Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.
sozialistischen Weltrevolution,
nach dem rücksichtslosen Machtkampf des Proletariats um die Befreiung der Menschheit vom Joch des Kapitals. Dieser richtungweisende
Kompaß, dieser vorwärtstreibende Keil, der proletarisch-sozialistische Sauerteig der Revolution zu sein – das ist die spezifische
Aufgabe des Spartakusbundes in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zweier Welten.« 68
Im Festsaal des preußischen Abgeordnetenhauses in Berlin beschlossen an diesem Tag die Delegierten, unter ihnen ein Vertreter
des Roten Soldatenbundes, ein Vertreter der Jugend und Gäste, in nichtöffentlicher Sitzung gegen drei Stimmen – die von Werner
Hirsch, Leo Jogiches und Carl Minster – sich von der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei zu trennen und eine eigene Partei
zu gründen. Rosa Luxemburg hatte bis zuletzt vor diesem Schritt gezögert. Als jedoch in der USPD keine Möglichkeit für kritische
Auseinandersetzungen über den Verlauf der Revolution mehr gegeben schien, stimmte sie dafür.
Am 30. Dezember 1918 konstituierten sich die Delegierten der Reichskonferenz des Spartakusbundes als Gründungsparteitag der
Kommunistischen Partei Deutschlands. Über die Bezeichnung der Partei gingen die Meinungen auseinander. Auch Rosa Luxemburg
hatte am Vortage noch für »Sozialistische Arbeiterpartei« plädiert. Nach den Referaten von Karl Liebknecht und Hugo Eberlein
und einer nochmaligen Debatte entschied sich die Mehrheit für den Namen »Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund)«,
den Fritz Heckert vorgeschlagen hatte.
Als Vorsitzende des Parteitages wurden Wilhelm Pieck und Jacob Walcher gewählt. Die Tagesordnung sah sechs Punkte vor: Die
Krisis der USP, Referent: Karl Liebknecht; Die Nationalversammlung, Referent: Paul Levi; Unser Programm und die politische
Situation, Referent: Rosa Luxemburg; Unsere Organisation, Referent: Hugo Eberlein; Wirtschaftliche Kämpfe, Referent: Paul
Lange; Internationale Konferenz, Referent: Hermann Duncker. Ernst Meyer begrüßte die Delegierten und Gäste, und bevor die
eigentliche Tagung begann, beschloß die Konferenz, an Franz Mehring und Clara Zetkin |610| Telegramme zu senden, da beide aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnten.
Karl Liebknecht begründete am ersten Verhandlungstag ausführlich die Notwendigkeit, sich organisatorisch von der USPD zu trennen,
da sie infolge ihrer Prinzipienlosigkeit in Theorie und Praxis unfähig sei, revolutionäre Massenaktionen zu leiten. Er erhob
schärfste Anklagen: »Sie haben seit dem 9. November mit Ebert-Scheidemann zusammengewirkt und damit zweierlei getan. Sie haben
erstens als Feigenblatt gedient für die Ebert-Scheidemann. Sie haben den Eindruck der Einigkeit, die Parole der Einigkeit
vertreten, der Einigkeit mit den Mehrheitssozialisten durch ihre Zusammenarbeit. Sie haben in den Massen das Gefühl für einen
Unterschied zwischen der Politik der USP und [der] der Mehrheitssozialisten geradewegs verwischt. Sie haben damit als Feigenblatt
gedient nicht nur für die Ebert-Scheidemann, sondern für die ganze Gegenrevolution, deren geheime Agenten die Herren Scheidemann,
Ebert und Genossen sind.« 69
Hugo Eberlein erklärte, daß der Parteitag zu entscheiden habe, ob »wir wie bisher ein Wahlverein sein« wollen oder »in Zukunft
wirklich das werden, was wir uns als Ziel gesteckt haben: eine revolutionäre Kampforganisation? Wenn wir diese Frage bejahen,
dann müssen wir von vornherein alles ausscheiden, was bisher an organisatorischen Grundlagen vorhanden gewesen ist, wir müssen
beginnen, von Grund auf neu aufzubauen …« 70
Nach der endgültigen Konstituierung der Partei erhielt Karl Radek als Vertreter der russischen Sowjetrepublik das Wort. Er
sprach über Erfahrungen der Oktoberrevolution, versicherte, das enge Kampfbündnis zwischen dem Proletariat Rußlands und Deutschlands
werde gehütet, und verwies auf die Traditionen des gemeinsamen Kampfes: »Ihr werdet als Nachahmer der russischen Revolution
dargestellt, Ihr werdet als Agenten Sowjetrußlands dargestellt. Was die Nachahmung anbetrifft, so hat die russische Revolution
unendlich viel gelernt von dem deutschen arbeitenden Volk. Das, was wir jetzt in Rußland verwirklichen, das ist nichts anderes
als die große unverfälschte Lehre des deutschen Kommunismus, den Marx vor der Arbeiterklasse der ganzen Welt vertrat. Unsere
Orientierung, der Gedanke |611| des Rätesystems, ist empirisch
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