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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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weil ich von Figulus erfuhr, daß ein reicher Bauer aus meinem Dorf darauf aus war, und außerdem,
     damit der Dorfklatsch meine Ausweisungsbeschlüsse nicht so deute, daß ich mich auf Kosten der Verbannten bereichern wolle.
     Trotzdem machte ich mir kein Gewissen daraus, die Gebühr einzustreichen, die mir üblicherweise zustand, wenn ein Dörfler seine
     Habe ganz oder teilweise verkaufte.
    Vor meiner Rückkehr nach Paris besuchte ich mit Figulus die Witwe des armen Guillaumin, der sterben mußte, weil er einen Karpfen
     fischte. Sie war spindeldürr und lebte oder überlebte auf einer ganz kleinen Hofstelle von einer Ziege, drei Hühnern und Kastanien.
     Zwei Kinder waren ihr früh gestorben, nun stand sie allein und erfuhr wenig Hilfe von den Nachbarn, die selber sehr arm waren.
     In so tiefer Armut rührt sich kein Herz. Von früh bis spät spann sie Flachs, um sich ein paar Sous aufs Jahr zu verdienen.
     Ich bot ihr an, ins Schloß zu kommen und meinen Flachs auch zu spinnen, damit sie mehr verdiente und ausreichend zu essen
     hätte. Aber zu meiner Überraschung lehnte sie ab, sie wollte sich nicht von ihrer Ziege trennen, und ich mußte ihr versprechen,
     daß sie ihre Ziege mitbringen und meinen Hirten übergeben könne. Nun willigte sie ein, doch unter der Bedingung, daß sie mit
     ihrer Ziege wenigstens |156| einmal am Tag sprechen dürfe, »sonst«, sagte sie auf Platt, »geht sie mir ein, und ich auch.« Dieses Gespräch führten wir
     an der Schwelle ihrer Hütte, die ich nicht hatte betreten mögen, so stank sie. Mittlerweile verstand ich alles, was die Witwe
     mir sagte, um aber zu antworten, fehlten mir immer wieder Wörter, die Figulus mir zuraunen mußte.
    Ich entschloß mich auch, Pfarrer Séraphin für Guillaumins Beerdigung zu bezahlen, was Saint-Clair gegen den Strich ging, und
     er nahm wiederum kein Blatt vor den Mund.
    »Herr Graf«, sagte er, »Ihr unterstützt einen Mißbrauch. Denn es ist ein Mißbrauch, und kein geringer, daß Christenmenschen
     dafür bezahlen, daß man ihnen die christliche Erde öffnet, vor allem wenn man bedenkt, daß die Auferstehung nirgendwo anders
     stattfinden kann.«
    »Mein hugenottischer Großvater, der Baron von Mespech, würde genauso sprechen«, erwiderte ich lachend. »Aber wir wollen hier
     keinen Religionskrieg, darum werden wir vor diesem Mißbrauch milde die Augen verschließen.«
    Am Tag vor meiner Abreise legte Saint-Clair mir Rechnung ab, und zwar mit der löblichsten Kleinlichkeit. Unser erstes Erntejahr
     war gut ausgefallen. Heu, Korn und Wein – bei der Weinlese hatten die Schweizer geholfen –, alles war aufs beste gediehen,
     der perigordischen Weisheit:
Heujahr ist arm Jahr
zum Trotz. Und die Verkäufe, bis auf den Wein, der noch nicht fertig war, hatten die Ausgaben für den Wegebau nicht nur ausgewogen,
     sondern der Wein würde sogar einen gewissen Überschuß einbringen.
    »Herr Graf«, sagte er, »wollen wir in diesem Jahr, nachdem wir schon für die Wege soviel drangegeben haben, wirklich noch
     das Kirchendach decken? Kann das nicht ein Jahr warten, wenigstens bis zu den Kirschen? Vielleicht holen wir mit deren Verkauf
     einen Teil der Kosten herein.«
    »Mein Freund«, sagte ich, »ich weiß Euch Dank, daß Ihr meine Interessen auch gegen mich verteidigt. Und, glaubt mir, frohen
     Herzens opfere ich nicht eben für das Bistum, das den Zehnten so pünktlich eintreibt und sich so hartnäckig drückt, die Orte
     des Kults zu erhalten. Aber es muß sein! Die Kirche von Orbieu gehört zur Grafschaft Orbieu. Also machen wir sie heil.«
    ***
    |157| Ich hatte mich auf Orbieu so gefreut, daß mir das Herz höher schlug, als ich von weitem die Türme meines Anwesens erblickte.
     Doch seltsam, obwohl die vierzehn Tage in meinem kleinen Reich mich nicht enttäuscht hatten, ganz im Gegenteil, freute ich
     mich nun, aufzubrechen und meinen Vater und den Chevalier im lieben Champ Fleuri und den König in seinem Palast wiederzusehen.
    Gleich am Tag nach der Heimkehr eilte ich in den Louvre, aber ich bekam Ludwig nicht zu sehen, er war zur Jagd gefahren, und
     so besuchte ich seinen Minister, Monsieur de Puisieux. Wie der Leser sich erinnern wird, war ich sein Dolmetsch für fremde
     Sprachen.
    »Ah, Graf!« sagte er, »Ihr kommt gerade recht! Geht nur gleich zu Monsieur de Bonneuil. Er hat um zehn Uhr ein Gespräch mit
     Don Fernando de Girón, und weil wir dessen Französisch nicht verstehen und Monsieur de Bonneuil nur wenig Spanisch kann,

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