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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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König da wäre, sagte er: »In dem Fall kann ich
     ihm nur weichen.«
    Damit entschwand er und flüchtete sich nach Dieppe. Alles, was ihm in der Folge widerfuhr, war, daß ihm vergeben wurde, als
     die Waffen schwiegen. Er durfte sogar – ein Privileg Karls IX. im Gedenken an den Bastard von Orléans – seinen Ausnahmerang
     zwischen den königlichen Prinzen und den Herzögen und Pairs behalten.
    Schöne Leserin, ich will Ihnen nicht verhehlen, daß ich diesen wenig verdienstvollen Herzog gute fünfzehn Jahre später, als
     mein Bart schon grau wurde, glühend beneidete: Sein Rang erlaubte ihm, in zweiter Ehe Anne-Geneviève de Bourbon-Condé zu heiraten,
     die Tochter jenes mickrigen kleinen Condé, den Ludwig aus der Bastille befreit hatte und der, nach der Zeugung jenes Sohnes,
     der dann der Große Condé wurde, zur noch größeren allgemeinen Überraschung eine der Schönheiten dieses Jahrhunderts in die
     Welt gesetzt hatte.
    |235| Denn das war Anne-Geneviève de Longueville unstreitig. Der Kardinal von Retz, der sich in Frauen auskannte, sagte von ihr,
     daß sie mit ihrem sehnsuchtsvollen Zauber sogar glanzvollere Frauen übertroffen habe. Es ist wahr, ich kann es bezeugen und
     kann hinzufügen, daß dieses Sehnsüchtige nicht erkünstelt war, sondern den Tiefen ihres Wesens entsprang. Ich sah sie im Kreis
     von Edelleuten: Die Lippen halb geöffnet, ließ sie jenen ertrinkenden Blick nacheinander auf einem jeden ruhen, und die Herren
     kam das unwiderstehlichste Verlangen an, ihr Lager zu teilen und davon nimmermehr zu weichen.
    Im Lauf der Jahre nahm Anne-Geneviève dort auch mehr als einen auf, und wenn man über ihr Leben nachsinnt, kann man nur über
     dessen Wandelbarkeit staunen: Sie war eine leidenschaftliche Preziöse im Hôtel de Rambouillet, eine große Frondeuse unter
     der Fronde, überaus galant bis ins vierzigste Jahr und eine große Büßerin für den Rest ihrer Tage. Eine Frau, die nichts halb
     machte, wie La Surie sagte.
    Rouen war genommen. Der König entsetzte Longueville von seinem Gouvernement, gab es ihm aber, als er später bereute, wieder.
     Er versammelte seinen Kronrat, der ihm, einschließlich Luynes, entschieden abriet, Caen anzugreifen, das in den Händen der
     Rebellen war. Dort hatte der Großprior seinen Hofmeister hingestellt, die Verteidigung zu organisieren.
    Derjenige, der das ehrenwerte, so gut bezahlte und so wenig kirchliche Amt des Großpriors innehatte, war niemand anders als
     der Chevalier de Vendôme, mit dem Ludwig als Kind eine so innige Freundschaft verband, daß die Königinmutter sie aus Argwohn
     auseinanderriß. Der arme Chevalier wurde zum Teufel geschickt, das heißt nach Malta, in den Orden gleichen Namens. Als er
     zurückkehrte, erneuerte sich die Freundschaft des Königs jedoch nicht, der Jüngling war ebenso überheblich geworden wie sein
     älterer Bruder, der Herzog von Vendôme.
    Wieder schlug Ludwig die Warnungen seines ängstlichen Kronrats und Luynes’ in den Wind und marschierte auf Caen. Bei dieser
     Nachricht machte sich der Großprior mit einigen Truppen auf zu seiner Stadt. Unter ihren Mauern aber versank ihm der Mut,
     und er floh mit verhängten Zügeln. Sein Hofmeister, der die Stadt für ihn halten sollte, besann sich eines klügeren und öffnete,
     sowie der König vor den Mauern erschien, die Tore.
    |236| Zur gleichen Zeit, als der König in die Normandie marschierte, um Rouen und Caen zurückzuerobern, hatte er vier Unterhändler
     zur Königinmutter nach Angers gesandt: die Herzöge von Montbazon und von Bellegarde, den Erzbischof von Sens und Präsident
     Jeannin, seinen Oberfinanzverwalter. Der Herzog von Vendôme erklärte großspurig, es wäre quasi ein Verbrechen, sie in die
     Mauern einzulassen, er wollte sie gefangensetzen oder wenigstens dem König zurückschicken. Richelieu überzeugte die Königin,
     daß man so hochgestellte Persönlichkeiten nicht abweisen könne, ohne sie wie den König schwer zu beleidigen. Sie ließ sie
     also kommen. Die Herren waren kaum in Angers, als gleichsam auf ihren Fersen der Großprior von Vendôme eintraf und der Königinmutter
     meldete, daß Caen genommen war. Nun verdüsterten sich die Geister. In den folgenden Tagen brachten die Kuriere eine niederschmetternde
     Meldung nach der anderen. Die Truppen des Königs rückten auf Le Mans vor, eine königstreue Stadt. Von dort war es noch eine
     Marschetappe bis Angers.
    Spät nun besann man sich, sich zu befestigen. Die Brücke von

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