Rosa
einzige Deckung dort, ein großer Weißdorn, war vor drei Jahren von irgendeiner Kontrollbehörde mit gelber Farbe markiert und wegen der grassierenden Ulmenkrankheit anschließend ausgerupft und in den Verbrennungsofen gesteckt worden.
Durch die Seitenfenster hörte ich in der Ferne das ununterbrochene Rauschen des Verkehrs und in der Nähe nur das Pfeifen von Bernhard der Kröte, einem Freund von Hanna, der unter alten Dachpfannen am Birnbaum hauste und dann und wann zu Hanna ins Planschbecken zum Baden kam.
Der BMW war noch nicht ganz abgekühlt und der Motor sprang fast geräuschlos an. Ich fuhr ohne Licht den Deich hinauf und bog links ab. Der Deich schlief. Ich sah keine Scheinwerfer und hörte nirgendwo ein Auto starten. Am wahrscheinlichsten war, dass sie auf der Landstraße oder der Auffahrt zur Autobahn Utrecht-Den Bosch auf mich warteten, deshalb überquerte ich am Ende des Polderdeichs so langsam wie möglich die Querstraße und bog in das Dorfzentrum von Rumpt ab. Erst dort schaltete ich die Scheinwerfer ein und folgte dem Lingedeich, an schlafenden Häusern und vertäuten Booten vorbei. Zwei von ihnen waren noch erleuchtet und ich hörte die gedämpfte Musik später Bootspartys. Ich sah keine Verfolger, als ich gegenüber von Gellicum die Landstraße erreichte, dann fuhr ich über Leerdam in Richtung Autobahn.
Ein paar Lkws, wenig Verkehr. Eine halbe Stunde später nahm ich die Ausfahrt bei Bavel. Ein anderes Auto folgte mir auf den Parkplatz und ich sah noch Leben an der Rezeption; um diese Uhrzeit konnte man ohne Aufsehen zu erregen das Hotel betreten, als kehre man vom abendlichen Ausgehen in Breda zurück. Ich kannte das Hotel, über hundert Zimmer in langen, niedrigen Flügeln. Ein Mann und eine Frau stiegen aus dem anderen Wagen. Ich schlenderte hinter ihnen her ins Foyer, suchte in meiner Brusttasche nach einer imaginären Schlüsselkarte und nickte dem jungen Mann am Empfang zu. Ich wünschte dem anderen Paar eine gute Nacht und verschwand im halbdunklen Flur. Zimmer 148 lag fast am Ende. Schon meine Mutter wusste, dass man überall reinkommt, wo man nur will, solange man tut, als gehöre man dorthin.
Es dauerte eine Weile, bis CyberNel stirnrunzelnd durch den mit Kette gesicherten Türspalt schaute. »Wer sind Sie?«, fragte sie prompt. »Ich habe keinen Escortservice bestellt, Sie müssen sich im Zimmer geirrt haben.«
»Hundertachtundvierzig«, sagte ich. »Es steht an der Tür. Sie haben mich sehr erregt, als Sie mir von dem breiten Bett erzählten und dass Sie so einsam wären. Sie waren doch nicht so dumm und haben die Konkurrenten von der Agentur Der junge Hengst angerufen? Wie der Name schon sagt, für die heißt es rauf, runter und schnell wieder weg. Diese Leute haben einfach keinen Stil.«
»Und was für einen Stil haben Sie?«
»Der ältere Wolf ist eine etwas kostspieligere Agentur, aber wir führen Sie ganz langsam in ungeahnte Höhen, Sie müssen sich nur schnell entscheiden. Ich sah nämlich eine Doppelgängerin von Nicole Kidman in Zimmer 120 hineingehen, sie hat die Tür offen gelassen und wirkte interessiert. Ich muss meinen Lebensunterhalt verdienen, also was wünschen Sie?«
Nel löste die Kette und stand warm und rosig in ihrem dünnen Nachthemd da, ich trat die Tür hinter mir zu, schob das Nachthemd mit beiden Händen über ihren Po und drückte sie an mich. Sie legte mir die Arme um den Hals. Ich hob sie hoch, trug sie quer durchs Zimmer und warf mich mit ihr auf das Bett.
»Wie lange heißt ›ganz langsam‹?«, fragte sie.
»Ich muss nur vor der Morgenvisite in Antwerpen sein.«
»Dann lohnt sich zumindest das Ausziehen.« Sie knöpfte mir das Hemd auf, mein Sakko hatte ich schon ausgezogen, die Hose beinahe, und ihr Nachthemd war bis zu den Achseln hochgeschoben. »Was hast du mit deiner Hand gemacht?«
»Diesen Sender vom Auto geklopft.«
»Warte mal.« Sie schob mich beiseite und rutschte vom Bett. Ihr Hemd fiel zurück über ihren runden Po, als sie ins Badezimmer ging. Ich folgte ihr und schüttelte mein Hemd ab. Nel wühlte in ihrem Kulturbeutel herum und fand eine kleine Spraydose. Sie stand mit dem Rücken zu mir und ich schlang die Arme um ihre Taille und hielt sie gegen das Waschbecken gefangen, während ich mir die Hände wusch und abtrocknete und mir das Bild tief ins Gedächtnis einprägte, von Nel und mir, zerzaust und halb nackt im Spiegel. Alles verändert sich auf dem langen Weg bis zum Ende, aber manche Dinge möchte man aufbewahren und
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