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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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mit leiser Entrüstung, »das würde ich mir nie herausnehmen ohne Eure Erlaubnis.«
    »Schön. Gewährt dem guten Mann großzügigen Aufschub für die Bezahlung, wenn seine Tochter meinem Hause so fleißig dient.«
    »Er wird Euch sehr verpflichtet sein, Herr Graf, und Jeannette auch.«
    Und als ich sah, wie Saint-Clair, der offenbar noch im ersten Feuer seiner Zuneigung stand, sich im voraus freute, besagter
     Jeannette die gute Nachricht mitzuteilen, beschloß ich, im selben Zuge das Verhältnis unserer Kammerfrauen ein für allemal
     zu regeln.
    »Mein Freund, was die Führung des Haushalts angeht, habe ich an Louison gedacht. Vorläufig kann sie aber nicht dauerhaft in
     Orbieu leben. Was meint Ihr, könnte Jeannette in ihrer Abwesenheit für sie eintreten und Louison, wenn sie hier ist, in ihrer
     Arbeit unterstützen? Glaubt Ihr, daß Jeannette die notwendigen Fähigkeiten dazu hat und auch den Wunsch, diese Aufgaben zu
     übernehmen?«
    |146| Ein kleines Schweigen folgte meiner Entscheidung, die ich absichtlich in eine höfliche Frage gekleidet hatte, dann antwortete
     Saint-Clair rundweg: »Ich denke, Jeannette hätte die Fähigkeiten dazu, wenn Louison sie einweisen würde. Ob es ihr Wunsch
     ist, weiß ich nicht, aber jedenfalls ist sie so arbeitsam, daß sie ihre Aufgaben gerne erweitern wird.«
    Diese aufrichtige Antwort erleichterte mich sehr, sie enthielt auch nicht den Anflug eines Vorbehalts. Gott sei Dank, dachte
     ich, der Krieg der Zofen findet nicht statt. Er hätte nicht nur den guten Gang des Hauses verderben können, sondern womöglich
     auch meinen vertrauten Umgang mit Saint-Clair.
    Vielleicht denkt mein Leser, ich hätte an eine so geringfügige Sache zuviel Zeit und Mühe verschwendet. Nun, ich weiß nicht.
     Ein Herr, der einem Streit zwischen Bedienten nicht beizeiten die Spitze nimmt, hat leicht das Nachsehen. Auch muß ich gestehen,
     daß ich damals von dem schönsten Eifer für alles beseelt war, was meine Herrschaft betraf. Und noch heute, da ich diese Memoiren
     schreibe, so viele Jahre nach meinem Einstand in Orbieu, erinnere ich mich mit Bewegung daran, welch starker Wunsch und Wille
     mich erfüllte, das Gut, dessen Namen ich trug, in allen Bereichen gut zu führen und zu bessern, und wie heiter ich mich allmorgendlich
     dieser Aufgabe stellte.
    »Herr Graf«, sagte Saint-Clair, »habt Ihr das Schreiben erhalten, in dem ich Euch meldete, daß es in Eurem Wald bei Cornebouc
     gebrannt hat, daß aber das Feuer von der Vorsehung durch einen großen Gewitterguß gelöscht wurde?«
    »Richtig«, sagte ich, »und die Nachricht beunruhigte mich, denn in diesem regnerischen Herbst dürfte ein Feuer doch nicht
     von allein ausgebrochen sein.«
    »Dasselbe meinte auch ich. Und gestern sagte mir Pfarrer Séraphin, er wolle Euch gleich nach Eurer Ankunft sprechen, weil
     er Euch dazu Neuigkeiten mitzuteilen habe. Wenn Ihr nichts dagegen habt, schicke ich ihm meinen Einspänner, sein Maultier
     humpelt nämlich.«
    »Nein, nein«, sagte ich lächelnd, »schickt ihm meine Karosse mit zwei Pferden und laßt auch die Kutschenlaternen anzünden,
     damit der Weg beleuchtet ist. Orbieu soll wissen, daß ich die Kirche ehre.«
    Später erfuhr ich durch Figulus, wie gerührt der Pfarrer war, |147| daß ich ihm meine Kutsche geschickt hatte. »Niemals«, sagte er zu seinem Vikar, »niemals hat der selige Graf mir eine solche
     Aufmerksamkeit erwiesen! Für ihn war ich gerade nur sein Kaplan, ach, nicht mal das, eine Art Stallknecht, der ihm von Zeit
     zu Zeit die Seele ausmistete.«
    Schon als der stattliche Mann den kleinen Salon betrat, wo Jeannette eben ein gutes Feuer machte – der Oktoberabend war doch
     schon frisch –, verriet seine Miene, daß er tatsächlich wichtige Neuigkeiten für mich brachte. Doch wollte ich ihn nicht bedrängen,
     ich wußte ja, wie langsam und schwerfällig er war, und als er sein breites Gesäß in einen Lehnstuhl plaziert hatte, bot ich
     ihm erst einmal ein Glas Burgunder, das er nach zwei, drei Ablehnungen aus törichter Höflichkeit denn doch annahm. Er trank
     es aber nicht, wie ich getan hätte, in kleinen Schlucken, um das Bouquet besser auszukosten, sondern in großen Zügen. Und
     als das Glas leer war, putzte er sich den Mund mit seinem breiten Handrücken, dann aber mit der Serviette, die ihm die wachsame
     Jeannette rasch mit den Fingerspitzen reichte.
    »Herr Graf«, begann er mit seiner schönen Baßstimme (das einzige, was ich an ihm nicht leiden

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