Rosehill 01 - Die Tochter des Lords
Zunge in ihren Mund und begann mit ihrer zu spielen. Seine wachsende Leidenschaft weckte ein Gefühl süßer Schwäche, und sie klammerte sich atemlos an ihn.
Als sie spürte, wie er zitterte, wusste sie, dass der Kuss ihn genauso erregte wie sie selbst. Und plötzlich erkannte sie ihre eigene Macht. Nicht nur Harrison – auch sie konnte bestimmen, was geschehen würde.
Bald verflogen ihre letzten Hemmungen, und sie erwiderte seine Küsse mit gleicher Glut.
Viel zu früh hob er den Kopf, ließ die Arme sinken, und sie schmiegte ihre erhitzte Wange an seine Brust, hörte die heftigen Schläge seines Herzens. Oder war es ihr eigenes, das in ihren Schläfen pulsierte? »Ich wollte nicht aufhören …« Ihr geflüstertes Geständnis klang erstaunt und verwirrt.
Harrison holte tief Atem und rang nach Fassung. Nie zuvor hatte er ein so heißes Verlangen empfunden.
»Wolltest du denn aufhören?«, fragte sie.
Wie ihre belegte Stimme verriet, hatten die leidenschaftlichen Küsse sie genauso erschüttert wie ihn, und das fand er sehr erfreulich. »Nein«, gab er zu. »Und genau deshalb habe ich Schluss gemacht. Lass mich los, Mary Rose, du musst jetzt ins Haus gehen.«
Nur widerstrebend trat sie zurück. Es wäre unschicklich gewesen, ihn zu bitten, er solle sie küssen, bis ihr die Sinne schwanden. Langsam ging sie zur Tür. Auf der Schwelle blieb sie stehen, drehte sich um und wollte ihm eine gute Nacht wünschen. Doch die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. Sie starrte ihn einfach nur an. Wie großartig er aussah im sanften Licht der Öllampe, die seiner Haut einen goldenen Schimmer verlieh … »Habe ich dich jetzt auch wie ein kleines Mädchen geküsst?«
»Nein, wie eine Frau. Aber es war nicht richtig. Niemals hätte ich anfangen dürfen, was ich nicht zu Ende führen kann.«
Was er meinte, verstand sie nicht. Aber sie stellte keine Fragen und eilte zum Haus. In dieser Nacht konnte sie lange nicht einschlafen. Unentwegt kreisten ihre Gedanken um Harrison. Warum wollte er sich nicht mit ihr einlassen. Wie stark er sich zu ihr hingezogen fühlte, hatten seine Küsse bewiesen. Welche Probleme quälten ihn? Das musste sie herausfinden.
Eine Zeit lang starrte sie ins Dunkel, und als sie noch immer keinen Schlaf fand, stieg sie aus dem Bett. Sie schlüpfte in ihren Morgenmantel und die Pantoffeln, dann ging sie in die Bibliothek hinunter. Dort saß Adam in einem abgewetzten, braunen Ledersessel und las eines seiner Lieblingsbücher. Ein helles Feuer knisterte im Kamin und erwärmte den Raum.
»Darf ich dich stören, Adam?«
Lächelnd hob er den Kopf, schloss das Buch und legte es auf den Tisch an seiner Seite. »Natürlich.«
Mary Rose setzte sich auf einen Schemel zu seinen Füßen. Zögernd begann sie: »Ich würde gern mit dir über Harrison reden.«
»Stimmt was nicht?«
»Alles in Ordnung – sogar sehr. Und ich glaube, er mag mich auch.«
»Was gibt’s dann für Schwierigkeiten?«
»Letzte Woche bat ich ihn, mich zu küssen. Und heute Abend hat er’s endlich getan.«
»Und dann?«
»Er erklärte, er würde mich nie wieder küssen.«
»Hat er dir verraten, was ihn dran hindert?«
»Nein. Vielleicht haben ihm unsere Küsse nicht so gefallen wie mir. Oder er will mir nicht das Herz brechen. Vielleicht wird er bald nach Schottland zurückkehren, und er will sich nicht mit mir einlassen, weil er weiß, dass diese Beziehung keine Zukunft hat. Glaubst du, er ist genauso wie Cole?«
»Was meinst du?«
»Nun ja, Cole möchte sich von keiner Frau einfangen lassen, und er hat mir versichert, er würde niemals heiraten. Könnte Harrison genauso denken?«
»Um diese Frage zu beantworten, kenne ich ihn nicht gut genug. Aber ich kenne Cole. Der Junge redet nur Unsinn. Wenn er die richtige Frau kennen lernt, wird er sich anders besinnen.«
»Warum bilden sich so viele Männer ein, sie würden in einer Falle sitzen, wenn sie heiraten? Die Frauen halten sie doch nicht gefangen, um Himmels willen!«
»Wenn ein Mann die falsche Wahl trifft, sitzt er tatsächlich in einer Falle.«
»Wahrscheinlich. Aber die Frau auch.«
Besorgt runzelte Adam die Stirn. Wenn Mary Rose sich in Harrison verliebt, muss ich mich genauer über ihn informieren, überlegte er. Er darf ihr nicht weh tun, und es ist meine Pflicht, sie zu beschützen.
»Woran denkst du, Adam?«
»An Harrison. Soeben ist mir klar geworden, wie wenig wir über ihn wissen. Bevor du ihn bittest, dich wieder zu küssen, solltest du ihn besser kennen
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