in persönlichem Kontakt. Es fehlten allerdings
     der serbische Delegierte, Friedrich Ebert von der deutschen Delegation und M. M. Litwinow als Delegierter der Bolschewiki.
     Zwei Fragen standen im Vordergrund: die internationale Lage und der internationale Kongreß. Vandervelde führte den Vorsitz.
    »Nur die wenigsten unter den Anwesenden, so Jaurès und Rosa Luxemburg«, erinnerte sich Angelica Balabanoff, »schienen sich
     Rechenschaft davon zu geben, was der Arbeiterklasse harrte.« 65 Über die Brüsseler Tagung erschien kein Bericht. Erst in den 60er Jahren konnte Georges Haupt das relativ knapp gefaßte Protokoll
     veröffentlichen. Rosa Luxemburg ergriff in der Diskussion zweimal das Wort. Sie drängte am 29. Juli auf rasches und entschlossenes
     Handeln und bezeichnete den Kampf gegen den Krieg als wichtigstes Thema des bevorstehenden Internationalen Sozialistenkongresses.
     Und am Schluß schlug sie eine Resolution vor, die dem russischen Proletariat für sein revolutionäres Verhalten tiefe Anerkennung
     aussprach und es im Kampf gegen den Zarismus bestärken sollte, die einstimmig angenommen wurde. 66
    Zu Beginn gestand Victor Adler offen die Ohnmacht gegenüber dem Krieg mit Serbien ein. Dem nationalistischen Taumel der Massen
     könne die Sozialdemokratie Österreichs nichts entgegensetzen. Die bestehenden Arbeiterorganisationen und in erster Linie die
     eigene Partei zu retten sei das einzige, was man unter den gegebenen Umständen tun könne.
    Der damals bereits schwerkranke Mann glich nur noch dem Schatten jenes Politikers, in dem Kautsky nach dem Tod Bebels den
     geistigen und moralischen Führer der Internationale gesehen hatte. Wie sein Sohn Friedrich, der ihn nach Brüssel begleitet
     hatte, später erzählte, war er mit der Überzeugung gekommen, »daß es unmöglich war, irgendetwas gegen den Krieg zu unternehmen« 67 . In Brüssel teilte diese dramatisierende und zugleich völlig passive Anschauung nur der tschechische |461| Delegierte Nemec. Aber Adlers völlige Kapitulation vor dem Krieg zeigte in nuce das Schicksal, das fast alle sozialdemokratischen
     Parteien in wenigen Tagen ereilen sollte: Der Opportunismus und Nationalismus in den eigenen Reihen hatten sie aktionsunfähig
     gemacht.
    Rosa Luxemburg war wie viele der Anwesenden erschüttert über so viel hoffnungslose Perspektive. Wie Fabra Ribas notierte,
     bat sie andere Teilnehmer, auf die Worte Adlers »mit energischeren Worten [zu] antworten und mit Tatsachen, die mehr sagen
     als alle Reden; Morgari und Axelrod müssen über die Kampagnen berichten, die unsere italienischen und russischen Freunde gegen
     den Krieg unternommen haben. Erzählen auch Sie, was sich in Spanien im Juli 1909 ereignet hat.« 68 Die Sitzung könne nicht in einer solchen Atmosphäre fortgesetzt werden. Doch nur Haase wagte es, vor Resignation und Passivität
     zu warnen. Wie er und Jaurès berichteten, waren die französischen und deutschen Sozialisten nach Aussprachen mit den leitenden
     Männern ihrer Regierungen überzeugt, daß diese keinen Krieg wollten.
    Was zu tun sei, wenn der Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien sich, wie auf dem Internationalen Sozialistenkongreß
     in Basel vor zwei Jahren vorausgesagt, zu einem Weltkrieg ausweite, wurde nicht erörtert. Die einstimmig angenommene Resolution
     verpflichtete die Proletarier der betroffenen Länder lediglich, »Demonstrationen gegen den Krieg und für den Frieden und eine
     schiedsgerichtliche Regelung des österreichisch-serbischen Konfliktes […] noch zu verstärken«. 69 Nur ein konkreter Beschluß wurde gefaßt: den Internationalen Sozialistenkongreß von Wien nach Paris zu verlegen und für den
     9. August 1914 einzuberufen.
    Am Abend des ersten Sitzungstages fand im Cirque Royal in Brüssel ein großes internationales Meeting statt, auf dem die Delegierten
     der wichtigsten Länder den Frieden in leidenschaftlichen Reden

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