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Rosa

Rosa

Titel: Rosa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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beugte sich dicht zu mir hin und redete gedämpft auf mich ein. Sein Atem stank nach ungeputzten Zähnen.
    »Jetzt hören Sie mal, ich unterhalte mich ja gerne mit Ihnen über diese Zeitschrift, aber nicht hier …«
    Ich sah, wie Julia erschrak, dann sagte sie: »Ja, einen Augenblick.«
    Sie hielt mir den Hörer hin und schaute Kars an. »Für Meneer Winter«, erklärte sie. »Die Polizei, ein Inspecteur Simons.«
    Kars murmelte etwas Unverständliches. Mit einem Lächeln nahm ich den Hörer von Julia an. »Hallo Bart, was gibt’s?«
    »Warum, glaubst du wohl, habe ich diese Nummer gewählt?«
    »Sie steht auf der Liste«, riet ich.
    Ich drehte mich zu Kars um, der seine Exfrau an der Schulter packte und versuchte, sie aus dem Zimmer zu bugsieren.
    »Zweimal«, sagte Bart ins Telefon. »Beide Male in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, der Nacht, bevor der Junge verschwunden ist, um halb drei und um Viertel nach drei.«
    »Schön.« Ich deckte die Sprechmuschel ab und winkte Kars: »Einen Augenblick mal.«
    Beide blieben stehen.
    »Zwischen diesen beiden Gesprächen hat Victor noch eine andere Nummer angerufen«, sagte Bart. »Ich habe sie überprüft, es ist die von Cor van Nool, seine Geschichte stimmt also. Das letzte Gespräch fand am frühen Mittwochmorgen statt, mit seiner Schwester.«
    »Das ergibt ja ein hübsches Bild«, meinte ich.
    »Brauchst du mich?«
    »Noch nicht. Halte dich aber bereit.«
    Ich hoffte, das klang drohend genug, doch Kars blieb ruhig und schaute mich irgendwie herausfordernd an, als fühle er sich unverwundbar. Julia hatte sich unwillkürlich von ihrem Ex entfernt und stand ein wenig verloren neben der Tür. Ich nickte ihr zu und legte den Hörer auf. »Vielen Dank.«
    Kars wartete ab, mit berechnendem Blick. Betty hatte ihn als oberflächlichen Charmeur und Psychopathen bezeichnet. Mir schien er der Typ Mensch zu sein, der sich mit List und Tücke durchs Leben schlängelt und ausschließlich und gewissenlos seine eigenen Interessen verfolgt. »Ich habe mich bereits mit Ben Laacken unterhalten«, sagte ich. »Aber ich würde gerne noch einmal von Ihnen hören, wie Sie auf Dufour als Finanzier dieser Europa -Zeitschrift gekommen sind.«
    Kars gab einen verächtlichen Laut von sich. »Laacken weiß nichts davon. Ich habe mich nur an ihn gewandt, weil …«Er unterbrach sich. »Seit wann arbeiten Privatdetektive für die Polizei?«
    »Ich arbeite für eine Klientin. Die Polizei ist durch den Mord in Otterlo an dem Fall beteiligt und Ihr Name fiel, weil diese Zeitschrift das Letzte war, womit der Ermordete sich beschäftigte. Noch ist nichts offiziell.« Ich wies mit einem Nicken auf das Telefon. »Aber das kann sich rasch ändern.«
    Er seufzte theatralisch. Es war klar, dass er mit Besuch gerechnet hatte, wenn nicht von mir, dann von der Polizei, und dass er vorbereitet war. »Ich habe nichts zu verbergen. Julia, ich möchte das lieber allein regeln.«
    Sie blickte mich an. Ich nickte. Sie verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Kars ging zu seinem Sessel und ich setzte mich ihm gegenüber und legte meinen Block aufs Knie.
    »Ich werde häufig für Lesungen engagiert«, begann Kars. »Über zahlreiche spezielle Themen, das gehört nun einmal zu meinem Beruf. In diesem Fall fand die Lesung in Otterlo statt und handelte von Europa. Dufour saß im Publikum und war ganz begeistert von meinen Ideen.«
    »Laut der Vorsitzenden war er so ziemlich der Einzige«, bemerkte ich, damit er auf dem Teppich blieb.
    Kars wedelte wütend mit einer Hand am Ohr vorbei, als verscheuche er eine Fliege. »Was wollen Sie, mitten auf dem Land in der Veluwe, denen ist wahrscheinlich schon eine Lesung über Mistkäfer zu hoch. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gar nicht hingefahren und hätte meine Zeit für etwas Sinnvolleres genutzt. Damit hätte ich mir zugleich diese Scherereien erspart.«
    »Mit Dufour?«
    Er nickte. »Er wollte eine Zeitschrift über Europa finanzieren. Ich hielt nicht viel davon, und noch weniger von diesem Mann, aber er hörte nicht auf, mich zu belästigen, und deshalb habe ich ihn eben aufgesucht.«
    »Wann war das?«
    Er tat, als müsse er nachdenken. »Vor etwa zehn Tagen. Letzte Woche Dienstag, glaube ich. Er besaß allerhand alte Papiere von seinem Vater, der war offenbar auch so etwas wie ein Journalist gewesen, wenn auch mit mehr Idealen als Talent, denn kein Mensch hat je etwas von dem Mann gehört. Er versuchte vor einem halben Jahrhundert, eine europäische

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