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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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halte. Er stieß einen Seufzer aus.
    »Was für ein Jammer«, sagte er, »daß der Mensch auf diese dummen kleinen Kreaturen angewiesen ist, wenn er ein Kind will.
     Hätte der Herr doch zweimal hingesehen, bevor er sie damit betraute!«
    »Wen sonst?« fragte ich und lachte. »Aber, zur Sache: Ist die Geschichte vom Sturz der Königin wahr?«
    »Leider!«
    »Leider ja oder leider nein?«
    »Leider ja! Wahr wie das Evangelium.«
    »Darf ich Euch als Quelle nennen?«
    »Nein. Die Quellen unserer Heiligen Kirche sind doch gerade sicher auf Grund allseitiger Diskretion. Wir wären allerdings
     heilfroh, wenn Ihr dem König die Sache stecken würdet. Wir sahen bisher noch keinen Weg, ihn aufzuklären.«
    Und mit einem Gruß stürmte er fort, wie er gekommen war, um sich nur keiner Ansteckung auszusetzen. Dabei war er Mediziner,
     und ein guter. Aber es behagte ihm doch weit besser, daß er jetzt Domherr war, seine fette Präbende genießen und sich verzärteln
     konnte wie ein alter Kater.
    Nach zwei Tagen war ich gesund und machte mich auf die Spur des Königs. Er war nicht schwer zu finden, denn überall, wo er
     durchgekommen war, sprach man von ihm. Als ich ihn endlich in Tours einholte, empfing er mich gut. Seine Miene war frisch
     und munter wie immer, wenn er im Feld war. Er trug sich wie seine Soldaten, aß wie sie und war wenig heikel mit dem Quartier.
     Ich hatte einige Skrupel, seine heitere Stimmung zu stören, aber am zweiten Tag bat ich, ihn vertraulich sprechen zu dürfen.
     Und als er mich im Wald, auf einer Pirsch, an seine Seite rief, gab ich ihm zitternd meinen Bericht.
    |341| Er hörte zu und erbleichte, ob vor Schmerz oder Zorn, weiß ich nicht.
    »Siorac«, sagte er, als ich geendet hatte, mit kaum hörbarer Stimme, »ist das wahr?«
    »Ja, Sire. Ich habe es aus zwei Quellen, die ich nicht nennen kann, aber beide stimmen überein.«
    Eine volle Minute verstrich, ohne daß er sprach. Sein Gesicht war bleich, und seine schwarzen Augen funkelten vor Zorn.
    Auf einmal stotterte er wieder, als er sagte: »Siorac, kehren wir um.«
    Hiermit ging er in Galopp über. Ich folgte ihm nicht ohne Mühe, denn meine Stute hielt mit seinem Ungarn nicht mit, und ich
     kam fünf Minuten nach ihm ins Quartier.
    »Wo seid Ihr geblieben, Siorac?« fragte er gereizt. »Ihr habt getrödelt.«
    Dann schickte er Soupite und Berlinghen barsch hinaus und befahl, ihn nicht zu stören.
    »Siorac«, sagte er milder, »wollt Ihr mir diesmal als Sekretär dienen?«
    »Gern, Sire«, sagte ich.
    Auf einem Tischchen stand ein Schreibpult. Ich setzte mich davor und spitzte eilig die Feder, die ich dort fand.
    Ludwig diktierte mir mit abgehackter Stimme drei Briefe, einen an Madame de Luynes, einen an Mademoiselle de Verneuil und
     einen an die Königin. Alle drei Briefe waren knapp, hart, gebieterisch. Der an die Königin enthielt auch am Schluß keine Ergebenheitswendung,
     wie Ludwig sie gegenüber seiner Gemahlin sonst gebrauchte.
    Allen dreien kündigte er an, daß er im Haus der Königin Ordnung schaffen werde. Der Kammerherr, der ihnen diese Botschaften
     überbringe, werde sie über seine weiteren Intentionen unterrichten.
    Den letzten Satz schrieb ich nicht ohne heimliches Bangen, weil ich mich fragte, ob Ludwig mich für diese Mission ausersehen
     hatte. Zu meiner großen Erleichterung rief er Berlinghen und befahl, augenblicklich Monsieur de La Folaine zu holen.
    Monsieur de La Folaine war ein ernster, gemessener Mann, zweimal verheiratet, zweimal verwitwet, ohne daß es irgendwelches
     Aufsehen gab.
    |342| »Folaine«, sagte Ludwig mit knapper, stoßweiser Stimme, »wenn Ihr den Betreffenden diese Briefe verlesen habt, befehlt Ihr
     in meinem Namen Madame de Luynes, ihre Louvre-Wohnung zu verlassen und nicht mehr am Hof zu erscheinen. Denselben Befehl überbringt
     Ihr Mademoiselle de Verneuil, die Ihr im übrigen der Obhut der Herzogin von Angoulême unterstellt. Und Ihre Majestät die Königin
     unterrichtet Ihr von diesen Maßnahmen.«
    Monsieur de La Folaine war starr, daß so ernste Strafen so hochgestellte Damen treffen sollten. Er wagte den König zu fragen,
     ob er Ihrer Majestät der Königin sagen solle, warum diese Sanktionen verhängt würden.
    »Ihre Majestät die Königin kennt den Grund«, sagte der König dürr.
    Damit entließ er Monsieur de La Folaine, und ich erbat meinen Urlaub, um mich auf die Quartiersuche zu machen. Während ich
     zur Tür ging, hörte ich Ludwig mit einem Stoßseufzer murmeln: »Gott

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