Rosen für die Kaiserin
dem Kind den Raum verließ.
Theophanu suchte fieberhaft nach Worten, um kein peinliches Schweigen zwischen ihr und Adelheid entstehen zu lassen. Die Kaiserwitwe kam ihr zuvor.
»Kommt heute gleich nach dem Vespergebet in mein Gemach. Ich muss mit Euch reden, Schwiegertochter. Bitte!«
Ihre Stimme war ein geheimnisvolles Flüstern, beinahe klang sie verängstigt. Theophanu blickte forschend in ihre Augen und nickte.
Mit wehendem Gewand schritt Adelheid davon.
»Hütet Euch vor dieser Schlange«, hatte Eunice ihr mit auf den Weg gegeben. »Sie ist Euch nicht wohlgesinnt. Warum sollte sich daran etwas geändert haben?«
»Mäßige dich«, hatte Theophanu der Dienerin mit ungewohnter Strenge befohlen. »Sie war eine große Kaiserin – und ist es immer noch.«
Nun saß sie der Schwiegermutter auf einem einfachen Holzstuhl gegenüber. Adelheids Gemach war ohne jeden Prunk, nicht einmal Wandbehänge sorgten für Behaglichkeit. Ein großes Kreuz aus Eichenbalken prangte an der Stirnseite des Raumes, und Theophanu dachte bei sich, dass er sich nicht allzu sehr von der Kammer einer Klosterfrau unterschied. Immerhin glomm etwas Kohle in einem Becken, aber Theophanu vermutete, dass dieses nur selten verwendet wurde, denn die weiß gekalkten Wände wirkten ausgekühlt und ein feucht-modriger Geruch hing in der Luft. Auf einem einfachen Holztisch standen eine Karaffe und zwei kelchförmige Gläser – zweifellos die wertvollsten Objekte in Adelheids kargem Quartier. Adelheids Leibdienerin, herbeigewinkt von ihrer Herrin, schickte sich an, die beiden Gläser zu füllen.
»Es ist Wasser«, erklärte Adelheid ihrer Schwiegertochter. »Wenn Ihr aber lieber Wein möchtet …«
Theophanu nickte. »Ja. Ein Schluck Wein wäre mir sehr genehm.«
Ihr war nicht wirklich nach Wein zumute. Doch Adelheid sollte erkennen, dass sie nach wie vor ihren eigenen Willen besaß und nicht beabsichtigte, sich etwas aufzwingen zu lassen. Vermutlich war es albern, dies an einem Glas Wein festzumachen, doch wenn Adelheid das Bedürfnis nach Askese verspürte, musste man ihr darin keineswegs nacheifern.
Adelheid kommentierte ihren Wunsch nicht und gab ihrer Dienerin ein Zeichen. Diese verließ den Raum, um den Wein zu besorgen. In der Zwischenzeit erkundigte Adelheid sich interessiert nach ihren Enkeltöchtern.
»Die kleine Adelheid ist ein ruhiges und zurückhaltendes Kind«, erzählte Theophanu und blickte versonnen in die Ferne. »Sophia dagegen ist lebhaft, mitunter auch störrisch. Und die kleine Mathilde kann sich offenbar noch nicht entscheiden, welches Temperament sie annehmen will.«
»Ihr vermisst die Mädchen, nicht wahr?«
»Ich wünschte, sie könnten immer bei mir sein.«
Adelheid nickte ernst. »Ich weiß genau, was Ihr fühlt.«
Theophanu war auf der Hut, wollte sich keineswegs einlullen lassen. Adelheid hatte sie bestimmt nicht hergebeten, um mit ihr über ihre Töchter zu plaudern. Sie hatte lange überlegt, was der Grund für Adelheids Gesprächswunsch unter vier Augen sein mochte. Womöglich der, dass Johannes Philagathos, ein griechischer Geistlicher, zum Kanzler von Italien erkoren worden war? Seine Einsetzung trug zweifellos Theophanus Handschrift, denn sie schätzte ihn sehr. Vermutlich fühlte Adelheid sich schlichtweg hintergangen, da man sie in einer italischen Angelegenheit nicht um ihre Meinung gefragt hatte? Theophanu war nicht bereit, sich Vorwürfe anzuhören und hatte bereits eine leidenschaftliche Rechtfertigung für die Berufung des Johannes Philagathos ersonnen, um Adelheid zu verdeutlichen, dass eine neue Zeit angebrochen war.
Die Dienerin brachte den Wein und zog sich auf Adelheids Zeichen hin still und leise zurück. Theophanu nippte an ihrem Glas und war froh, dass der Wein verdünnt war. Adelheid betrachtete, nervös beinahe, ihre eigenen Hände. Theophanu fühlte sich gewappnet.
»Sagt mir, was Euch auf dem Herzen liegt, werte Schwiegermutter.« Es war nicht schicklich von ihr, solches zu sagen, aber Adelheid schien es nicht zu missbilligen. Erneut sah Theophanu Furcht in ihren Augen flimmern. Adelheid atmete tief.
»Der Abt von Cluny«, hob sie endlich an, »ich stehe in regem Briefkontakt mit diesem heiligen Mann!«
Theophanu nickte aufmerksam. Natürlich war es ihr nicht unbekannt, dass Adelheid die kluniazensische Reformbewegung der dortigen Benediktiner guthieß und sie unterstützte, wo sie nur konnte. Zu viele Missstände gab es in der römischen Kirche – daher wäre es ungerecht,
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