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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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eine Privatangelegenheit«, sagte ich.
    Er nickte und wartete ab.
    »Ich bin Nel van …«, begann Nel, aber der Arzt hob die Hand und sagte: »Je weniger Namen, desto besser.«
    Ich gab ihm den Meulendijk-Ausweis, den ich auch Welbaert gezeigt hatte. Der Arzt schaute sich das Foto an und kurz erschien eine Falte auf seiner Stirn, wahrscheinlich wegen des Staatsanwalt-Getues auf dem Ausweis. Es passte nicht recht zu dem, was wir hier vorhatten.
    Der Arzt seufzte. »Dann kommen Sie mal mit.«
    Er brachte uns zurück zu Welbaerts Zimmer, holte einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Er wies mit einer Geste auf die beiden Stühle vor dem Schreibtisch und ich saß wieder dem großen Poster gegenüber, auf das ich in der vergangenen Nacht geblickt hatte, mit einer dicht gedrängten Menge afrikanischer Kinder, die ihre Hände zu einem Lkw mit Brot und Reis ausstreckten. Vielleicht hatte Welbaert es über seinem Kopf aufgehängt, um seine Patienten daran zu erinnern, dass ihre Probleme hauptsächlich Luxuswehwehchen waren im Vergleich zu der Not in anderen Teilen der Welt.
    Der Arzt ohne Namen öffnete einen Schrank und stellte eine braune Papiertüte auf den Schreibtisch. Er setzte sich auf Welbaerts Stuhl und zog die Tüte oben ein wenig auseinander. »Das ist für Sie«, sagte er.
    Ein Gefäß aus grünem, halb durchsichtigem Glas mit einem versiegelten Korken auf einem kurzen, weiten Hals, gefüllt mit einer Flüssigkeit, in der ein dunkler Herzklumpen trieb.
    »Wir haben beschlossen, Ihnen zu helfen«, sagte er. »Aber nur inoffiziell. Wir verlassen uns darauf, dass dem Krankenhaus keine Schwierigkeiten erwachsen, weder durch das hier noch durch die andere Angelegenheit.« Er schaute mich viel sagend an und ich nickte. »Es ist nicht üblich«, sagte er überflüssigerweise. »Falls sich unverhofft jemand erkundigt, weiß niemand etwas davon. Wir zählen auf Ihre Diskretion.«
    »Selbstverständlich«, versprach Nel.
    Ich wollte aufstehen und ihm danken, aber dann fügte er noch hinzu: »Niemand sieht einen Unterschied, aber wir fanden, dass Sie es wissen sollten, für den Fall, dass es der Dame in den Sinn kommt, es von einem Spezialisten untersuchen zu lassen. Sie müssen sie von vornherein daran hindern.«
    Ich sank zurück auf den Stuhl. »Sie meinen, das ist gar nicht das Herz von Victor de Vries?«
    »Nein, dabei handelte es sich um ein transplantiertes Herz, das bereits zurück in Utrecht ist, auf Bitten des UMC, für wissenschaftliche Forschungen. Mein Kollege hätte Ihnen sagen sollen, dass daran kein Weg vorbeiführte.« Er wies mit einem Nicken auf die Flasche. »Mehr als das konnten wir nicht für Sie tun.«
    »Von wem stammt es denn dann?«
    »Spielt das eine Rolle? Es kommt aus dem Forschungslabor, ich glaube, von einem dreißigjährigen Mann, der an Krebs gestorben ist. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es 320 Gramm wiegt, ein Männerherz ist im Schnitt etwa sechzig Gramm schwerer als das einer Frau.«
    »Und es schlägt langsamer«, sagte Nel.
    Er lächelte nachsichtig. »Auch das, aber dieses schlägt gar nicht mehr.«
    Der Arzt, der ebenso gut ein Laborant hätte sein können, zog die Tüte wieder fest um das Gefäß und band sie mit einem Gummi zu. Wir hatten nichts, worin wir die Flasche hätten transportieren können. Er suchte unten im Schrank und gab uns eine Supermarkt-Plastiktüte. Beim Abschied beschwor er uns noch einmal, zu schweigen. Er blieb in jedem Fall anonym. Welbaert wusste von nichts, und wenn man mich jemals zwingen sollte, den edlen Spender preiszugeben, müsste man das gesamte tausendköpfige Krankenhauspersonal vor mir aufmarschieren lassen.
     
    Diesmal fand ich nur ziemlich weit entfernt einen Parkplatz, und das auch nur, weil ich rechtzeitig jemanden zurücksetzen sah. Ich rannte durch den Regen zum Parkscheinautomaten und dann unter meinem Regenschirm zum Haus. Die Flasche steckte noch in der Papiertüte, doch den Supermarktbeutel hatte ich gegen eine Kühltasche von Albert Heijn eingetauscht, die in meinem Kofferraum gelegen hatte.
    Henri wirkte überrascht, als er mich vor der Tür stehen sah. »Mevrouw ruht«, verkündete er.
    »Vielleicht hätte ich vorher anrufen sollen, dann hätten Sie die beiden Herren bitten können, mir einen Parkplatz freizuhalten«, sagte ich. »Ich war zwischendurch noch nicht wieder zu Hause, aber wenn sie immer noch da hocken, sollten Sie sie lieber zurückpfeifen, bevor sie aus Langeweile oder Frustration mein Haus in

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