Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
Vom Netzwerk:
sagte sie. »Nicht nur seinen Namen und seine Adresse, sondern einen vollständigen Bericht. Glauben Sie, dafür könnten Sie sorgen?«
    Ich zögerte, doch Nel antwortete spontan: »Natürlich, Mevrouw, kein Problem.«
    Arin nickte, als habe sie meinen Widerwillen nicht bemerkt. »Ich möchte auch wissen, was Joachim und meine Tochter dort mitten in der Nacht zu suchen hatten, wenn das möglich ist.«
    »Wissen Sie das wirklich nicht?«, fragte Nel.
    »Ich war in Armenien.«
    »Haben sie Ihnen keine Briefe geschrieben oder mal eine Ansichtskarte?«
    Arin ignorierte Nels Ironie. »Wenn ich es wüsste, würde ich Sie nicht damit beauftragen«, antwortete sie kurz angebunden. Sie streckte den Arm aus und betätigte einen Knopf auf dem Schreibtisch.
    Ich stand auf. »Wir werden es herausfinden, Mevrouw. Sie hören so bald wie möglich von uns.«
    Sie schaute mir tief in die Augen und hielt meine Hand einen Augenblick fest. »Noch ist Zeit«, sagte sie.
    Henri kam geräuschlos herein.
    Nel wurde mit einem kurzen Nicken verabschiedet und wir folgten Henri zur Haustür. Samstagvormittag, die Sonne schien, ich hatte einen Parkplatz in der Nähe der Gracht ergattert und die Parkzeit war noch nicht abgelaufen.
    Wir fuhren durch das shoppende Amsterdam zum Bahnhof. Ich fragte mich, was Nel aufgefallen war beziehungsweise was ihr auf dem Herzen lag, schwieg jedoch, bis ich in der Nähe des Taxistandes anhielt und sie küsste.
    »Ich hatte den Eindruck, dass dir unsere Klientin ziemlich unsympathisch ist«, bemerkte ich, wobei ich mich noch vorsichtig ausdrückte. »Und trotzdem hast du dich entschieden, weiterzumachen, obwohl ich aufhören wollte.«
    Nel zog ihre Reisetasche von der Rückbank. »Ich möchte dieses Weib lieber im Auge behalten«, meinte sie.
    »Warum?«
    »Besser wir als ein Auftragskiller.« Nel stieg aus, beugte sich zum offenen Fenster herunter, schenkte mir ein sonniges Lächeln und rannte zum Bahnhof, zum Zug und zu Hanna.
     
    Alle hatten es eilig, obwohl es Samstagmittag war und die Amsterdamer es ruhig hätten angehen lassen können. Die Stadt erschien mir verändert, aggressiver. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, weil ich mich an die Geruhsamkeit der Provinz gewöhnt hatte, wo man niemanden unterwegs treffen konnte, ohne zu grüßen und ein Schwätzchen über das Wetter zu halten. Hier dagegen nahm einen keiner zur Kenntnis und an der Ecke der Goudsbloemdwarsstraat, gegenüber der Akademie für Sozialwesen, wo ich mein Auto geparkt hatte, wurde ich von einem ungehobelten Kerl beinahe über den Haufen gerannt, der nur einen Fluch für mich übrig hatte.
    Die Adresse entpuppte sich als schmales, düsteres Haus, ohne den Knöterich und den Efeu, für die die neue Generation der Jordaanviertel-Bewohner hier und da Bürgersteigplatten entfernt hatte. Ich schellte und sofort wurde die Haustür von oben mit einem Seil aufgezogen. Ich sah niemanden und stieg durch das dunkle Treppenhaus hinauf. Eine Tür stand halb offen, ich hörte Gepolter und eine Frau stand schreiend in einem rosa Zimmer.
    »Du kannst mich mal mit deinem Scheißjob! Leck mich doch …«
    Als sie mich sah, wurde sie still. Sie hielt eine Pistole in der Hand, die sie mit einer schreckhaften Bewegung hinter dem Rücken verbarg, wodurch ihr Morgenmantel vorne aufging. Der Raum war gerade hell genug, um die Blutergüsse auf ihren Brüsten erkennen zu können. Sie war um die dreißig, eine üppige blonde Frau mit blitzenden Augen. Die Schwellung auf ihrer Wange, unter dem rechten Auge, hatte noch keine Zeit gehabt, blau anzulaufen. »Und wer bist du?«, fauchte sie mich an.
    »Max Winter«, sagte ich. »Eine Pistole kann nützlich sein, aber mir liegt was an meiner Gesundheit, also legen Sie sie doch bitte kurz beiseite.«
    Sie ließ die Hand mit der Pistole sinken und schloss mit der anderen ihren Morgenmantel. »Shit«, sagte sie aus vollem Herzen. »Ich dachte …«
    »Nehmen Sie’s mir nicht übel.«
    Sie drehte sich um, marschierte an einem orangefarbenen Sofa vorbei zu ein paar weiß gestrichenen Treppenstufen und verschwand in einem schmalen Flur. Ich hörte einen Wasserhahn und schloss die Tür hinter mir, um nicht von demjenigen überrascht zu werden, der sie so zugerichtet hatte. Tageslicht fiel durch das Fenster zur Straße und durch die Glastür gegenüber. Dahinter lag ein zwei mal drei Meter kleiner Raum mit einem Fenster und einer zerwühlten Doppelmatratze, neben der ein Fernseher stand. Sie mochte die Frau oder die

Weitere Kostenlose Bücher