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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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›wie‹? Geld an sich ist nicht schmutzig, nur das, was die Leute manchmal damit anstellen.«
    »Ich meine, es ist Bargeld.«
    »Dann nimm etwas davon mit und verwöhne Gerda mit einer schönen Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer«, schlug ich vor. »Den Rest lässt du hier, als Notreserve.«
    Ich stand auf und blieb diskret an der Tür stehen. Es waren keine Millionen. Für Pastoren und Erbsenzähler hätte das keinen Unterschied bedeutet, eine Million oder zehn Euro. Aber für mich war es durchaus ein Unterschied. Dufour war tot, niemand wurde geschädigt und es war nur ein Tropfen im Geldmeer. Ich hatte überhaupt kein schlechtes Gewissen, sondern fühlte mich ziemlich zufrieden. Ich hörte den Deckel zuklappen.
    »Soll ich klingeln?«, fragte ich.
    »Warte noch einen Moment.« Betty stand neben der geschlossenen Schublade, die Tasche über der Schulter und ein Lächeln auf dem Gesicht. Sie kam auf mich zu, schlang mir die Arme um den Hals und küsste mich auf den Mund. Ausgiebig. »Vielen Dank«, sagte sie, als sie mich losließ.
    »Gern geschehen.«
    Nel stand auf, als wir die große Halle betraten. »Nanu«, sagte sie zu Betty. »Du siehst ja aus wie die Katze, die auf eine Platte mit gebratenen Rebhühnern gefallen ist.«
    Betty nickte. »Victor ist ein Schatz«, sagte sie, und wieder: »Shit.«
    Sie hielt die Hand fest auf die Tasche gelegt, als wir zum Theaterparkhaus zurückspazierten. Dort verabschiedeten wir uns. »Fahr vorsichtig«, sagte ich. Nel bekam auch einen Kuss. Wir verfrachteten Betty in den Honda und winkten ihr nach.
    »Und?«, fragte Nel, als wir im BMW saßen.
    Ich blickte auf die Betonmauer gegenüber. »Victor hatte schon ein paar kleinere Partien verkauft und ein Schließfach für das Geld gemietet.«
    »Wie klein ungefähr?«, fragte Nel.
    »Alles lose Scheine, schwer zu schätzen, vielleicht hunderttausend. Kann auch sein, dass er Glück im Spielcasino hatte.«
    »Keine Diamanten?«
    »Nicht die Spur.«
    Nel nickte. »Dann war’s wahrscheinlich das Casino.«
    Ich rieb ihr liebevoll übers Knie.
     
    Diesmal stellten wir das Auto auf dem kostenpflichtigen Besucherparkplatz ab und gingen zum Haupteingang hinein. Tagsüber sah das Krankenhaus freundlicher aus; sonnenbeschienene Grünpflanzen, kleine Springbrunnen und helle Treppenhäuser. Es war auch belebter, lauter Leute, die nachts nicht da waren. Wir fuhren mit dem Aufzug in den siebten Stock. Bei den Krankenschwestern war Schichtwechsel gewesen. Drei Schwestern standen hinter dem Empfang, eine vierte davor. Sie hielt uns auf. Tagsüber hätte ein Doktor Lankforst keine Chance gehabt, eigenmächtig auf Visite zu gehen.
    »Wir möchten zu Doktor Welbaert«, sagte ich.
    Sie schaute den Gang hinunter, dann auf die Armbanduhr unter ihrem frisch gestärkten Leinenärmel. »Der ist schon lange weg. Er hatte Nachtdienst, der endet um zehn Uhr.«
    »Er wollte auf uns warten«, sagte ich. »Ich weiß, wo sein Sprechzimmer ist, wir schauen mal eben nach.«
    Sie machte ein bedenkliches Gesicht, hielt uns aber nicht zurück. Vielleicht hätte es tagsüber also auch geschehen können. Vor Welbaerts Sprechzimmer verbreiterte sich der Flur zu einer kleinen Halle und Stühle für die Patienten standen an den Wänden. Kurz davor passierte man einen verglasten Raum mit medizinischem Personal. Ein Mann in Arztkittel schaute durch die Glasscheibe zu uns heraus, doch Welbaert war nicht zu sehen. Es warteten keine Patienten vor seinem Zimmer und niemand reagierte auf mein Klopfen. Ich drückte probehalber auf die Klinke, doch die Tür war fest verschlossen.
    »Mist«, murmelte ich.
    »Was denn?«, fragte Nel. »Er ist weg und das wundert mich nicht. Die machen so was nicht.«
    Vielleicht mussten wir doch, wie Bart es vorgeschlagen hatte, zum Metzger gehen. Oder die ganze Idee begraben. »Lass uns gehen.«
    Auf dem Weg zum Aufzug hörte ich, wie hinter uns jemand gegen die Glasscheibe klopfte. Der Arzt, der uns beobachtet hatte, kam heraus auf den Flur. Er nahm mit einer raschen Bewegung sein Namensschild vom Kittel und ließ es in der Brusttasche verschwinden, bevor wir es lesen konnten.
    »Sind Sie Meneer Winter?«
    »Ja?«
    »Sie wollten zu Doktor Welbaert?«
    »Er hatte versprochen, auf mich zu warten.«
    »Er musste weg.« Der Arzt stellte sich nicht vor. Er war ein magerer Mann, etwa im selben Alter wie Welbaert. Er hatte graue Augen, die mich kühl musterten. »Können Sie sich ausweisen?«
    Ich verstand nicht, was los war, und zögerte. »Es geht um

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