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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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zurück.
    Kimon kam. Wann wäre ein General jemals nicht gekommen? Ihm zuliebe schloß Sparta im Jahre 451 tatsächlich einen fünfjährigen Friedenspakt.
    Kimon hatte funktioniert. Über Nacht schien er wieder der erste Mann Athens geworden zu sein.
    Kimon hatte auch gelernt. Man traut seinen Ohren nicht, welche Töne er anschlug. In seiner Ansprache nannte er die Athener nun ganz unverblümt das Herrenvolk Griechenlands. Der Plebs, nach dem alten Prinzip, daß entweder niemand oder jeder ein Herr sei, jubelte dem alten Gaukler (er war jetzt an die Sechzig) zu.
    Wenig später starb er auf einer Flottenexpechtion nach Ky-pern an einer Krankheit; das Intermezzo war also kurz, aber man kann es schlecht unter den Tisch fallen lassen. Wirklich interessant ist es auch aus einem ganz anderen Grunde. Die Frage ist nämlich: Wie verhielt sich eigentlich unser Freund Perikles dazu? Vielleicht kann man ihn in einer Situation, wo er in den Schatten zurücktreten muß, besser kennenlernen als bei der Einweihung des Odeions?
    Man kann, glaube ich.
    Als Kimon mit zweihundert Schiffen und der Volksgunst nach Kypern abgebraust war, wurde Perikles wieder mobil und holte zu einem Schlage höchst überraschender Art aus. Er griff Kimons inzwischen geflügelt gewordenes Stichwort vom »Herrenvolk« auf und erklärte den Athenern, daß es an der Zeit sei, sich gegen die Überfremdung zu wehren. Die Früchte des Fortschritts stünden nur denen zu, die den athenischen Staat bildeten. Athener im wahren Sinne sei nur der, dessen Vater und Mutter ebenfalls bereits als athenische Bürger geboren seien.
    Das Volk stellte stehenden Fußes eine Überschlagsrechnung an. Es schien ihm ein guter Vorschlag, denn selbstverständlich betraf einen der Ausschluß nicht; Plebs wird seit grauen Vorzeiten immer in derselben Gasse geboren, sofern er nicht gerade nach Amerika oder Australien auswandert.
    Das Gesetz wurde angenommen.
    Sie werden nun, mit Recht, fragen, wozu das gut gewesen sein soll. Sie ahnen es nicht, und das Volk ahnte es auch nicht: Kimons Mutter war eine Thrakerin! Mit einem einzigen Schachzug (das nennt man nämlich Schachzug) hatte Perikles ihn deklassiert. Das Schicksal ersparte dem alten Manne die Heimkehr.
    Nun könnte man immerhin die Sache vom Charakterlichen wegdrehen und sagen: Das diplomatische Geschick läßt sich nicht abstreiten. Große Staatsmänner dürfen Fehler haben. Gut. Ich habe auch schon davon gehört. Schauen wir uns, da wir ja sowieso endlich einmal weiter müssen, den großen Staatsmann an.
    Kimon hatte mit Sparta Frieden geschlossen, Perikles beeilte sich, nun auch mit Persien Frieden zu schließen. Zu diesem Zweck schickte er einen gewissen Kallias nach Susa. Kallias war Amateurdiplomat. Neureich, ausgestattet mit dem berühmten gesunden Menschenverstand, freundlich und jovial, der erste standesgemäße Gesandte der Volksregierung von Athen. Kallias fand einen friedfertigen Großkönig vor, der über die Zerrissenheit von Hellas, über die Dezimierung Spartas und die Aufweichung Athens nicht orientiert war. Nach einigem geschämigen Hin und Her einigte man sich, zwar nicht zu einem regulären Friedensvertrag, aber immerhin zu einem offiziellen »Übereinkommen«.
    Die ionischen Städte Kleinasiens erhielten von Artaxerxes die Autonomie und er selbst von den Griechen die Insel Kypern.
    Der Friede mit Persien war erreicht. Was gibt es Schöneres als einen Friedensschluß?
    Hier haben wir also eine der berühmten staatsmännischen Leistungen von Perikles. Was halten Sie davon?
    Zunächst scheint es, als könne man diese Tat beleuchten, wie man wolle, ohne daß sie anders als klug und vernünftig aussieht. Eben deshalb ist sie eine so vorzügliche Demonstration dafür, wieviel dazu gehört, wirklich ein Staatsmann zu sein, ein Staatsmann mit Weitblick. Denn es genügt nicht, des morgens die Post zu erledigen und sich von Ereignis zu Ereignis weiterzurobben.
    Tatsächlich war der Vertrag mit Persien eine der größten und für Athen verhängnisvollsten Fehlleistungen von Perikles. Zunächst mußte er sich sagen: War Persien mächtig, so blieb der Vertrag ein Stück Papier; war Persien ohnmächtig, so bedurfte es keines Paktes mit einem so bedeutenden Opfer wie Kypern, um das man kurz vorher noch erbittert gekämpft hatte. Wenn man den Pakt dennoch schloß, so mußte man sich über die Folgen klar sein: Mit dem Augenblick des Friedensabschlusses hatte der Attisch-Delische Seebund seinen Sinn verloren.
    Die Athener

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