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Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem.

Titel: Rosa Luxemburg - Im Lebensrausch, trotz alledem. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annelies Laschitza
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Der Genosse, der sie zu einem entlegenen Versammlungsort geleiten sollte, verfehlte schließlich
     noch den Weg. Sie blieben bei Frost im Schnee stecken. Als sie viel zu spät in der Hütte auf freiem Feld ankamen, löste der
     Kommissar die Versammlung auf, weil es dunkelte und keine Beleuchtung vorhanden war. Die Erschienenen waren nicht weniger
     wütend als Rosa Luxemburg. Sie kochte innerlich, nutzte jedoch den ebenso beschwerlichen Heimweg und eine Zusammenkunft in
     kleinerem Kreis am folgenden Tag zu informativen Gesprächen.
    Trotz der widrigen Umstände gab Rosa Luxemburg nicht auf. »In den folgenden Tagen versammelten wir uns also einmal in Kattowitz,
     dann in Zabrze oder in Laurahütte mit den dortigen Vertrauensleuten, zugleich Vertretern der PPS. Die Kerle freuten sich mächtig
     über meine Anwesenheit, schütteten ihr Herz aus, schöpften zu mir großes Vertrauen und holten |144| schließlich die Frage meines Verhältnisses zur PPS vor. Ich informierte sie in Kürze, sie wollen diese Angelegenheit unbedingt
     auf dem nächsten PPS-Parteitag zu Ostern anschneiden, sie wollen mir ein Mandat geben und drohen, wenn die Berliner auch nur
     das geringste gegen mich sagen, daß ganz Oberschlesien gegen sie aufstehen wird. Hinsichtlich der polnischen Frage stehen
     sie völlig auf unserem Standpunkt. Sie ließen sich auch meine Anschrift geben, und wir werden korrespondieren, und die Parteitagsdelegierten
     aus Oberschlesien werden mich hier besuchen.
    Diese vertraulichen Gespräche brachten mir und der Sache einen größeren Nutzen als die öffentlichen Versammlungen, denn wir
     sind uns persönlich nahegekommen. […] (Sie meinten nur, sie hätten eine andere Vorstellung von mir gehabt: ›dick und groß‹.)
    Wie sich gezeigt hat, ist auch die Berliner PPS sehr versöhnlich gestimmt. Sie haben in der ›Gazeta Robotnicza‹ nicht nur
     zweimal meine Versammlung angekündigt, sondern auch Winter geschrieben, daß sie sich sehr freuen, daß ich in Oberschlesien
     agitiere […].
    Endlich kam meine letzte Versammlung am Sonntag [in Bielschowitz]. […] Es versammelten sich so viele Leute wie noch nie: ganze
     hundertfünfzig, was für die dortigen Verhältnisse sehr viel ist (wirklich!), denn sie kommen aus der Umgebung bis zwei Stunden
     Fußweg zusammen. Vorneweg dankte mir Winter mit einigen Worten öffentlich für mein Erscheinen, danach hielt ich die Rede –
     genau eine Stunde. Es ging sehr gut, und sie unterbachen mich einige Male mit Beifall, zum Schluß klatschten sie ›donnernd‹
     Bravo und brachten
Hoch
rufe
auf mich aus. Nach der Versammlung kam ein alter Bergmann zu mir, tätschelte mir das Gesicht und sagte: ›Gut hast Du das gemacht‹…« 198
    Rosa Luxemburg konnte unermüdlich sein und beschwerliche Situationen meistern, wenn sie meinte, daß es der sozialdemokratischen
     Bewegung dient und ihren persönlichen Einfluß in dieser stärkt. Erneut hatte sie erleben können, wie wichtig in Gebieten mit
     einem großen polnischen Bevölkerungsanteil sozialdemokratische Agitation in polnischer Sprache war, »ein polnisches Wort wirkt
     doch ganz anders als das |145| fremde deutsche« 199 . Mit Wilhelm Pfannkuch, neben Ignatz Auer einer der beiden Sekretäre des Parteivorstandes der deutschen Sozialdemokratie,
     hatte Rosa Luxemburg schon im November besprochen, wie die Unterstützung der Agitationsarbeit unter der polnischen Bevölkerung
     verbessert werden müßte.
    In Preußen lebten 1900 etwa drei Millionen Polen. Da in allen öffentlichen Veranstaltungen wie in den Schulen nur deutsch
     gesprochen werden durfte, war die sozialdemokratische Aufklärungs- und Organisationsarbeit sehr erschwert, aber dennoch möglich.
     Auf Initiative der deutschen Sozialdemokratie war bereits im Dezember 1890 die Vereinigung polnischer Sozialisten in Berlin
     gegründet worden. Im September 1893 konstituierte sich diese mit anderen polnischen sozialistischen Gruppen zur Polnischen
     Sozialistischen Partei (PPS) des preußischen Teils von Polen. Sie war bis 1903 ein autonomer Bestandteil der Sozialdemokratischen
     Partei Deutschlands. Ebenfalls mit Unterstützung der deutschen Partei wurde in Berlin seit 1891 die polnischsprachige Wochenschrift
     »Gazeta Robotnicza« herausgegeben. Mitherausgeber war August Stanislaw Berfus, seit 1892 Sekretär der Vereinigung Polnischer
     Sozialisten in Berlin. Von 1893 bis 1905 war Berfus Vorsitzender der PPS in Preußen. Redakteur der »Gazeta Robotnicza« war
    

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