Rose
Jungen in seinem Alter und seiner Größe tausend DM bieten.
10.000 DM hatte er damit verdient, indem er anderen Schülern Nachhilfe gegeben hatte und alles Geld, das er geschenkt bekam, eisern zur Seite gelegt hatte. Seit der Zeit, als er erfahren hatte, was für ein Schwächling sein Vater war, stand der Entschluss fest und somit hatte er genügend Zeit, dieses Geld anzusparen. Es hat zwar einige Zeit gedauert, aber es war die Sache allemal wert. Dieses Geld war sein Fahrschein in die Freiheit.
So, die Straße war gefunden, nun musste er nur noch dafür sorgen, dass sie auch genau diese Strecke fuhren und er musste einen Platz finden, wo er alles sehen und gleichzeitig abhauen konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
Er könnte es auch so arrangieren, dass seine Anwesenheit nicht von Nöten wäre, doch er wollte sich das auf gar keinen Fall entgehen lassen. Er musste es selbst sehen, um zumindest ein bisschen Befriedigung zu bekommen. Wenn es ihm schon verwährt wurde, sie zu quälen, so musste er zumindest sehen, wie sie sterben würden. Am schönsten wäre es, wenn sie noch kurz vor ihrem jämmerlichen Ableben mitbekommen würden, dass er es war, der verantwortlich für ihren Tod war, doch das würde wohl leider nicht möglich sein.
Er folgte der Straße und zu seinem Glück war in der nächsten Ortschaft ein kleines Restaurant. Es war ein altes Fachwerkhaus, das die ehemalige DDR doch tatsächlich überlebt hatte. Es führten drei Stufen zu einer alten Holztür, worin eine Waldlandschaft geschnitzt war. Über der Tür hing ein sehr altes Holzschild, auf dem in altdeutscher Schrift 'Zum Hirsch' eingebrannt war.
Das Schild sah so aus, als ob es schon so einige hundert Jahre dort hing. Michael öffnete die Tür und trat vorsichtig ein. Es war offensichtlich noch geschlossen, denn es war niemand auszumachen, weder Gäste noch Personal. Die Einrichtung war mindestens schon genauso alt wie das Schild draußen vor dem Eingang. Alte, noch handgeschnitzte Tische und Stühle. An den Wänden hingen irgendwelche Jagdtrophäen, die schon mächtig Staub angesetzt hatten, doch es wirkte nicht schmuddelig, sondern eher urig gemütlich. Der Gastraum war erschreckend groß.
Das sah man dem Haus von außen gar nicht an. Bestimmt so um die 120 Sitzplätze. „Irgendwann werde ich hier mal essen gehen", murmelte er in sich hinein. Nun musste er erst mal einen Kellner finden, der die Tischreservierung entgegennehmen konnte. Er ging zum Tresen, der sich sehr gut in dieses Ambiente einfügte. Hinter ihm war aber niemand auszumachen. Michael suchte nach einer Klingel, denn er wollte nicht wie ein Prolet in den Raum rufen. Doch bevor er weitersuchen konnte, hörte er schon eine ziemlich genervte Stimme sagen:
„Hey, wir haben noch geschlossen!" Gleich darauf kam ein dicklicher alter Mann mit einer grünen Kellnerweste um die Ecke. Er sah so aus, als ob er noch nie das Tageslicht gesehen hatte. Irgendwie konnte sich Michael nicht dagegen wehren, doch immer wieder schoss ihm Edgar Wallace in den Kopf. Die Kulisse und der Kellner passten perfekt in diese Filme. „Entschuldigung, ich wollte nur einen Tisch reservieren."
„Ach so, dann komm mal mit, junger Mann." Der Mann sah richtig erleichtert aus, dass er jetzt nicht arbeiten musste, sondern nur eine Bestellung einschreiben durfte. Er öffnete ein großes Reservierungsbuch und schaute Michael fragend an.
„Wann soll’s denn sein?"
„Nächste Woche, am 05.02. So gegen 20.00 Uhr." Der Dicke fing lauthals an zu lachen. „Junge, weißt du gar nicht, wo du hier bist? Pass auf, ich sage dir mal, wann du kommen könntest." Er fing an in dem Buch zu blättern und es dauerte gefühlte Stunden, bis er damit aufhörte.
„So im Mai, da wird es etwas ruhiger, da könnte ich dir was anbieten."
„Im Mai? Nein, das geht nicht, es muss der 05.02. sein."
„Ich kann da echt nichts tun, sieh doch selbst, alles schon voll." Er zeigte Michael das Reservierungsbuch und tatsächlich war der 05.02.1990 vollkommen ausgebucht. Michael fuhr nun mit seinem Finger über das Buch und blieb bei einer eingetragenen Familie stehen.
„Hier, diese Familie braucht ihr nicht, die können sie anrufen und absagen." Der Kellner schaute Michael völlig verwirrt an.
„Wie, die brauchen wir nicht?" Noch bevor er noch etwas sagen konnte, zückte Michael einen Hunderter aus seiner Tasche und wedelte mit diesem.
„Verstehen Sie mich jetzt?" Der Kellner fing an zu grinsen und nahm das Geld.
„Ah, ich sehe
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