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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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verraten, sondern
     um sie gegen die gesamte kapitalistische Welt, ihre verbrecherischen Ränke, ihre infamen Lügen und ihre elenden Phrasen vom
     ›Vaterland‹ und von der ›Freiheit‹ geschlossen zu verteidigen und auf den Trümmern des blutigen Imperialismus siegreich aufzupflanzen.« 113 Noch machten Millionen den Krieg mit.
    Die Regierung Deutschlands befürchtete allerdings, daß sich dieser Zustand ändern könnte, je länger der Krieg die Bevölkerung
     ausblutete und belastete. Entschiedene Kriegsgegner wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mußten isoliert werden. Am ersten
     Weihnachtsfeiertag erhielt Rosa Luxemburg vom Frankfurter Landgericht den Strafantrittsbefehl und die Genehmigung, die Strafe
     von einem Jahr in einem Berliner Gefängnis absitzen zu dürfen. Tiefer Schmerz und wütender Haß durchzuckten sie, als sie,
     ernstlich erkrankt und mit Mimi allein, das Gerichtsschreiben entgegennahm. Niederschmettern ließ sie sich dennoch nicht.
     Wochen vorher hatte sie mit einer gehörigen Portion politischer Ironie an Hans Diefenbach geschrieben: »Vor einem halben Jahr
     freute ich mich darauf wie ein Fest, heute fällt mir diese Ehre an die Brust wie Ihnen das eiserne Kreuz. Nun, ich tröste
     mich, daß ich zum Schluß des Krieges denn doch schon wieder Luft atme, wir ziehen wohl beide gleichzeitig in die Hauptstadt.
     Sie mit Eichenlaub um die Stirn als Sieger, Ich – als Ihre weiße Ehrenjungfrau. |480| Der Bundesrat rechnet nämlich in seiner gestrigen Kundgebung über die Höchstpreise mit einer Kriegsdauer bis über die Ernte
     1915 hinaus, die englische und die russische Presse ebenso. Prosit Mahlzeit!«

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    |481| AUFLEHNUNG
1915 – 1918
    Es gibt keinen Grund zur Unruhe
    »Ich habe wohl Gelbsucht oder etwas Ähnliches, weil ich so zerschlagen bin, daß ich mich kaum rühren kann, und so, wie ich
     aussehe, möchte ich mich auch nicht bei Euch zeigen« 1 , schrieb Rosa Luxemburg am 27. Dezember 1914 an Kostja Zetkin. Ihre Freunde sollten wissen, warum sie die Feiertage nicht
     bei ihnen verbracht hatte. Sie behauptete zwar, es handle sich um nichts Ernstes, mußte sich aber doch vom 8. bis 24. Januar
     1915 ins Auguste-Victoria-Krankenhaus in Schöneberg begeben, wo ein Magengeschwür und ein chronisches Magenleiden diagnostiziert
     wurden. Auf Antrag ihrer Rechtsanwälte erhielt sie Strafaufschub bis zum 31. März 1915.
    Aber bis dahin war noch viel zu erledigen, wollte sie doch mit dafür sorgen, daß aus den ersten Ansätzen von Antikriegsarbeit
     öffentlicher Protest erwuchs. Die neue Zeitschrift sollte endlich ans Tageslicht kommen, und sie wollte darin ihre Meinung
     zur neuen Situation für die Arbeiterbewegung darlegen. Schließlich mußte sie regeln, wer sich um ihre Finanzen und Beköstigung
     kümmerte, wer sie mit Wäsche versorgte und ihre Wohnung sowie ihre Katze betreute, wenn sie im Gefängnis saß. Während sie
     im Krankenhaus lag, wurde Mimi von ihrer Aufwartefrau und Leo Jogiches versorgt. Rosa Luxemburg hatte ihn gebeten, der Katze
     jeden Tag mehrere Stunden in ihrer Wohnung Gesellschaft zu leisten.
    Rosa Luxemburg wurde von Leo Jogiches, Mathilde Jacob, den Mehrings und vielen anderen so oft besucht, daß sie bald etwas
     Einhalt gebieten mußte. »Nach einer miserablen Nacht soll ich nämlich vorerst alle Besuche absagen, da ich deren gestern sechs
     erhielt und man das hier bei aller Höflichkeit etwas scheel ansieht.« 2 Mathilde Jacob erfüllte ihre Bitte, einstweilen nur allein zu kommen, mit Hingabe. Seit ihrer Teilnahme |482| an Rosa Luxemburgs Neuköllner Sonntagsvorträgen über die »Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus« im Herbst 1914 waren
     sich beide über die Zusammenarbeit für die »Sozialdemokratische Korrespondenz« hinaus nähergekommen. Mathilde Jacob hatte
     dem Lob des Kursusleiters zugestimmt: »Mit euch, Frau Doktor, zu spazieren, ist ehrenvoll und bringt Gewinn« – zumal es ein
     Wort von Goethe variierte, den sie beide verehrten. Und sie war beglückt, als Rosa Luxemburg ihr antrug: »Sie müssen mich
     einmal besuchen, erstens Mimis wegen, zweitens meiner Bilder wegen und drittens, um mir eine Freude zu machen.« 3 Ab Januar 1915 kam sie diesem Wunsch nach und wurde für Rosa Luxemburg bald zu einem »aufopfernden Prachtkerl« 4 , der für alles sorgte. Als treue Seele imponierte sie auch Leo Jogiches. Er widmete sich mit ganzer Kraft der deutschen Bewegung,
     da die Kontakte nach Polen mit Beginn des Krieges

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