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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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buchstabierte den Namen, »haben
Sie den auch im Computer?«
    »Da brauch ich nicht nachzuschauen«, sagte er. »Dieser Name ist mir
sehr geläufig.«
    Ich hatte keine Lust auf Autobahn, und wir fuhren die
geschlungenen Pfade über die Dörfer. Herr Huber saß in der Mitte der hinteren
Sitzbank und hielt den Blick aus eisgrauen Augen auf die Straße gesenkt. Vor
jeder Kurve stemmte er seinen Körper nach links oder rechts gegen die
Fliehkraft an. Herr Huber und ich verständigten uns im Auto nicht durch Laute,
sondern durch Blicke im Rückspiegel.
    Es war eine windungsreiche Fahrt. Die Zwiebeltürme der Dörfer ragten
wie Leuchttürme in den Nachmittagsdunst. Autos mit eingeschaltetem Licht kamen
uns entgegen. Wir rollten die hügeligen Sträßchen hinunter, beiderseits standen
weiß-braun gescheckte Rinder auf den Wiesen, wiederkäuend, alle mit dem Hinterteil
nach Westen. Eine Wolke kleiner, dunkel gefiederter Vögel kreiste über ihnen.
Die Landschaft mit ihren verwaschenen Farben bot einen trostlosen Anblick.
Trübsinnige Gedanken krochen durch meinen Kopf, kreuzten und bekämpften sich.
Ich sehnte mich nach blauem Meer, Salzluft und wolkenlosem Himmel. Ich warf
eine Kenny-Rogers-Kassette in den Schlitz, drückte aufs Gas und jagte den
Porsche eine abschüssige Gerade hinunter. Herr Huber jaulte auf vor Freude.
    Beim Weggehen hatte sich Scholl noch bei mir bedankt. Doch
er machte eine Miene dabei, als kaue er auf alten Limonen herum. Ohne Hellseher
zu sein, war ich überzeugt, dass er sich als Nächstes auf den Metallpressenfall
stürzen würde. Er würde herausfinden wollen, ob Bellini und die Esterding Opfer
eines in München tobenden Bandenkriegs geworden waren.
    Meine Gedanken kreisten um »Herrenhaus am Mittwoch«. Wenn
ein Prominenter prominent genug war, richtete Lola sich nach seinem Kalender.
Heute Abend würde sie Wladimir Wladimirowitsch Putin gegenübersitzen. Dass der
russische Präsident als Studiogast bei »Herrenhaus« auftrat, war in diesen
Tagen die Sensation schlechthin. Alle Medien berichteten davon und rätselten,
wie der Moderatorin dieser Volltreffer gelungen war. Mit Ackermann, Roberto
Blanco, vielleicht sogar mit Helmut Kohl hätten sie ja noch gerechnet, aber
Putin? Die Einschaltquote würde phänomenal sein. Ich hatte lange keine Sendung
mit Lola mehr angeschaut. Diese musste ich sehen, heute, Mittwoch, um
zweiundzwanzig Uhr zwanzig.
    Durch zwei Feuerwehrautos wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
Sie rasten mir blinkend und heulend entgegen und hätten mich fast ins Gras
gedrängt. Nachher kam noch ein drittes. Herr Huber und ich machten in einem
kleinen Gasthaus eine Pinkelpause, er draußen, ich drinnen. Als ich vor dem
Urinal stand, hörte ich, wie Leute im Flur hinter mir sich etwas zuriefen.
    »Der ›Liebermann‹ brennt!«, riefen sie.

SIEBZEHN
    »Der ›Liebermann‹ brennt!«
    Ich überholte die Feuerwehr und traf ein, als Liebermann noch allein
war. Er saß auf dem Kiel eines Boots am Wasser und betrachtete das tobende
Feuer, als sähe er einem Billardspiel zu. Selbst als ich auf ihn zurannte,
blieb er teilnahmslos.
    »Liebermann!«, rief ich und schüttelte ihn. »Ihr Laden brennt. Was
ist los mit Ihnen?«
    »Der Georg war’s nicht«, sagte er kaum hörbar. Ich musste ihm die
Worte von den Lippen ablesen.
    »Natürlich nicht«, sagte ich. Ich hielt sein Gesicht zwischen den
Händen. Seine Augen flohen vor mir. »Der sitzt ja.«
    »Den Mord, mein ich. Das mit meinem Kahn. Den Mord.«
    »Was haben Sie dem Scholl erzählt?«
    Hinter mir prasselte es, die Scheune brannte ab. Doch ich konnte eh
nichts tun. Also wollte ich die Chance nutzen, etwas aus Liebermann
herauszubekommen.
    Er schüttelte den Kopf. Blickte durch mich hindurch und schien alles
Mögliche zu sehen, nur nicht mich.
    »Es war der andere«, sagte er dumpf.
    Ich hatte nicht die Absicht, mich dem Löschtrupp anzuschließen. Doch
ich musste noch einmal da hinein. Es war heiß, und die Flammen züngelten an
meinem dünnen Mantel und den Schuhen empor. Im Zirbelstüberl fand ich, was ich
hatte liegen lassen: mein Feuerzeug mit den Initialen LH .
    Zu Hause hörte ich Paulis Stimme auf dem AB .
    »Ich muss dir was erzählen«, sagte er. »Das wird dich umhauen,
Bruder. Ich komm am besten ganz schnell raus zu dir. Des hammer glei.«
    Ein zweiter Anruf kam von Scholl. Er bat mich, sofort zu ihm zu
kommen. Ich wollte ihn zurückrufen, doch sein Anschluss war belegt. Eigentlich
wollte ich ja in Ruhe »Herrenhaus«

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