Rosen für die Kaiserin
sie noch: »Wenn es bloß ein Knabe wird …«
Theophanu wusste, dass Eunice nicht von ihrer eigenen Leibesfrucht sprach.
Aber auch die dritte Geburt brachte nicht den ersehnten Thronfolger. In Gandersheim entband Theophanu im Juli 979 erneut ein Mädchen, das den Namen ihrer Urgroßmutter, Mathilde, erhielt. Was manchen Fürsten, der der Byzantinerin mit stillem Misstrauen begegnete, in der Vermutung bestärkte, Gott verwehre ihr den Sohn aus gutem Grund.
Eunice gebar ihr Kind nur wenige Stunden später. Niemand erfuhr, dass sie wehenhemmende Kräuter zu sich genommen hatte, um auf keinen Fall vor ihrer Herrin niederzukommen. Es war ein Sohn, den sie zur Welt brachte – was Eunice, aller Mutterliebe zum Trotz, dazu veranlasste, den lieben Gott mit Vorwürfen zu überschütten. Bedurfte die Kaiserin des Sohnes nicht viel mehr als sie, die Dienerin? Theophanu aber lachte nur, als Eunice diesen Gedanken aussprach.
Die beiden älteren Töchter des Kaiserpaares wurden bald den Damenstiften zu Gandersheim und Quedlinburg – die Schwester des jungen Kaisers war hier Äbtissin – zur Erziehung übergeben. Die Trennung fiel Theophanu schwer, aber sie war unumgänglich.
Eines Tages würden Adelheid und Sophia bedeutsame Aufgaben übernehmen müssen, um die Dynastie zu stärken. Für eine Kindheit blieb ihnen wenig Zeit. Selbst die kleine Mathilde gab man wenige Wochen nach ihrer Geburt in das Stift Essen, dem gleichfalls eine Verwandte als Äbtissin vorstand. Später einmal, so Ottos Überlegung, könnte Mathilde die Nachfolge ihrer älteren Cousine antreten, war es doch fraglich, ob sich für die drittgeborene Tochter des Kaiserpaares ein ebenbürtiger Ehepartner finden ließ. Für Theophanu war es ein furchtbares Gefühl, sich auch von ihrem dritten Kind trennen zu müssen.
Ende 979 zog der Kaiser erneut ins Feld, diesmal um den polnischen Herzog Mieszko zu maßregeln, der einst mit dem Zänker paktiert hatte und sich abermals aufsässig gebärdete. Glücklicherweise gab Mieszko schon nach wenigen Scharmützeln nach und erneuerte seinen Vasalleneid. Dennoch sollte Theophanu den Feldzug in schmerzlicher Erinnerung behalten. Durch einen Pfeilschuss aus dem Hinterhalt wurde nämlich Luitger, der Leibgardist des Kaiserpaares, während eines Rittes durch unwegsamen Wald schwer verletzt. Das Geschoss steckte tief in seinem Bauch. Zwar gelang es dem Feldscher, ihn in einer qualvollen Tortur davon zu befreien, aber es stand außer Zweifel, dass Luitger die Verwundung nicht überleben würde. Auch Luitger selbst wusste es. Drei Tage lag er fiebernd in einem Lazarettzelt, während das Leben langsam aus ihm wich. Der Kaiser verbrachte manche Stunde an seiner Seite, denn Luitger war ihm in den vergangenen Jahren nicht bloß Leibwächter, sondern auch Freund gewesen. Der feindliche Pfeil, vermutlich gegen den Kaiser gerichtet, hatte sein Ziel verfehlt und erwies sich dennoch als todbringend.
Auch Theophanu machte dem Sterbenden ihre Aufwartung. Zum ersten Mal nahm der Krieg ihr einen Menschen, der ihr persönlich nahestand. Theophanu bedeutete dem Feldscher, sie mit Luitger allein zu lassen. Sie setzte sich zu ihm. Luitger atmete schwer, der Schmerz verschleierte seinen Blick, aber er erkannte die Kaiserin, die ihn betrübt ansah.
»Muss ich mich fürchten vor dem, was mich erwartet?«, fragte er.
»Nein«, erwiderte Theophanu fest. »Fürchten müssen nur wir uns, die wir auf Erden zurückbleiben.«
Trotz der Schmerzen glitt ein Lächeln über Luitgers Gesicht. »Nicht einmal der Pater vermochte mich so zu ermutigen. Ihr seid nicht nur eine große Kaiserin, sondern auch eine unvergleichliche Seelentrösterin.«
»Weder das eine noch das andere bin ich. Ich bin so ohnmächtig, wie ein Mensch nur sein kann. Du wirst mir fehlen, Luitger.«
»Der Himmel wird leer sein ohne Euch. Ihr seid weder eitel noch hoffärtig noch anmaßend.«
Theophanu runzelte die Stirn, aber sie erwiderte sein Lächeln. Der Arme verspürte offenbar das Bedürfnis, sie von den Vorwürfen ihrer Gegner reinzuwaschen, als wisse er, dass deren Gerede ihr mitunter wie ein Stein im Magen lag.
»Wollt Ihr mir etwas versprechen, meine Kaiserin?«
»Alles, was du wünschst.«
»Eunice – bitte sagt ihr, dass ich sie mehr geliebt habe, als sie glauben mag.«
»Das will ich tun. Obwohl ich überzeugt bin, dass sie es weiß.«
»Als ich sie heiratete, tat ich es nur deshalb, weil Ihr es von mir verlangtet. Aber Euer Befehl erwies sich als mein Glück.
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