Rosen für die Kaiserin
vergangenen Wochen und zudem jämmerlich frierend brachte Theophanu den Heimweg in einem rumpelnden Reisewagen zu. Ihre Gedanken waren so leer, dass sie nicht einmal zu beten vermochte.
9
Pfalz Aachen, Ende November 978
I
hre Töchter wiederzusehen, riss Theophanu aus ihrer Bedrückung. Adelheid war von sanfter Natur. Wenn sie schrie, dann klang es gedämpft, ja beinahe warm; außerdem zog sie es vor, die meiste Zeit über zu schlafen. Wenn sie aber einmal dem um Hingabe bittenden Blick ihrer Mutter begegnete, huschte über ihr rundes Gesichtchen ein herzerfrischendes Lächeln – und das entschädigte Theophanu für manche Entbehrung.
Die vier Monate alte Sophia war von anderem Temperament. Immerzu hielt sie ihre Ammen auf Trab, beobachtete aufmerksam die Menschen in ihrer Nähe. Für Theophanu war es ein Wermutstropfen im Becher der Wiedersehensfreude, dass Sophia ihr weniger Beachtung schenkte als den Ammen. Die Mutter war eine Fremde für sie. Aber was hatte Theophanu anderes erwarten können?
Eunice war entsetzt gewesen, als sie ihrer Herrin nach der Rückkehr aus Frankreich begegnet war. Abgezehrt, bleich und von einem beängstigenden Husten geplagt – so elend hatte Eunice sie noch nie erlebt. Nur mit Mühe hielt die junge Kaiserin sich auf den Beinen, weigerte sich aber strikt, sich in ihr Gemach tragen zu lassen. Otto selbst begleitete sie dorthin, nur Eunice durfte ihnen folgen. Theophanu ließ zu, dass die Dienerin ihr den Schmutz und Gestank der vergangenen Wochen vom Leibe wusch; dann sank sie in einen zwei Tage währenden Erschöpfungsschlaf.
Erwacht, fühlte sie sich von neuen Kräften beseelt. Eunice hatte Mühe, sie in ihrem Tatendrang zu zügeln, aber Theophanu merkte bald selbst, dass sie sich überschätzt hatte. Nachdem sie sich ausgiebig ihren Kindern gewidmet hatte, sank sie erneut auf ihr Lager. Eunice wich kaum von ihrer Seite. Trotz ihrer eigenen Schwäche entging es Theophanu nicht, dass die treue Dienerin sehr nachdenklich wirkte.
»Willst du mir nicht verraten, was dich bedrückt, Eunice?«
»Es ist nichts, Herrin.«
»Erzähl mir von diesem ›nichts‹.«
Eunice biss sich auf die Lippen.
»Ist es wegen Luitger?«, hakte Theophanu nach.
»Tja … so kann man es sagen.«
»Nun? Hast du ihn seit seiner Rückkehr aus Frankreich noch nicht begrüßen können?«
»Doch, aber …« Ein tiefes Seufzen folgte. »Was soll’s, es wird sich sowieso nicht mehr lange verheimlichen lassen. Ich …«
»Du bist schwanger.« Theophanu fiel es wie Schuppen von den Augen. Sie setzte sich aufrecht.
»Verzeiht mir, Herrin.«
»Hast du es Luitger gesagt?«
»Ich will ihn nicht damit behelligen.« Eunice starrte auf ihre Füße. »Niemand weiß es. Nur Ihr!«
Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Plötzlich begann Theophanu herzhaft zu lachen.
Überrascht sah Eunice sie an. »Ihr findet das amüsant?«
»Einer Frau kann Schlimmeres widerfahren, als ein Kind im Bauch zu tragen, findest du nicht?«
»Aber Ihr habt selbst gesagt, dass es dem Ruf des Hofes schadet, wenn …«
»Es ist wahr, das habe ich gesagt. Aber was geschehen ist, ist nun mal geschehen.«
»Verzeiht mir«, bat Eunice ein weiteres Mal. »Wenn Ihr es wünscht, werde ich ein Kräuterweib aufsuchen.«
»Auf keinen Fall wirst du das tun. Du und Luitger, ihr werdet heiraten. So einfach ist das.«
»Und wenn er mich nicht haben will?«
»Ein Mann hat die Konsequenzen seines Handelns ebenso zu tragen wie eine Frau. Ich werde mich um die Sache kümmern, Eunice.«
»Danke, Herrin.« Eunice starrte wieder auf ihre Füße. »Darf ich weiter Eure Zofe sein?«
»Ich habe keineswegs vor, dich aus meinen Diensten zu entlassen. Wem sonst sollte ich künftig meine eigenen Geheimnisse anvertrauen?«
Eunices Zerknirschung wich Hellhörigkeit.
»Sprecht nur.«
»Auch ich bin wieder schwanger.«
»Oh! Das ist wunderbar.« Eunices Lächeln währte nur kurz. »Ihr tragt ein Kind und begebt Euch auf einen Feldzug?«, fragte sie ungläubig.
»Ich wusste es nicht, als wir loszogen.«
»Herrin! Ihr solltet das nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
»Ich möchte an der Seite des Kaisers sein. Deshalb bin ich einst in dieses Land gekommen.«
»All die Strapazen! Ihr hättet …«
»Genug, Eunice. Gerade du solltest dich mit vernünftigen Ratschlägen momentan zurückhalten. Lass mich jetzt noch eine Stunde schlafen.«
Die Dienerin zog eine beleidigte Miene. »Wie Ihr wünscht.« Bevor sie das Gemach verließ, raunte
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