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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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und so überspannt, daß mir beim Lesen fast übel wird.« 187 Er möge seine »verbissenen Unterstreichungen« in seinen Briefen unterlassen. Sie bereiteten ihr direkt Nervenschmerzen. »Denke
     nicht, daß die ganze Welt aus Idioten besteht, die nur dann die Bedeutung von etwas Geschriebenem verstehen, wenn sie eins
     auf den Schädel bekommen mit dem dicken Knüppel der Unterstreichung von Worten.« 188 Wütend konterte sie, wenn er »Unordnung« monierte, sei es in den Finanzen, in der Kleidung, in der Wohnung oder im System
     bzw. in der Richtung ihrer Arbeit. Mein Ehrenwort, erwiderte sie dann, »in meinem Leben ist nur dann Unordnung, wenn wir zusammen
     sind, denn das ist immer unter irgendwelchen Ausnahmebedingungen, unter verrückten Umständen. |140| Aber so herrscht bei mir in den Sachen und in der Arbeit eine mustergültige Ordnung.« 189
    Beide schufen sich zusätzlich selbst unerträgliche Situationen. Fast über das ganze Jahr 1899 quälten sie sich mit dem Gedanken,
     wie und wann sie Rosa Luxemburgs Vater beibringen könnten, daß sie verlobt seien. Erst am 24. Oktober 1899 teilte Rosa Luxemburg
     Leo Jogiches erleichtert mit, sie habe an Papa geschrieben, »daß wir im Frühjahr vielleicht heiraten werden. Wir haben über
     diese Seite der Angelegenheit überhaupt noch nicht miteinander gesprochen, aber das kann man nicht übergehen: Wir müssen etwas
     in der Art einer Hochzeit machen und Deinen Bruder und meinen Vater einladen. Ich kann das dem Vater nicht abschlagen, das
     ist die einzige Freude, die er noch im Leben erwartet. Aber für alles das braucht man viel Geld!! Woher werden wir es nehmen?!« 190 Aber dennoch ließ sie ihren Vater immer wieder vergeblich auf Post und auf Entscheidungen warten. »Liebe Ruziunia!« schrieb
     der Vater am 25. Januar 1900 betrübt.: »Da ich so lange keine Nachricht und Antwort auf meine Briefe und meine letzte Karte
     vom [Tagesdatum fehlt] d. M. habe, bin ich sehr beunruhigt. Ich liege schon die dritte Woche im Bett. Ich bitte Dich, erbarme
     Dich und schreib mir postwendend über alles, worum bittet Dein Dich liebender Vater EL.« 191
    Bevor Rosa Luxemburg und Leo Jogiches hätten heiraten können, mußte ihre Scheinehe mit Gustav Lübeck gelöst werden. Am 18.
     Februar fuhr Rosa Luxemburg nach Zürich, um den Scheidungsprozeß zu beschleunigen. Aber sie erreichte nichts. Die Züricher
     Gerichte betrachteten sich für Scheidungsklagen deutscher Staatsangehöriger als nicht kompetent. Als sie am 15. März 1900
     nach Berlin zurückkehrte, fand sie neben der Geburtstagskarte einen neuen besorgten Brief des Vaters vor. Er sei zwar zufrieden,
     daß sie nicht herumführe, schrieb er, »daß Du am Ort immer Arbeit hast, ohne Dich zu gefährden und ruhig, aber ich wundere
     mich, daß Du über Dich nicht mehr schreibst. Vor einigen Monaten schriebst Du, daß der Bruder von Herrn Leon damit beschäftigt
     ist, das Vermögen zu ordnen und unter ihnen zu verteilen, ich bin neugierig, wieviel auf Leo fällt und möchte, wie ich schon
     schrieb, daß Euer Bund glücklich beschleunigt wird.« 192
    |141| Rosa Luxemburg verschloß sich abermals den Fragen ihrer Angehörigen. Ihr war selbst nicht klar, wie es in den persönlichen
     Dingen weitergehen sollte. Im Unterbewußtsein schienen sich bei ihr Zweifel einzustellen, ob Leo Jogiches wirklich der Mann
     war, mit dem sie dauerhaft verbunden sein wollte. Und wie stand es um seine Gefühle? Sie schloß aus der ganzen letzten Zeit,
     wie sie ihm am 24. April 1900 schrieb, »daß Du … aufgehört hast, mich zu lieben, daß Du vielleicht sogar von jemand anderem
     in Anspruch genommen bist, daß ich jedenfalls aufgehört habe, für Dich der Mensch zu sein, der imstande wäre, Dich im Leben
     glücklich zu machen – sofern das überhaupt möglich ist. […] Weißt Du gut, was in Dir vor sich geht?« 193 Rosa Luxemburg hoffte dennoch, daß ihr Verhältnis Bestand habe.
    Das Selbstwertgefühl der nun fast dreißigjährigen Frau war in Berlin enorm gewachsen. Ihre Entscheidungssicherheit festigte
     sich, je mehr sie von ihren neuen Freunden in der deutschen Sozialdemokratie als unübertrefflich gelobt und umworben wurde.
     Von ihrem Können überzeugt, ließ sie die Bemerkung fallen, die deutsche Partei habe keine Leute mit Kopf und Charakter und
     sie werde in einem Jahr tonangebend für die gesamte Parteipresse sein. 194
    Nachdem sie 1898/99 um des Erfolges willen auf viele persönliche Annehmlichkeiten verzichtet und

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