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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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sonst ist er wieder über alle Berge.«
    Sie schwieg einen Augenblick, ein missmutiges Schweigen. »Du glaubst, er ist in Antwerpen, weil er den Einbruch begangen hat und die Diamanten loswerden will«, sagte sie dann.
    Sie war auch nicht dumm. »Schätzchen, jetzt mach dir mal keine Sorgen, ich brauche deinen Bruder nur, um meinen Auftrag zu Ende zu führen. Danke für deinen Anruf, ich melde mich wieder.«
    Ich schaute auf die Uhr. Viertel vor eins. In meinem halb bewusstlosen Zustand hatte ich nicht daran gedacht, dass das Haus observiert wurde, und automatisch das Licht im Flur und in der Küche eingeschaltet. Ich löschte es, als ich nach oben ging und zog mich im Schein der Nachttischlampe an. Unten im Wandschrank stand immer eine Reisetasche für Notfälle bereit, mit einem sauberen Hemd, Socken, Unterwäsche, Batterien und Kulturbeutel. Ich packte meine Beretta und Reservemunition dazu und schraubte die Abschirmkappe auf eine der dünnen Stabtaschenlampen. Ich löschte die Nachttischlampe und schlich durch die Dunkelheit nach unten. Nel hatte einen Bewegungsmelder installiert, aber den konnte ich von innen ausschalten.
    Ich wartete an der Tür, die Reisetasche in der Hand, und schaute in die Nacht. Es regnete nicht und es stand kein Mond am Himmel, nur ein paar Wolken und hier und da ein Stern. Die hohen Pappeln nahmen Gestalt an, der Carport. Ich wusste nicht, wo sie waren, in der Nähe oder weiter entfernt, mit Ferngläsern bewaffnet hinter einer Hecke am Rande der Landstraße. Oder in einem Hotel, den Wecker auf sechs Uhr gestellt, aber darauf durfte ich mich nicht verlassen. Ihr kleiner Fehler hätte jedem passieren können, auch Profis. Irgendetwas von dem, was Betty gesagt hatte, quengelte in meinem Hirn, aber ich kam nicht darauf, was es war.
    Ich schloss die Tür ab und schlich über die Terrasse und am Carport vorbei zu der Öffnung in der Trennhecke zwischen unserem Haus und dem Heuschober. Im Dunkeln ging ich zur Hintertür und ertastete mit den Fingerspitzen das Schlüsselloch. Wenn sie Nachtsichtgeräte hatten, war meine Heimlichtuerei umsonst.
    Der Heuschober roch nach Elektrizität und elektronische Apparate summten mit 50 Hertz. Ein grünlicher Schirm meldete, dass irgendwo E-Mails warteten. CyberNels Domäne war ein lebendiger Organismus, der auf eigene Faust Kontakte unterhielt, auch wenn die Chefin nicht da war.
    Ich zog die tiefe Schublade unter ihrer Werkbank auf, leuchtete mit der Lampe hinein und fand den Apparat zwischen Drähten, Batterien und anderem Kram. Ein grünes Lämpchen leuchtete auf, als ich den unteren Knopf drückte. Ich steckte einen Schraubenzieher ein, schlüpfte aus dem Heuschober hinaus und schloss ihn ab. Ich hielt mich dicht an der Hecke im Schatten, schlich in den Carport und gebückt durch den engen Spalt zwischen meinem Auto und den Holzwänden. Das Ding fing sofort an zu summen, doch zur Sicherheit lief ich um das ganze Auto herum und dann wieder zu der Stelle unter der hinteren Stoßstange, wo es sofort zu summen begonnen hatte.
    Amsterdam war eine belebte Stadt, wegen der Passanten hatten sie es schnell erledigen müssen, zu zweit vielleicht, ein fingiertes Gespräch zwischen parkenden Autos, der eine schaut sich um, der andere bückt sich, als jucke ihn sein Fuß, und befestigt die Dose an der Karosserie, auf der Innenseite oder an der hinteren Stoßstange. Ich fühlte mit meinen Fingern eine Kunststoffkappe, ein Metallboden. Es hatte einen starken Magneten. Nel wüsste, wie man ganz einfach die Pole umkehren konnte, sodass einem das Ding von selbst in die Hand plumpste, aber ich musste den Schraubenzieher am Boden ansetzen und stoßen und hebeln und mir die Fingerknöchel aufschürfen, um es abzukriegen.
    Bokhofs Wagen war eine nette Idee, aber dank der Wunder der Technik hätte es sein können, dass irgendwo Zeiger ausschlugen und Glocken klingelten, sobald sich das Ding nur einen Meter bewegte. Daher klickte ich das Schächtelchen an einen leeren Benzinkanister, hübsch auffällig an der Wand neben dem Eingang zum Carport, um ihnen keinen Vorwand zu liefern, alles kurz und klein zu schlagen, wenn sie ihr Eigentum abholen kamen. Ich wickelte ein Taschentuch um meine aufgeschürften Knöchel, schmiss die Tasche auf die Rückbank und schlüpfte ins Auto.
    Ich ließ die Fenster herunter und lauschte. Die Innenbeleuchtung war für zwei Sekunden aufgeflammt, aber sie hätten schon direkt gegenüber auf dem Deich hocken müssen, um das zu bemerken, denn die

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