Rosa
mitnehmen, und dies hier war eines von ihnen.
»Du hast keinen Schlafanzug dabei«, sagte Nel.
»In diesem Beruf sind Schlafanzüge nur hinderlich.«
Nel lächelte in den Spiegel, die Lippen leicht geöffnet, ich sah die Reihen ihrer schönen weißen Zähne, in der ein Eckzahn ein wenig schief stand. Sie nahm meine Hand und sprühte Sterilon auf die aufgeschürften Knöchel. Es brannte und roch nach Krankenhaus. Vielleicht war es dieser Geruch, der in meinem Gehirn ein paar Drähte verknüpfte, denn plötzlich fiel mir ein, wo dieses unterschwellig bohrende Warnsignal herrührte. Shit.
Nel sah mein Gesicht. »Was denn?«
Ich ließ sie los und rannte ins Zimmer. Mein Sakko lag auf dem Fußboden. Ich zog mein Adressbuch heraus, warf mich auf das Bett und griff zum Telefon.
Betty nahm nicht ab, es dauerte mir zu lange. Ich wählte die Nummer ihrer Mutter. Auch dort dauerte es, normale Leute schliefen längst. »Karel de Waard.«
»Max Winter. Entschuldigen Sie, dass ich um diese Zeit anrufe, aber ich muss unbedingt mit Gerda reden.«
Sie meldete sich verschlafen. Wieder entschuldigte ich mich. »Ich habe von Betty erfahren, dass Victor in Antwerpen ist«, sagte ich. »Und sie hat mir erzählt, dass Sie noch einmal von jemandem aus dem UMC angerufen wurden. War das heute Nacht?«
»Ja.«
»Wer war es?«
»Doktor Lankforst«, antwortete Gerda. »Er hatte es schon ein paarmal versucht, ich glaube, die fingen allmählich an, sich Sorgen zu machen, weil Galip zur Kontrolle hätte kommen müssen.«
»Wann hat dieser Arzt angerufen?«
Es blieb einen Moment still, vielleicht schaute sie auf die Uhr. »Etwa vor anderthalb Stunden.«
Mitten in der Nacht? »Victor trug doch sein Armband und hatte diesen Ausweis bei sich?«
»Natürlich, und das war auch gut so, dadurch wussten die Rettungskräfte sofort, was sie tun mussten. Er ist am Steuer ohnmächtig geworden …«
»Ja, aber wusste dieser Doktor Lankforst denn nicht, dass er in einem Krankenhaus in Antwerpen liegt?«
»Nein, aber ich habe es ihm gesagt«, antwortete Gerda. »Habe ich etwas falsch gemacht?«
Es hatte keinen Sinn, sie verrückt zu machen. »Natürlich nicht, das war schon richtig. Ich wollte das nur nochmal überprüfen. Vielen Dank, und jetzt gehen Sie schnell wieder ins Bett.«
Ich legte auf. »Mist.«
Nel saß im Schneidersitz auf dem Bett. »Was denn?«
Ich blätterte mein Adressbuch durch. »Wenn ein Patient mit Spenderherz eingeliefert wird, ruft jedes Krankenhaus und jeder Arzt zuallererst das Transplantationskrankenhaus an, in diesem Fall Utrecht, und sei es nur wegen der medizinischen Daten. Das ist Vorschrift, die Nummer steht auf dem Armband. Die Belgier haben das garantiert getan. Dass sie auch die Angehörigen benachrichtigt haben, war nett von ihnen, offiziell sind sie nicht dazu verpflichtet, das erledigt die Transplantationsklinik.«
Ich fand die Nummer und begann zu wählen. Nel sprang vom Bett auf und zog das Nachthemd über den Kopf.
Wieder eine Momentaufnahme, in der sie mit erhobenen Armen und gereckten Brüsten so schön war wie Venus in der Muschel bei Sonnenaufgang.
»Was machst du da?«, fragte ich.
»Was glaubst du denn?« Sie begann mit einem umgekehrten Striptease, erst Slip, dann BH.
»Julia Kars«, tönte es aus dem Hörer. Sie war hellwach.
»Mevrouw Kars, hier spricht Max Winter. Ist Ihr Mann zu Hause?«
»Nein. Er musste ganz plötzlich weg.«
»Wissen Sie, wohin?«
»Er war raus, bevor ich ihn fragen konnte.«
»Wann war das?«
»Vor über einer Stunde.«
»Ist er mit dem Auto weggefahren?«
»Ja, es steht nicht mehr da. Ich kann ihn auch nicht erreichen, er hat kein Autotelefon mehr und sein Handy liegt hier. Was ist denn los?«
Ihr eine Ausrede aufzutischen war schon schwieriger. »Vielleicht gar nichts Wichtiges.«
»Sie rufen mich doch nicht wegen einer Lappalie mitten in der Nacht an. Haben Sie die Kassette abgehört?«
»Ja. Es tut mir leid, ich habe jetzt keine Zeit.«
»Können Sie mir wenigstens sagen, ob Bram diesen Mann bestohlen hat?«
»Ich weiß es noch nicht, Mevrouw. Ich melde mich bei Ihnen.«
Ich legte auf. Nel kam angezogen aus dem Badezimmer und hielt mir mein Hemd hin.
Ich fuhr in die Ärmel. »Du verpasst die Morgenbesprechung.«
»Wie viel Zeit haben wir?«
»Keine.« Ich zog die Hose hoch. »Kars ist vor gut einer Stunde in Amsterdam losgefahren.«
Sie hatte ihren Laptop schon eingestöpselt und ihre Finger wanderten über die Tasten. Als ich aus dem Bad kam,
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